Entrüstung im Netz, ein aufgebrachter Bürgermeister und eine gespaltene Stadt: Olympique Marseilles Top-Transfer erhitzt die Gemüter. Mason Greenwood ist der wohl umstrittenste Spieler Europas und auch in Frankreich weiter Kritik ausgesetzt.
"Eine Schande", "Nicht akzeptabel", "Es ist unerträglich": Nicht die alltäglichen Probleme im von Kriminalität und sozialen Konflikten geprägten Marseille sorgen bei Bruno Payan, dem Bürgermeister, in diesem Sommer für Aufregung, sondern der Top-Transfer des Stadtklubs Olympique. Dieser könnte nämlich wohl kaum umstrittener sein. Der Verein, der als Heftpflaster große Teile der Stadt zusammenhält, ist die nächste Karrierestation von Mason Greenwood.
Auf dem Papier erschwinglich, moralisch umstritten
Objektiv ist der Transfer für den Verein ein Coup. Die Summe ist für einen Spieler vom Kaliber Greenwoods erschwinglich, der Stürmer wäre unter normalen Umständen für den Klub kaum erreichbar. Die Vorgeschichte des gerade 22-Jährigen drückt den Preis - und erhitzt bereits seit Jahren die Gemüter europäischer Fußballfans.
Greenwood stieg als Eigengewächs von Manchester United bereits mit 17 Jahren in den Kader der ersten Mannschaft auf. Dort machte er seinem Ruf als Riesentalent alle Ehre: Der beidfüßige Stürmer entwickelte sich schnell zu einem wichtigen Bestandteil vom Team unter Ole Gunnar Solskjaer und avancierte zum Star.
Anfang 2022 dann aber der Skandal: In sozialen Medien postete die damalige Partnerin Greenwoods belastendes Bild- und Videomaterial. Es folgten Festnahme und Anklage aufgrund des Verdachts der versuchten Vergewaltigung, Nötigung sowie Körperverletzung. Manchester United suspendierte den Stürmer und Greenwood sollte kein Spiel mehr für die Red Devils bestreiten. Im Februar 2023 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren nach zurückgezogenen Aussagen von Zeugen zwar ein, doch der öffentliche Druck ließ nicht nach.
Neubeginn bei Getafe
Nach einer internen Untersuchung entschied sich United Greenwood keine Zukunft in Manchester mehr bieten zu wollen. Die erste Lösung wurde eine Leihe nach Spanien. Beim FC Getafe fand Greenwood zumindest sportlich wieder voll in die Spur. In 32 Partien kam der Stürmer auf 16 Torbeteiligungen und brachte sich auf das Radar der europäischen Topklubs. Der Brite spielte sich aus den negativen Schlagzeilen hinaus - zumindest für den Moment.
Allen Leistungen und Lob in Spanien zum Trotz holte Greenwood die Welle der Empörung zum Ende seiner Leihe nämlich wieder ein. Eine Rückkehr nach England blieb durch eine Wand der Kritik versperrt. Doch Vereine wie Atletico Madrid, der FC Barcelona und Juventus sollen Interesse am Spieler gezeigt haben - das Rennen machte am Ende Olympique Marseille.
Greenwood spaltet die Stadt
Doch was für die Verantwortlichen ein großer Deal ist, sorgt bei den Fans für Widerstand. Bereits vor dem Transfer kursierte der Hashtag #GreenwoodNotWelcome in den sozialen Medien, Fangruppierungen und feministische Bündnisse protestieren. Sie befürchten Schäden am Ansehen sowie am gesellschaftlichen Engagement des Klubs.
Unter den Befürwortern Greenwoods in Marseille findet sich der neue Trainer Roberto De Zerbi - unabhängig jedweder Vorgeschichten. "Das Einzige, was ich sagen kann, ist, dass ich einen Spieler, der bei dem Verein unterschreibt, bei dem ich arbeite, als mein Kind betrachte", machte der Coach deutlich. "Ich beschütze ihn durch dick und dünn".
Auf dem Platz setzte der umstrittene Star zu Saisonbeginn dann auch sofort ein Ausrufezeichen. Beim 5:1-Sieg bei Stade Brest war er kaum zu stoppen und war mit zwei Toren und einer Vorlage der Matchwinner.
Den Zwiespalt der Anhängerschaft löst das jedoch nicht. Mason Greenwood bleibt der umstrittenste Fußballer Europas und ist in Marseille sowohl Hoffnungsträger als auch Persona non grata.
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