Fritz von Thurn und Taxis im Sky Interview über DFB, Nagelsmann, Kimmich & FC Bayern

Sky exklusiv || Von Thurn und Taxis: "Tah bester Verteidiger der Bundesliga"

Von Florian Hartmann

Image: Im exklusiven Sky Interview spricht die Reporter-Ikone Fritz von Thurn und Taxis unter anderem über das DFB-Team vor der anstehenden Heim-EM.

Über 50 Jahre lang war Fritz von Thurn und Taxis bei zahlreichen Medienanstalten als Sportreporter aktiv, wobei er "alles gesehen" hat. Im exklusiven Sky Interview spricht die Reporter-"Legende" über das DFB-Team, die Personalien um Joshua Kimmich, Manuel Neuer & Co. und blickt auf die Heim-EM 2024.

skysport.de: Herr von Thurn und Taxis, nach 50 Jahren als Reporter-Ikone haben Sie 2017 Ihre Karriere beendet. Wie geht es Ihnen und wie sieht ihr Leben heute aus?

Fritz von Thurn und Taxis: Mir geht es sehr gut. Ich habe 2017 aufgehört bei Sky, aber als Journalist hört man nie so ganz auf, was auch schön ist. Ich werde in Sendungen eingeladen, coache gelegentlich junge Sportreporter, mache Moderationen und bin hin und wieder im Radio. Kürzlich war ich bei einem Retro-Spiel der DEL auch für Magenta als Co-Kommentator tätig. Früher war Eishockey eine meiner Haupt-Sportarten, als ich Weltmeisterschaften begleiten durfte und jetzt ganz aktuell beschäftige ich mal wieder damit. Nach den ganzen Reisen in meiner Karriere war ich froh, zur Ruhe zu kommen, auch wenn ich nicht wusste, wie sich das anfühlen würde, nicht mehr vor dem Mikrofon zu sitzen. Insgesamt habe ich das aber gut hinbekommen, ich hadere nicht.

skysport.de: Gibt es in ihrer langen Sportreporter-Karriere besondere Momente, die sie herausheben würden?

Fritz von Thurn und Taxis: Das ist wahnsinnig schwer. In den 50 Jahren war ich sehr breit aufgestellt, habe sehr viel moderiert und in meinen Kernsportarten Weltmeisterschaften und Olympische Spiele begleitet. Ich habe Magic Johnson in den USA erlebt, Wayne Gretzky bei der Eishockey-WM 1982, die goldenen Zeiten der Nationalmannschaft mit Beckenbauer & Co. oder auch die Bayern-Ära. Ich habe alles erlebt in meinen Sportarten, deswegen ist es schwer, irgendetwas herauszuheben.

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Unter Nationaltrainer Julian Nagelsmann spielt beim DFB-Training neuerdings eine andere Musik. Im wahrsten Sinne des Wortes. Zum Start des Trainings lässt der Bundestrainer ab jetzt Musik spielen. Hier ein Auszug der heutigen Playlist.

skysport.de: Sie haben die goldenen Zeiten der Nationalmannschaft angesprochen - in welcher Verfassung sehen Sie derzeit das DFB-Team unter Julian Nagelsmann sieben Monate vor der Heim-EM?

Fritz von Thurn und Taxis: Unter der neuen Führung kommt allgemeine Freude auf. Der Druck war zuvor groß, weil die Mannschaft und die Trainer mit den Leistungen und Ergebnissen unzufrieden waren, aber jetzt gibt es einen Neustart. Gerade noch rechtzeitig hat der DFB eine Entscheidung getroffen und mit Nagelsmann den idealen Mann gefunden. Ich sehe bei vielen, dass die Leidenschaft und Freude am Geschehen wieder da ist und ich glaube, wir haben eine Umkehr hinbekommen. Es bleibt nur abzuwarten, wie die Mannschaft umsetzt, was Nagelsmann vorgibt. Ich glaube, alles ist so vorbereitet, dass man positiv in die nahe Zukunft schauen kann.

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skysport.de: Was stimmt Sie so optimistisch?

