Sky Experte Lothar Matthäus schreibt in seiner Kolumne "So sehe ich das" über die Fehlentscheidungen des VAR vom vergangenen Wochenende und die Meisterschaft des FC Bayern. Zudem zieht er den Hut vor Felix Magath und zollt Hasan Salihamidzic Respekt.
Spätestens nach diesem Wochenende steht für mich fest: Wir brauchen ehemalige Profifußballer, um den VAR zu unterstützen. Es gab in Leipzig und in München zwei Entscheidungen, die so einfach nicht mehr zu akzeptieren sind. Es liegt mir fern, jemandem Vorwürfe zu machen oder etwas zu unterstellen. Ich gehe fest davon aus, dass jeder Schiedsrichter sowohl auf dem Feld als auch im Kontrollraum in Köln versucht, alles so korrekt wie möglich zu entscheiden.
Und trotzdem muss festgestellt werden, dass die beiden Entscheidungen trotz (oder wegen) der VAR-Unterstützung so eklatant falsch waren, dass man Abhilfe schaffen muss, um den Fußball noch gerechter und fairer zu gestalten. Beim glasklaren Foul von Benjamin Pavard an Jude Bellingham in der Münchner Allianz Arena war selbst von der Tribüne aus umgehend klar, dass der Unparteiische auf Strafstoß entscheiden muss.
Ehemalige Fußballer können solche Situationen besser bewerten
Der oder die Einzigen, die es nicht richtig gesehen und bewertet haben, waren die Schiedsrichter. Die falsche Entscheidung in der Partie Leipzig gegen Union Berlin war mindestens genauso eklatant falsch wie die in München. Ich bin dagegen, den Video-Schiedsrichter wieder abzuschaffen, denn das wäre ein Rückschritt. Ich finde schon, dass unterm Strich mehr Fehlentscheidungen verhindert werden als früher und trotzdem ist noch Luft nach oben.
Wir als ehemalige Fußballer können das deshalb besser bewerten, weil wir selber permanent und jahrelang in diesen Situationen waren und wissen, wie es aussieht, wenn man foult oder gefoult wird. Wie man fällt, wohin sich der Ball bewegt, wenn dieses oder jenes davor passiert. Und vor allem sehen wir es schneller. Unsere Intuition ist in solchen Fällen eine andere, wie die von Menschen, die zwar auch oft auf dem Platz stehen oder gestanden haben und Spiele beobachten, aber diesen Sport nicht selbst auf diesem Niveau ausgeführt haben.
Ich bin sicher, dass es viele ehemalige Kollegen von mir gibt, die diese Aufgabe gerne, professionell und unaufgeregt übernehmen würden und unterstützen könnten. Das ist ein guter Lösungsansatz, den sich der DFB und die Entscheidungsträger zu Herzen nehmen könnten, damit wir uns nach wunderbaren Fußballspielen nicht zwei Tage später darüber unterhalten müssen, dass der ein oder andere benachteiligt worden ist. Dafür steht einfach zu viel auf dem Spiel.
RB Favorit gegen Rangers, Frankfurt wird es schwer haben
Genießen sollten wir, dass zwei tolle deutsche Klubs im Halbfinale der Europa League stehen. Lange Zeit waren wir über das internationale Abschneiden unserer Teams enttäuscht. Und auch dieses Jahr war die Leistung in der Champions League alles andere als glorreich. Umso schöner, dass Eintracht Frankfurt weiterhin solch eine großartige Erfolgsstory in diesem Wettbewerb schreibt und auch RB verdient allen Respekt.
Sie hatten es zwar durch ein Freilos ein kleines bisschen einfacher, das soll ihre Leistung aber überhaupt nicht schmälern. Ich denke die Leipziger sind klarer Favorit gegen die Rangers. Eintracht wird gegen West Ham mehr zu tun haben. Die Engländer spielen eine sehr ordentliche Saison in der Premier League, sind Siebter hinter den sechs ganz großen Klubs. Das wird wieder nicht einfach für die Eintracht, aber das kennen sie ja aus der Runde zuvor. Und wer solche Märchen in und gegen Barcelona schreibt, der muss sich mit dem Finale belohnen. Die Chance auf ein Endspiel mit zwei Teams aus unserer Liga, bei prächtiger Atmosphäre im tollen Stadion von Sevilla und sommerlichen Temperaturen, wäre ein wundervoller Abschluss für diese zwei sympathischen Klubs.
Wahnsinn, was Magath schon jetzt geschafft hat
Noch ein Wort zu Felix Magath. Es ist natürlich noch nicht ganz vollbracht, aber ich freue mich wirklich sehr für ihn und auch für die Hertha, dass sie auf einem sehr guten Weg sind, die Klasse zu halten. Offensichtlich greifen seine Methoden im Gegensatz zu all den kritischen Stimmen nach seiner Verpflichtung ja doch. Wenn man sieht, wie die Spieler von Hertha BSC innerhalb von nur einigen Wochen eine völlig andere Körpersprache, Aggressivität und Konzentration an den Tag legen sowie Selbstvertrauen und Glauben ausstrahlen, dann ist es eigentlich ein Wahnsinn, was Magath jetzt schon dort geschafft hat. Natürlich wird das Spiel in Bielefeld erneut extrem wichtig, aber sie haben einen riesengroßen Schritt mit dem Sieg gegen den VfB Stuttgart in Richtung Klassenerhalt gemacht. Hut ab, Felix.
Lewandowski-Saga geht noch eine Weile weiter
Respekt übrigens auch an Hasan Salihamidzic. Er hat bei Sky90 eindeutig klargemacht, dass der FC Bayern Robert Lewandowski am Ende dieser Saison nicht hergeben wird. Komme, was wolle. Das gehört zu diesem Poker jetzt dazu und es war genau richtig von Hasan. Natürlich wird er sich an seinen Worten messen lassen müssen. Wenn Lewandowski aus irgendwelchen Gründen den Verein doch verlässt, dann hat er wenigstens den Preis hochgetrieben. Aus Manager-Sicht hat Hasan perfekt reagiert.
Und wenn Spieler, die in Vertragsverhandlungen sind, der Öffentlichkeit weismachen wollen, dass sie sich damit nicht beschäftigen und alles nur die Berater machen, dann ist es natürlich nicht die Wahrheit. Jeder Spieler weiß ganz genau, an welchem Punkt die Verhandlungen sind und wie es hinter verschlossenen Türen gerade so läuft. Robert hat beim Interview nach der Partie gegen Dortmund das Pokerface aufgesetzt. Kein Wort zu viel, keins zu wenig. Kein klares Bekenntnis, aber auch kein Dementi. Das wird jetzt noch eine Weile so gehen und meine Meinung dazu ist bekannt: Hoffentlich bleibt er beim FC Bayern.
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