Die Entscheidung um die Meisterschaft wurde durch die Bayern-Niederlage in Mainz vertagt. Die Gespräche um die Zukunft von Hansi Flick und der zukünftigen Besetzung des Trainerpostens beim FC Bayern hingegen werden sicher in den kommenden Tagen stattfinden. Doch ausgerechnet jetzt dreht sich der Wind an der Säbener Straße.
Nach dem 3:2-Sieg beim VfL Wolfsburg und der damit fast sicheren Deutschen Meisterschaft ließ Bayern-Coach Hansi Flick die Bombe platzen! Der 56-Jährige verkündete am Sky Mikrofon seinen Wunsch, die Münchner nach dieser Saison verlassen und sein Amt als Bayern-Trainer niederlegen zu wollen.
Ein Vorstoß, der ohne Absprache mit den Bayern-Bossen vollzogen wurde - mit der Begründung, er wolle es der Mannschaft selbst sagen und in diesem Zuge es auch gleich öffentlich machen. Doch mit dieser Aktion schadet sich Flick womöglich selbst. Denn seit diesem Zeitpunkt hat sich der Wind rund um die Säbener Straße mächtig gedreht und bläst dem Übungsleiter nun heftig ins Gesicht. Auch seine Zukunft könnte davon maßgeblich beeinflusst werden.
Konflikte zwischen Flick und Salihamidzic
Ein kurzer Zeitsprung in die jüngere Vergangenheit: Flick genoss in den vergangenen Monaten, in denen er mit dem FC Bayern sechs Titel einfuhr und die erfolgreichste Saison in der Geschichte des FCB absolvierte, hohes Ansehen bei den Fans der Münchner. Auch der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge war ein großer Befürworter des gebürtigen Heidelbergers und stärkte ihm stets den Rücken.
Doch zur Wahrheit gehörte auch, dass es mit Sportvorstand Hasan Salihamidzic immer wieder Konflikte und teils heftige Meinungsverschiedenheiten gab. Besonders im Bereich der Kaderplanung rasselten die beiden des Öfteren aneinander - als Beispiel dient hierzu die Causa Jerome Boateng, mit dem Flick sehr gerne weitergearbeitet hätte, dessen Vertrag aber von Vereinsseite nicht verlängert wurde.
Lieber Flick und böser Salihamidzic?
Die Querelen sorgten auch dafür, dass sich die Fans in Umfragen ganz klar auf die Seite von Flick geschlagen und ihn als wichtiger für den Verein angesehen haben als Salihamidzic.
Gegen den Sportvorstand wurde jüngst gar eine Petition gestartet, mit dem Ziel seiner Absetzung als Sportvorstand. Schnell wurde das Bild vom lieben Hansi Flick und vom bösen Hasan Salihamidzic gezeichnet.
Hamann: "Flick hat eine Wagenburgmentalität geschaffen"
Doch der Alleingang von Flick bei dessen Verkündung änderte die Wahrnehmung fast komplett, was sich auch in den Aussagen von Sky Experte Dietmar Hamann bei "Sky90 - die Unibet Fußball-Debatte" zeigt: "Ich habe kein Verständnis dafür, was Hansi Flick in der vergangenen Woche gemacht hat. Er hat eine gewisse Wagenburgmentalität geschaffen. Die Mannschaft, das Trainer-Team und die Fans auf der einen Seite, der Vorstand und gerade der Sportvorstand auf der anderen Seite."
Und weiter: "Jetzt hast du die absurde Situation, dass du das erfolgreichste Jahr mit sechs Titeln hinter dir hast und gegen den Sportvorstand eine Petition gestartet wird. Das hat natürlich auch mit dem Verhalten des Trainers zu tun."
Behrenbeck: "Innerhalb der Bayern-Familie ist man jetzt durchaus gegen Hansi"
Ähnlich sieht dies auch Sky Reporter und Bayern-Insider Marc Behrenbeck: "Das war ein großer strategischer Fehler letzte Woche. Er hat den letzten, der für ihn war, nämlich Karl-Heinz Rummenigge, verloren. Und man merkt jetzt zum ersten Mal intern, dass Salihamidzic nun argumentieren kann: 'Seht ihr, so lieb ist der Hansi gar nicht und so abgestimmt handelt er gar nicht.' Innerhalb der Bayern-Familie rückt man jetzt zusammen und ist jetzt auch durchaus gegen Hansi."
Salihamidzic gegen Flick. Rummenigge nun auch gegen Flick. Und was ist mit Oliver Kahn, der am Ende des Jahres Rummenigge beerben wird? Bislang hat sich der Ex-Bayern-Kapitän nicht wirklich offen und konkret zu diesem Thema geäußert. Ein Umstand, den Sky Experte Rene Adler kritisiert.
"Die Frage, die sich für mich stellt, ist: Wie ist die Rolle von Oliver Kahn? Warum kommt er jetzt nicht aus seinem Schatten hervor und moderiert das Ganze? Man hat so eine erfolgreiche Ära hinter sich und dann lässt man es zu, dass das durch persönliche Eitelkeiten von welcher Person auch immer gefährdet wird. Das ist ja nicht im Sinne, wie der FC Bayern über Jahre nach außen aufgetreten ist."
