Die deutsche Nationalmannschaft gewinnt ihr Testspiel gegen Russland. Dabei überzeugt vor allem die junge Garde in Halbzeit eins - mit Kai Havertz vorne weg.
Das Auf und Ab der Leverkusener Saison tat der Leistung von Kai Havertz keinen Abbruch. Der 19-Jährige stand in seinem zweiten Länderspiel erstmals in der Startelf des DFB-Teams. Sein gutes Zeugnis (Sky Note 2+) verdiente er sich unter anderem mit zwei Torbeteiligungen, überragender Übersicht und präzisem Passspiel.
"Es macht immer Spaß, zu spielen. Aber wir können von den älteren Spielern am meisten lernen. Man kann sich als junger Spieler viel abschauen. Aber es war wichtig für mich wieder mal dabei zu sein", sagte Havertz bei RTL.
Aus "wieder mal" könnte durchaus ein Dauerzustand werden. Bereits sein ehemaliger Wegbegleiter Michael Reschke bezeichnete den Nachwuchskicker gegenüber Sky als "internationaler Topspieler. Er hat das Zeug, in Europa zu den besten zu zählen."
Dass Havertz beim 3:0-Sieg über Russland bereits in der 65. Minute für Sebastian Rudy weichen musste, war fast schon ein Stück weit schade. Die zweite Hälfte verkam durch die vielen Wechsel ohnehin zum Schaulaufen, aber dem Youngster hätte man an diesem Abend die vollen 90 Minuten gegönnt.
Löw-Lob und leiser Umbruch
Doch eine Lobeshymne vom Bundestrainer hatte Havertz trotzdem sicher. Es war ein Fingerzeig für mehr Spielzeit in den zukünftigen Länderspielen. "Er hat eine wahnsinnig gute Übersicht und Ballbehandlung, das sieht man auch im Training. Das ist einfach klasse", sagte Löw.
Vom sportlichen Wert her war die Partie an Bedeutungslosigkeit nicht zu überbieten. So tat Löw gut daran, vielen jungen Spielern eine Chance zu geben. Die Routiniers um Thomas Müller und Mats Hummels mussten beispielsweise auf der Bank Platz nehmen. Für Havertz und Co. eine willkommene Chance, trotz gehörigem Respekt vor den Weltmeistern.
Havertz nutzte seine Gelegenheit mit Bravour, bekam sogar Lob von einem, der den Sprung schon geschafft hat. Joshua Kimmich geriet ins Schwärmen. "Er hat ein überragendes Spiel gemacht, hat sich immer wieder sehr gut im Raum bewegt", sagte der 23-Jährige: "Er hat ein brutales Gefühl für den Raum, eine super Ballkontrolle und tolle Übersicht. Ich hoffe, dass er noch sehr viele Spiele für uns machen wird."
Dieses Spiel in Leipzig offenbarte auch aufgrund der Leistung des Leverkuseners mehr denn je: Der Umbruch muss voran gehen. "Wir haben in Deutschland so viele junge Spieler, die in ihren Mannschaften schon Stammspieler sind. Wenn sie schon reif sind und so überragend spielen wie zum Beispiel Kai Havertz, warum sollte man sie dann nicht spielen lassen?", sagte Serge Gnabry.
Wer darf gegen die Niederlande ran?
Das nahm sich der Bundestrainer wohl zu Herzen. Löw zeigte mit seiner Aufstellung einen zarten Zukunftsansatz - unabhängig davon, wer am Montag gegen die Niederlande wieder auflaufen wird. Das Alibi, in wichtigeren Spielen Routine und Erfahrung vorzuziehen, hat sich nach dem Spiel gegen Frankreich in Paris ohnehin erledigt. Bereits bei der 1:2-Niederlage war das Motto nämlich "Jugend forscht".
Der Druck auf die "alte Garde" wächst mit jedem überzeugenden Spiel der frischen Generation um Havertz und Spieler wie Leroy Sane, Serge Gnabry und Timo Werner. Spätestens am Montag, wenn es vermutlich um den Klassenerhalt in der Nations League geht, wird sich zeigen, zu wie viel Umbruch Löw schon bereit ist.