Fritz von Thurn und Taxis: Was mich so freut, ist, dass bei Nagelsmann die formstärksten Spieler zur Nationalmannschaft eingeladen werden. Flick und Löw haben sich da schwerer getan. Da haben eher Verdienste und Treue eine Rolle gespielt, aber diese Zeit ist vorbei. Nagelsmann und Co-Trainer Sandro Wagner sind zudem zwei Leute, die Spaß an ihrem Job haben, kreativ und intelligent sind und eine gute Ansprache haben. Die Spieler spüren, dass das Land der EM wieder positiv entgegensieht und ein Zusammenhalt wieder da ist. In den ersten zwei Spielen war die Mannschaft schon mal nicht wiederzuerkennen im Vergleich zu den letzten Jahren. Mit Kimmich, Neuer und weiteren Personalien gibt es natürlich viele Punkte, die Nagelsmann moderieren muss, aber ich glaube, dass er das gut kann.

skysport.de: Was sagen Sie denn zu Kimmich - Mittelfeld oder Rechtsverteidiger?

Fritz von Thurn und Taxis: Kimmich ist in den Mittelpunkt gerückt, weil er so engagiert, aber eben vielleicht etwas überehrgeizig ist. Man muss ihn gut positionieren, aber er muss das auch wollen. Ich glaube, dass er durchaus gut mit Gündogan spielen kann, aber er muss seine Rolle annehmen. Kimmich ist ein außergewöhnlich guter Spieler, es ist nur die Frage, was der Trainer ihm vermitteln kann und was er davon beherzigt. Ich sehe ihn klar im Mittelfeld, rechts hinten spielt für mich Henrichs.

Leon Goretzka weiß um die Qualitäten seines Teamkollegen Joshua Kimmich. Er kann durchaus verstehen, warum sich viele die Frage stellen, auf welcher Position er der Mannschaft im Hinblick auf die Heim-EM am meisten helfen kann.

skysport.de: Wie sieht denn Ihrer Meinung nach die optimale Defensiv-Aufstellung - neben Henrichs - aus.

Fritz von Thurn und Taxis: Zusammen mit der Stürmerposition ist die Außenverteidiger-Auswahl meiner Ansicht nach die DFB-Baustelle. Diese Weltklasse-Verteidiger um Brehme, Kaltz und Lahm haben wir im Moment nicht und da müssen wir zufrieden mit dem sein, was wir haben und dann müssen Henrichs und Gosens über außen spielen. Aber wir werden das schon hinbekommen, 2014 hat es mit Höwedes auch gut funktioniert.

In der Mitte würde ich dringend raten, Jonathan Tah spielen zu lassen. Der ist im Moment aus meiner Sicht der beste Verteidiger der Bundesliga. Er ist in Top-Form, verfügt über Physis, ist kopfballstark und schnell und schießt auch noch Tore. Man merkt, dass er unter Xabi Alonso richtig aufgeblüht ist und er erinnert mich schon länger an Jerome Boateng. Ich kann mir vorstellen, dass er sich in den nächsten Monaten ganz vorne neben Rüdiger in die Abwehr spielt.

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skysport.de: Nochmal zurück ins Mittelfeld - Didi Hamann kritisierte bei Sky die Gündogan-Wahl zum DFB-Kapitän, wie sehen Sie das?

Fritz von Thurn und Taxis: Gündogan ist bei der Nationalmannschaft im Gegensatz zu Manchester City öfter hinter den Erwartungen zurückgeblieben, aber Nagelsmann stärkt ihn. Man kann jetzt sagen, dass Kimmich das hätte auch machen können und sich vielleicht degradiert fühlt, aber ich finde das mit Gündogan als Kapitän in Ordnung und habe da nichts auszusetzen.

skysport.de: Eine weitere viel diskutierte Personalie ist Manuel Neuer seit seinem Comeback - kann er Marc-André ter Stegen nochmals aus dem DFB-Tor verdrängen?

Fritz von Thurn und Taxis: Da kriegen Sie eine ganz kurze Antwort: Wir schauen. Neuer hat bisher fünf Spiele gemacht und man kann noch nicht viel sagen. Er wirkt aufmerksam, selbstbewusst und man genießt seine Spieleröffnung. Es könnte sein, dass er noch einmal zur Nummer eins wird, aber das hängt davon ab, was ter Stegen leistet. Wenn er sich keine Fehler erlaubt und weiter super spielt, ist er die Nummer eins. Sollte er wackeln und Nerven zeigen und Neuer wieder zurück zu alter Form kommen, kann man eine neue Diskussion starten.