Gespräche stehen an: Was entscheiden die Bayern-Bosse?
Doch in den kommenden Tagen wird auch Oliver Kahn ganz klar seinen Standpunkt vertreten müssen, denn die Bayern-Spitze wird sich zusammensetzen - auch mit Flick - und die weitere Zukunft und das Vorgehen besprechen. Dabei ist es allerdings so, dass die Bayern-Bosse trotz oder gerade wegen der Ankündigung und dem Vorpreschen von Flick am längeren Hebel sitzen.
"Es ist jetzt eine sehr verzwickte Situation. Dass Flick nächstes Jahr noch da ist, halte ich für ausgeschlossen. Aber man muss eine Lösung finden. Warum sollten ihn die Bayern einfach so zum DFB ziehen lassen?", fragt sich Sky Experte Hamann. "Der Verein muss sein Gesicht waren. Es kann nicht sein, dass du einen Trainer hast, der einen Vertrag unterschreibt und dann einfach nach Monaten sagt, ich habe keine Lust mehr, ich will gehen. Er hat noch zwei Jahre einen gültigen Vertrag. Das Problem beim DFB ist allerdings, dass er ein gemeinnütziger Verein ist, der nicht in der Lage ist, eine Ablöse zu bezahlen. Das wird mit Sicherheit spannend werden, weil Flick den Verein in eine Situation gebracht hat, in der er alle vor den Kopf gestoßen hat."
Scheitert es an der Ablöse?
Vieles wird wohl von einem möglichen Nachfolger für Flick abhängen. Finden die Bayern diesen beispielsweise in Person von RB-Trainer Julian Nagelsmann und können sich mit ihm UND Leipzig einigen, wird dies Einfluss auf die Zukunft von Flick haben. Nach Informationen der tz sollen die Bayern bereits am Sonntagabend an Leipzig herangetreten sein. Sky kann dies bestätigen und weiß, dass die Sachsen bislang eine enorme Ablöse aufrufen - in Zahlen: 25 Millionen Euro.
"Man hat sich jetzt den Zeitraum nach dem Mainz-Spiel vorgenommen, um natürlich auch die Gespräche mit Julian Nagelsmann zu führen, zu verhandeln, Details abzuklopfen, weil das letztendlich eine schwierige Nummer ist. So einfach, wie es in der Öffentlichkeit dargestellt wird, ist es nicht, weil er zu teuer ist", erklärt Sky Transferexperte Behrenbeck. "Wenn man Nagelsmann bekommt und weiß, was man zahlen muss, dann weiß man auch, dass Flick die Freigabe bekommt. Man braucht aber eine Ablösesumme. Das definitiv. Die Bayern werden sicherlich keine Milde walten lassen, weil Hansi diesen Fehler gemacht, die Bosse übergangen und damit die Front komplett gegen sich hat."
Doch Behrenbeck hat bereits einen Vorschlag, wie sich diese doch verzwickte Lage lösen lassen könnte: "Die Lösung wäre für den DFB, das Gehalt von Flick anzuheben - bei Bayern würde er dennoch sehr viel mehr verdienen - und Flick würde dann die Ablöse selbst zahlen."
Die vier Szenarien bei den Flick/Bayern-Gesprächen
In der Theorie liegen also vier grundlegende Szenarien vor, wie die Causa Flick und Bayern München zu Ende gehen könnte:
Szenario 1: Flick und die Bayern-Bosse raufen sich zusammen, sprechen sich aus und trennen sich harmonisch ohne irgendwelche Auflagen, Ablösesummen oder sonstige Vereinbarungen. Tendenz: unwahrscheinlich.
Szenario 2: Flick, Rummenigge und Co. einigen sich auf eine Freigabe, wenn der DFB oder ein anderer Verein eine Ablösesumme zahlt. Tendenz: eher unwahrscheinlich, da der DFB weiter darauf pocht, keine Ablösesumme für einen Trainer zu zahlen.
Szenario 3: Die Fronten sind total verhärtet und man einigt sich nicht. Die Führungsriege beim FCB nimmt Flick den Alleingang mächtig übel und verbaut ihm vorerst die Chance, woanders weitermachen zu können. In diesem Fall müsste Bayern jedoch das Gehalt des Trainers weiterzahlen. Tendenz: unwahrscheinlich, da ein Weiter mit Flick unmöglich erscheint, die Münchner sich aber auch nicht den Luxus leisten wollen, einen nicht mehr tätigen Trainer weiter auf der Gehaltsliste zu haben.
Szenario 4: Der Behrenbeck-Vorschlag: Der DFB hebt seine Gehaltsstruktur für den Bundestrainer-Posten an, Flick zahlt dafür die Ablöse an den FC Bayern aus eigener Tasche. Tendenz: die wahrscheinlichste Variante.
Noch ist nicht klar, wie sich die Gespräche und Verhandlungen entwickeln werden, doch eines ist klar: Alle Parteien sind an einer schnellen Lösung interessiert, um die Zukunftsplanungen vorantreiben zu können. Gut möglich also, dass bereits bis zum nächsten Spieltag in zwei Wochen Gewissheit besteht und die windigen Zeiten an der Säbener Straße ein Ende finden ...