Die Nationalspieler Joshua Kimmich und Leon Goretzka haben sich abermals enttäuscht über die Entlassung ihres Vereinstrainers Julian Nagelsmann geäußert - und damit auch die Vereinsführung von Bayern München kritisiert.
Kimmich sprach nach dem 2:0 der DFB-Elf gegen Peru am Samstag von "wenig Liebe, wenig Herz" und erklärte am ZDF-Mikrofon weiter: "Wir müssen lernen, damit umzugehen. Wenn es zu einem Trainerwechsel kommt, ist es immer enttäuschend. Wir Spieler haben es nicht geschafft, gute Ergebnisse zu erzielen."
Später ergänzte er, dass seine geäußerte Kritik ("wenig Liebe, wenig Herz") sich nicht auf die Bayern-Bosse bezogen habe. Er habe aber bereits "am eigenen Leib erfahren" müssen, dass im "Geschäft" Profifußball für die echte Zuneigung "wenig Platz" sei.
Am Freitagmittag bei der DFB-Pressekonferenz, noch vor Nagelsmanns offizieller Demission, hatte der Mittelfeldspieler dem 35-Jährigen bescheinigt, "locker" zur "Top drei" seiner Trainer zu gehören.
Goretzka findet bemerkenswerte Worte
Goretzka, der sich zuvor in den Sozialen Medien emotional von Nagelsmann verabschiedet hatte, erklärte am Samstagabend nach dem Spiel: "Wahrscheinlich habe ich ihn häufiger gesehen als meine Familie. Ein Schock. Trotzdem müssen wir auf unsere Klubverantwortlichen vertrauen."
Angesprochen auf eine Äußerung von Bayern-Sportvorstand Hasan Salihamidzic, wonach es Risse zwischen Trainer und Mannschaft gegeben habe, sagte Goretzka: "Ich wäre doof, wenn ich meinem Chef widersprechen würde. Ich persönlich hatte aber keine Probleme mit Julian."
Der FC Bayern hatte Nagelsmann 2021 für 25 Millionen Euro Ablöse vom Ligarivalen RB Leipzig geholt und den Oberbayern mit einem Fünfjahresvertrag ausgestattet. Noch kurz vor der Entlassung stellten sich die Bayern-Verantwortlichen demonstrativ vor den Trainer, die Rede war von einem "Langzeitprojekt". Nagelsmanns Nachfolger Thomas Tuchel wurde am Samstag in München vorgestellt, der 49-Jährige unterzeichnete einen Vertrag bis 2025.
Die Stimmen im Worlaut
Joshua Kimmich...
...über das Spiel: "Ich glaube, dass wir gut gestartet sind und hatten auch noch Chancen auf mehr Tore. Die zweite Halbzeit war dann ein bisschen zerfahrener mit vielen Fouls, der Ball war oft im Aus und da kam kaum Spielfluss auf. Wir müssen im Ballbesitz ein bisschen ruhiger spielen, ein paar weniger Fehler machen und den Gegner mehr laufen lassen, dass wir mehr Spielkontrolle bekommen."
...über die Doppelspitze: "Wenn die Spitzen treffen, ist es umso besser. Ich glaube, dass hat uns heute gut getan, dass wir die Box besetzt haben und nach Flanken zu Torchancen gekommen sind. Dementsprechend war es sehr sinnvoll, heute mit zwei Stürmern zu spielen."
...über das Aus von Trainer Julian Nagelsmann: "Klar ist es kurios, aber am Ende des Tages ist so das Geschäft, wenig Liebe, wenig Herz. Wir müssen lernen damit umzugehen und auch mit der Entscheidung leben."
...über Thomas Tuchel: "Ich kenne ihn noch nicht. Wenn es zu einem Trainerwechsel kommt, ist es immer enttäuschend, weil es bedeutet, dass wir Spieler versagt haben, weil wir nicht kontinuierlich die Leistung auf den Platz gebracht haben. Wir haben es nicht geschafft, gute Ergebnisse zu erzielen, anders kommt so ein Trainerwechsel nicht zu Stande."
Leon Goretzka...
...über das Spiel: "Wir haben das Spiel gewonnen und kein Gegentor bekommen, das waren schon einmal zwei Ziele, die wir uns gesteckt und jetzt erreicht haben. Völlig klar ist da jetzt noch nicht alles perfekt, eigentlich ist noch gar nichts perfekt, aber ich denke wir wollten hier Schwung aufnehmen und das ist uns gelungen."
...über die beiden Tore: "Wir haben heute zwei schöne Tore gemacht, das kann man mal herausheben. Fülle hat bewiesen, dass er für die Nationalelf weiter treffen kann, das hat er sehr gut gemacht. Gerade das 2:0 war schon sehr gut auch über mehrere Staffetten. Auf rechts ist da Marius sehr gut durchgelaufen, so wie wir das sehen wollten, das sind Dinge und Bälle, die wir so auch besprochen haben und dass sowas dann auf dem Platz umgesetzt wird, ist auch sehr positiv zu bewerten."
...über die Doppelspitze: "Ich denke, dass unsere Taktik ein bisschen davon abhängt, was wir für ein Personal auf dem Platz haben. Grundsätzlich ist es immer eine Option gewesen mit zwei Stürmern zu spielen und auch weiter eine Option, aber man muss natürlich auch immer schauen, was zum Gegner passt."
...über die Beurlaubung von Julian Nagelsmann: "Spätestens wenn das Spiel angepfiffen wird, ist es meine Pflicht, voll auf die Nationalmannschaft fokussiert zu sein und das ist mir gelungen. Aber ich würde lügen, wenn ich sage, dass uns die letzten Tage nicht auch betroffen gemacht haben, das ist immer extrem in diesem Geschäft, wie schnell sowas gehen kann. Die letzten Tage sind nicht spurlos an uns vorbeigegangen. Ich glaube, es ist immer extrem schwierig. Wir haben eine sehr enge Beziehung zu Julian gepflegt und die letzten Jahre mit ihm verbracht. Wahrscheinlich habe ich ihn häufiger gesehen als meine Familie und wenn dann so jemand plötzlich aus dem Nichts nicht mehr da ist, ist es glaube ich für alle erst einmal ein Schock und trotzdem müssen wir da auf unsere Klubverantwortlichen vertrauen, dass sie das Beste für unseren Verein machen. So ist das im Fußball, da müssen wir professionell mit umgehen, aber klar ich denke, dass es auch nicht schlimm ist, ehrlich und emotional zu sein."
...ob es Risse im Team gegeben hat: "Ich wäre ja doof, wenn ich jetzt meinem Chef widersprechen würde, ich persönlich hatte sicherlich keine Risse zu Julian, aber ich weiß nicht, wie das bei anderen Spielen war."