Der FC Bayern steht am Wochenende gehörig unter Druck. Gegen Union Berlin geht es im direkten Duell um die Tabellenspitze. Um den Dreier zu sichern, will und muss FCB-Coach Julian Nagelsmann wieder auf Interimskapitän Thomas Müller setzen.
Nach der 2:3-Pleite der Münchner bei Borussia Mönchengladbach spielte das Ergebnis kaum eine Rolle. In den anschließenden Medienrunden beherrschten vor allem zwei Themen die Fragenlage: War das Zupfen von Dayot Upamecano tatsächlich eine Rote Karte - und warum wechselte Nagelsmann ausgerechnet Müller aus, um für die Unterzahl umzustellen?
Müller-Auswechslung sorgt für Diskussionen
Für Letzteres musste der Coach sich viel Kritik gefallen lassen. Fans und Experten monierten mangelndes Fingerspitzengefühl des Trainers. Der Vorwurf: Bei seiner Auswechslung berücksichtigte Nagelsmann lediglich taktische Aspekte. Nicht aber, dass man den Bayern mit der Herausnahme Müllers den Interims-Kapitän und konstanten Teamleader in einer heiklen Situation frühzeitig aus dem Spiel nimmt.
"Mit Thomas habe ich lange gesprochen. Dass er nicht glücklich damit ist, dass er so früh raus musste, und nicht gegen Paris gespielt hat, ist glaube ich klar", offenbarte Nagelsmann am Freitag auf der Pressekonferenz vor dem Bundesliga-Spitzenspiel gegen den Tabellendritten Union Berlin. Der Trainer habe Müller ausführlich erklärt, warum die Entscheidung in Gladbach auf ihn gefallen sei.
Müller gegen Union Berlin in der Startelf
So ganz machte Nagelsmann nicht deutlich, ob er die Auswechslung, die in unruhigen Zeiten in München zu noch mehr Wirbel neben dem Platz geführt hatte, bereue. "Eine schlechte Entscheidung ist meistens besser als gar keine. Du musst einfach eine treffen", erklärte der 35-Jährige und verwies dabei auf die kurze Bedenkzeit, wen es treffen musste. "Ich glaube nicht, dass die Entscheidung zwingend extrem falsch war. Ob sie richtig war, weiß ich auch nicht. Dafür müssten wir es nochmal und anders machen."
Und obwohl der Coach noch zu seiner Entscheidung steht, folgt gegen Union Berlin eine klare Antwort auf die Frage nach Müllers Stand im Team: Beim wichtigen Match gegen die Hauptstädter spielt der Ur-Bayer wieder von Beginn an. "Am Sonntag wird er wieder spielen und nicht auf der Bank sitzen, sondern beginnen", versprach der Trainer.
Ruhepol inmitten des Sturms gesucht
Eine Entscheidung, die nicht nur als nette Geste zu deuten ist. Die Münchner konnten seit Ende der Winterpause erst zwei Siege aus sechs Bundesliga-Spielen holen. Der komfortable 9-Punkte-Vorsprung aus der Hinrunde ist komplett geschmolzen. Star-Spieler wie Serge Gnabry, Leroy Sane oder auch Joshua Kimmich haben an Konstanz eingebüßt und performen nicht mehr wie noch vor der Weltmeisterschaft in Katar.
Das Auf und Ab neben dem Platz wirkt sich auch auf das Spiel der Bayern aus. Ein Problem, das der Klub in den Griff kriegen muss. "Die Bayern haben ein Disziplin-Problem. Neuer fährt Ski im Risiko-Gebiet, Gnabry fliegt zur Modenschau, Sane macht sich nichts aus Pünktlichkeit und seit letzter Woche ist der Trainer auch in diesem illustren Kreis der Disziplinlosen", fällt Sky Experte Didi Hamann in seiner Kolumne ein hartes Urteil über den Zirkus in München.
Nun könnte Müller bei all der Unruhe zum Ruhepol werden. Der bodenständige Team-Leader ist eine Identifikationsfigur - für die Fans und seine Mitspieler. Der Neuer-Vertreter nimmt eine wichtige Rolle ein, der er auf dem Platz am besten nachkommen kann. "Er ist sehr professionell und eine Vertrauensperson von mir, ein Austauschpartner über seine eigene Situation hinaus", unterstreicht Nagelsmann die Wichtigkeit Müllers.
Nagelsmann muss wieder auf Leader Müller setzen
Nach dem Drama rund um die Entlassung des Neuer-Vertrauten Toni Tapalovic, für die auch das schlechte Verhältnis des Torwarttrainers zu Nagelsmann mitverantwortlich war, darf der Coach Müller als Fürsprecher nicht verlieren. Das Wort von Müller hat Gewicht. Legt man sich mit der Bayern-Ikone an, wird es schwierig, bei den Bayern zu bestehen. Das bekam vor allem Niko Kovac bei seiner damaligen Anstellung zu spüren. Die Ausbootung Müllers war der Anfang von Kovacs Ende.
Gegen Union ist Müller nun auch wieder auf dem Platz als Motor und Lautsprecher gefordert. Das 1:1-Remis im Hinspiel hat gezeigt, wie schwierig es ist, gegen die aggressive Überraschungsmannschaft aus Berlin zu bestehen. Ein Müller, der das Spiel ordnet, seine dribbelnden Mitspieler zu Klarheit auffordert und die richtigen Entscheidungen trifft, ist in solch einer Partie Gold wert. Das weiß auch Nagelsmann.
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