Kommentar zum HSV: Lieber mal bei Labbadia nachfragen

Nach dem verpassten Wiederaufstieg

Von Sven Töllner

Image: Bruno Labbadia blickt auf eine bewegte Vergangenheit beim Hamburger SV

Nach dem Debakel gegen Paderborn steht der Hamburger SV vor einem Scherbenhaufen. Sky Reporter Sven Töllner analysiert die Gründe des Scheiterns und blickt in die Zukunft.

Die Fans des Hamburger SV haben gelernt. Sind reifer geworden. Anständiger. Keine Pöbeleien, keinerlei Gewaltandrohungen. Das Desaster wird friedfertig begleitet. So oder so ähnlich dürfte die Analyse in einer rosaroten Welt ausfallen. Eine Welt, in der Milch und Honig fließen.

In der Realität sind derlei Bewertungen nicht haltbar. Wer es mit dem HSV hält, ist viel zu oft enttäuscht worden, um nach dem vollumfänglichen Offenbarungseid noch ernsthaft frustriert zu sein. Im Volkspark ist die totale Resignation eingekehrt.

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Vermeintliche Stützpfeiler als Störfaktoren

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Eine Runde 2. Liga, mal gesund werden - wirtschaftlich und auch im Kopf. Das Anspruchsdenken runterregeln auf ein ausbalanciertes Maß. So lautete die optimistische Lesart vor dem Unterhaus-Abenteuer des Ex-Dinos. Wird ja nur ein Intermezzo sein.

Nach einer Saison, die wieder einen Trainerwechsel mit sich gebracht hat und zu keiner Zeit von Souveränität gekennzeichnet war, spricht nun einiges dafür, dass der stolze Klub sich mit einem Dauergastspiel fernab der nationalen Elite arrangieren müssen wird.

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12. Mai: Das schwarze Datum der HSV-Geschichte

Der HSV erlebt in Paderborn einen weiteren schwarzen 12. Mai. Einen Tag, den jeder Fan der Rothosen gerne aus dem Kalender streichen würde.

Den Verein drücken erhebliche Verbindlichkeiten, der Etat für die kommende Zweitliga-Saison schrumpft im Gleichschritt mit den eigenen Fehlleistungen. Großverdiener mit laufenden Verträgen müssen aus dem Kader entfernt werden, potenzielle aber poröse vermeintliche Stützpfeiler entpuppten sich als Störfaktoren und dürfen das Gefüge nicht weiter belasten.

Becker vor Herkulesaufgabe

Heißt also: Kein Platz mehr für Sakai, Papadopoulos, Lasogga - und vor allem nicht für Bobby Wood. Das miese Image, das er sich in Hamburg erarbeitet hat, hat der US-Stürmer in Hannover bemerkenswert konsequent bestätigt.

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Eine Management-Aufgabe auf Herkules-Niveau für Sport-Vorstand Ralf Becker. Der hatte unter anspruchsvollen Bedingungen einen Kader (teil-)geschmiedet, der der klaren Zielsetzung zunächst gewachsen zu sein schien. Mit jedem Misserfolg wurde das Konstrukt fragiler.

Aaron Hunt übt nach der Hamburger Pleite in Paderborn harte Kritik.

In den Wochen nach dem Derbysieg (Glückwunsch zur Statdmeisterschaft) präsentierte sich der HSV wie ein Absteiger - entsprechende Punktausbeute inklusive. Unforced errors bei diversen Matchbällen, stetig steigende Verunsicherung, bis hin zum Verlust der Konkurrenzfähigkeit.

Fragezeichen hinter Wolf

Becker war stets bewusst, dass ein kraftvoller Durchmarsch mit diesem Kader nicht möglich ist. Prinzip Hoffnung - auch in Bezug auf den Trainer. Nach stabilem Start mit vielen (wenn auch knappen) Siegen hat Hannes Wolf sich in taktischen und personellen Zappeleien verzettelt.

Zu viele Versuchsballons, zu wenig Pragmatismus. Manch einer im Klub hält Wolf für zu nett. Erst nachdem Routinier Lewis Holtby sich die ultimative Provokation erlaubte, schritt Wolf gezwungenermaßen konsequent ein - möglicherweise auf Geheiß von oben.

Bei Sky90 rechnet Torwart-Legende Uli Stein mit dem Hamburger SV ab (Videolänge: 1:17 Minuten).

Jetzt ist der Klub ganz unten - zumindest gemessen am eigenen Selbstverständnis der vergangenen Jahrzehnte. Und der Kreislauf beginnt aufs Neue. Kaum vorstellbar, dass die Hamburger mit einer derart belasteten Konstellation in die kommende Saison gehen. Der Wunsch, aus der vereinsimmanenten Hire-and-fire-Strategie auszuscheren, darf kein Argument pro Wolf sein.

Labbadia-Comeback beim HSV?

Auch der Verdacht, dass die Verantwortlichen lediglich gehorsam auf die erneuten personellen Forderungen von Anteilseigner Klaus-Michael Kühne reagieren, darf beim Umgang mit Wolf keine Rolle spielen. Der smarte Fußballlehrer reiht sich ein in die umfangreiche Riege der Gescheiterten.

Manch einer denkt bei möglichen Ersatzoptionen womöglich daran, auf welch absurd hohem Niveau geklagt wurde, als Bruno Labbadia die sportlichen Geschicke im Zeichen der Raute verantwortete. Der Coach, der Wolfsburg aus der Relegation an die Schwelle Europas geführt hat, ist nach der Saison auf dem Markt.

Der Wahl-Hamburger hat nie versucht zu verbergen, dass er mit seinem HSV noch nicht fertig ist. Neue Experimente auf der wichtigsten Planstelle wagen? Lieber mal bei Labbadia nachfragen, wie viel Reiz die Aufgabe unter den aktuellen Bedingungen auf ihn und seinen Co-Trainer Eddy Sözer auszuüben vermag. Das zu ermitteln, dürfte gewiss kein Fehler sein.

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Wolfs mutmaßlich letzter Auftritt als Cheftrainer in Hamburg findet unter interessanten Voraussetzungen statt. Eintrittspreise auf Top-Niveau beim Zahnlos-Showdown zwischen Nichtaufsteiger HSV und Absteiger Duisburg.

Ein Spießrutenlauf für die gepeinigten Underperformer und ihren verunsicherten Trainer? Ein Abgang mit Schimpf, Schande und Parolen? Wohl eher nicht. Dafür sind die müden HSV-Anhänger mittlerweile viel zu zermürbt.

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