DFB-Team: Sane und Gnabry kratzen an Müllers Mythos
Wachablösung in der Löw-Offensive
Von Norbert Obkircher
Mit starken Auftritten im DFB-Dress mausern sich Serge Gnabry und Leroy Sane zu Stammkräften bei Jogi Löw. Schlechte Nachrichten für Thomas Müller.
Die erste Halbzeit des Länderspiels gegen Russland stand ganz im Zeichen der "Jungen Wilden" im DFB-Team: Defensiv verdiente sich Bayern-Youngster Niklas Süle (23) gute Noten, im Mittelfeld überzeugte der 22-jährige Ex-Schalker Thilo Kehrer, als Spielgestalter bewies Leverkusens Kai Havertz angesichts seiner gerade Mal 19 Jahre beeindruckende Übersicht.
Dass Havertz derart glänzen konnte, verdankt er auch den beiden Spielern, die seine präzisen Bälle immer wieder blendend weiterverarbeiteten: Bayerns Serge Gnabry (23) und Leroy Sane (22). Beide demonstrierten neben ihrer enormen Schnelligkeit auch ihre technischen Qualitäten und unterstrichen den Anspruch auf eine tragende Rolle beim Neuaufbau der DFB-Elf nach dem WM-Debakel in Russland.
Seht in diesem Video (60 Sekunden), wie die deutsche Nationalmannschaft Russland im Länderspiel ohne Probleme besiegt.
Beim FC Bayern zählt Gnabry in seiner Debütsaison zu den wenigen konstanten Leistungsträgern - und auch im DFB-Dress zeigt er anhaltend gute Leistungen: Nach einem starken Auftritt bei der knappen 1:2-Niederlage gegen Frankreich Mitte Oktober lief der Ex-Bremer auch gegen Russland zu Topform auf (Sky Note: 2) und krönte eine starke Leistung mit seinem vierten Treffer im vierten Länderspiel.
Auch Sane sammelt bei seinem Hauptarbeitgeber seit geraumer Zeit Spielpraxis auf höchstem Niveau: Bei Premiere-League-Spitzenreiter Manchester City vertraute Pep Guardiola in dieser Saison in zehn von zwölf Ligaspielen auf den 50-Millionen-Euro-teuren Ex-Schalker. Der bedankte sich mit drei Treffern und vier Vorlagen. Im DFB-Dress hatte auch Sane bereits gegen Weltmeister Frankreich einen starken Auftritt hingelegt - mit seinem ersten Treffer im 16. Länderspiel setzte er gegen Russland jetzt noch einen drauf.
Joachim Löw lobt seine Mannschaft nach dem Testspiel gegen Russland (Video: 00:23)
Offensivpower gegen müde Weltmeister
Für die verbliebenen Kräfte der müden Weltmeister-Elf von 2014 wird die Luft angesichts nachrückender Jugendpower a lá Sane/Gnabry zunehmend dünn: Speziell Thomas Müller läuft seiner einstigen Klasse sowohl im Verein wie im Nationalteam seit Langem hinterher. Gegen Russland in der Schlussphase für Gnabry eingewechselt, konnte er einmal mehr kaum Akzente setzen.
Die Zeiten von "Müller spielt immer" neigen sich rapide ihrem Ende zu. Der Spruch von Ex-Bayern-Coach Louis van Gaal, der die unkonventionellen Angriffsqualitäten und vor allem die spielerische Sonderstellung des bayerischen Alleskönners auf den Punkt brachte, wirkt wie ein Vermächtnis aus längst vergangenen Zeiten. Die genialen Momente, mit denen Müller einst regelmäßig seine Ausnahmestellung unterstrich, bleiben seit einiger Zeit aus.