Der ehemalige DFB-Pressesprecher Harald Stenger kritisiert im Interview mit Sky scharf die Krisenkommunikation des DFB in der "Erdogan-Affäre".
Beim Umgang mit dem umstrittenen Treffen zwischen Ilkay Gündogan, Mesut Özil und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat die Nationalmannschaft aus Sicht des früheren DFB-PR-Chefs keine gutes Bild abgegeben.
"Auslöser sind Özil und Gündogan selbst"
"Die Version, dass die Medien dieses Thema hochgespielt haben, ist absurd. Da gibt es für mich gar keine Diskussion. Die beiden einzigen Auslöser sind Mesut Özil und Ilkay Gündogan selbst", so Stenger.
Die Wucht des Themas hätte den Verantwortlichen beim DFB klar sein müssen. "Diese Entschuldigungen, sie hätten die Reaktionen nicht erwarten können, finde ich albern, egal von wem sie kommen. (...) Es musste jedem bewusst sein, dass es ein politisches Statement ist."
Kritik an Grindel und Bierhoff
Für das fehlgeschlagene Krisenmanagement müsse am Ende, laut Stenger, vor allem einer gerade stehen: "Egal, wie die internen Diskussionen gelaufen sind, die politische Verantwortung für das, was sich zuletzt abgespielt hat, trägt nur eine Person, nämlich der DFB-Präsident Reinhard Grindel."
Aber auch der DFB-Manager habe Fehler gemacht. Vor allem dessen TV-Auftritt vor der Partie gegen Saudi-Arabien kritisiert Stenger scharf: "Oliver Bierhoff ist eine Mensch, der enorme Verdienste für die Nationalmannschaft hat. Er ist jemand, der eloquent ist und der selbstkritisch ist. Sein Auftritt am Freitag in der ARD ist für mich unverständlich. Ich rätsele bis zur Sekunde darüber, wie es dazu gekommen ist. Aber das Positive aus meiner Sicht ist, dass er sich heute vor dem Abflug wenigstens in einem Medium entschuldigt hat."
Stenger erwartet auch bei der WM Pfiffe
Dass sich das Thema während der Weltmeisterschaft von selbst erledigen werde, damit rechnet der erfahrene PR-Profi nicht: "Ich bin mir ziemlich sicher, dass es auch in Moskau im Stadion Pfiffe geben wird. Und es wird mit Sicherheit auch auf den Fanmeilen Pfiffe geben, wenn zum Beispiel Mesut Özil während der Nationalhymne eingeblendet wird und nicht mitsingt."
Auch, wenn es "rechtsradikale Hohlköpfe" gebe, die sich auf das Thema stürzen, sind die Stadionbesucher, die Özil und Gündogan auspfeifen für Stenger keine Rassisten: "Die Argumentation, dass dahinter Rassismus steckt, halte ich für abenteuerlich. (...) Die Kritik an Mesut Özil und Ilkay Gündogan ist aus meiner Sicht legitim, berechtigt und hat mit Rassismus überhaupt nichts zu tun."