Bayern-Torwart Manuel Neuer peilt sein Comeback in der Nationalmannschaft für März 2024 an. Das sagt der 37-Jährige nach seinem erfolgreichen Comeback in der Bundesliga im Rahmen der Vorstellung des offiziellen EM-Balles.

skysport.de: Nach der nun abgeschlossenen Analyse des DFB-Teams.... Ihre Prognose für die Heim-EM?

Fritz von Thurn und Taxis: Die EM im eigenen Land ist natürlich ein wesentlicher Faktor und eine Unterstützung, wie beispielsweise bei der WM 2006 nicht zu unterschätzen. Die deutschen Fans lechzen nach gutem Fußball und wenn das mit Nagelsmann greift, dann sind die alle wieder da. Wir schauen jetzt mal auf die verbleibenden Spiele, aber ich traue der Mannschaft mit dieser Qualität und dem neuen Trainerstab definitiv eine erfolgreiche EM zu - eine genaue Prognose kann und will ich noch nicht geben.

skysport.de: Bevor der Startschuss bei der EM fällt, verbleibt noch eine Bundesligasaison. Der FC Bayern München war mit Ausnahme der Pokal-Blamage ergebnistechnisch stark unterwegs, doch liegen in der Tabelle hinter Bayer 04 Leverkusen und auch Thomas Tuchel musste bereits Kritik einstecken. Ihre Meinung dazu?

Fritz von Thurn und Taxis: Beim FC Bayern ist der Trainer-Job wohl der schwierigste weltweit. Wenn du zwei Spiele verlierst, bekommt jeder Trainer Probleme, aber das ist eben auch die Herausforderung. Das Anspruchsdenken ist so enorm, dass du gewinnen musst. Tuchel ist aber einer der besten Trainer, auch wenn es nicht immer leicht ist, sich mit ihm zu arrangieren. Er darf seine Spieler mit seiner Kreativität nur nicht überfrachten. Vom Pokal-Aus mal abgesehen, was aber allen großen Mannschaften schon passiert ist, sehe ich die Bayern natürlich trotzdem stark. Kritik nach dem Saarbrücken-Spiel ist normal und Teil des Geschäfts, dennoch verfügen die Bayern über eine exzellente Mannschaft. Wenn sie sich so weiterentwickeln bis zur Pause und Neuzugänge verpflichten, sind sie erster Favorit auf die Meisterschaft. Die Ergebnisse stimmen, auch wenn die Mannschaft sicher noch besser spielen kann.

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skysport.de: Während in der vergangenen Saison Borussia Dortmund noch kurz vor der Meisterschaft stand, ist der BVB in diesem Jahr eine Wundertüte, wie erklären Sie sich das?

Fritz von Thurn und Taxis: Schon seit Jahren befindet sich der BVB stets in einer Berg- und Talfahrt. Das Problem ist, dass sie mittelfristig keine absolute Top-Mannschaft stellen können, weil sie immer wieder ihre Stars um Haaland, Sancho, Bellingham oder Aubameyang verkauften. Jetzt im Moment gibt es abgesehen von Kobel keinen ganz überragenden Mann, der eine ganze Saison das Team tragen könnte. Julian Brandt hätte vielleicht das Potenzial, aber er muss es abrufen. Von der Struktur, der Führungsstärke und der Launenhaftigkeit her ist es nicht möglich, so zu spielen wie damals unter Klopp. Für den BVB geht es dieses Jahr vermutlich nur um den vierten Platz.

skysport.de: Auf dem vierten Platz stand letztes Jahr auch Union Berlin, die heute die Trennung von Urs Fischer offiziell bekanntgegeben haben, wie stehen Sie dazu?

Fritz von Thurn und Taxis: Es ist bewundernswert, wie lange sie an Fischer festgehalten haben. Aber was will man bei 13 Niederlagen aus den letzten 14 Spielen machen? Wenn man sich jetzt friedlich von Fischer trennt, wahrt das den Anstand und dann ist das auch in Ordnung.

Das Interview führte Florian Hartmann

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