Toni Tomic blickt in seiner Kolumne auf die überraschende Tuchel-Entlassung zurück. Welches Vermächtnis hinterlässt er bei den Blues und wer übernimmt die Nachfolge?
Out of the Blue
Der Niedergang begann spätestens mit den Sanktionen gegen Roman Abramovich Ende Februar. Drei Tage später verlor Chelsea das Carabao Cup-Finale gegen Liverpool in einem epischen Elfmeterschießen. Was danach folgte, waren Wochen des Vakuums, gefangen in Sanktionen gegen den Klub, manövrierunfähig im Transfergeschehen, unsicher wie die Zukunft aussehen würde an der Stamford Bridge. Und eine weitere Niederlage gegen Liverpool im FA Cup-Finale. Wieder Elfmeterschießen.
Zwei Finalniederlagen als Hypothek
Der neue Besitzer Todd Boehly kam Ende Mai und die Last wich. Eine neue Ära sollte beginnen aber die Operative musste die Koffer packen. Marina Granovskaia, rechte Hand von Abramovich und Petr Cech mussten ihre Posten als Geschäftsführerin beziehungsweise Technische Direktorin räumen. Es blieb aus dem Triumvirat nur noch Thomas Tuchel. Bereits geschwächt im Prozess und der sportlichen Entwicklung inklusive der beiden Finalniederlagen.
Denn die Erfolgs-Garantie des Champions League-Triumphs 2021 war bereits weg mit Beginn des neuen Jahres 2022 als Toni Rüdiger und Andreas Christensen ihre auslaufenden Verträge nicht verlängern wollten. Zwei Eckpfeiler des sofortigen Triumphs unter Thomas Tuchel.
Negativtrend erkennbar
Allein die Zahlen sagen alles aus. In den ersten 50 Pflicht-Spielen unter Tuchel kassierten die Blues nur 24 Gegentore. In den nächsten 50 Spielen dann schon 53. Das 100. Pflichtspiel in Zagreb war zugleich das letzte für den Deutschen nach exakt 100 Tagen unter dem neuen Besitzer Todd Boehly.
Es war von allem zu viel. Zu viele Fehler, zu viele Niederlagen, zu viele Nebenschauplätze. Es brauche nicht viel, um Chelsea zu schlagen waren kürzlich die Worte des Trainers, der die Blues unschlagbar formte auf dem Weg zum Champions League Sieg 2021.
Durch seine bekannte Art, Spieler und Entscheidungen öffentlich zu kritisieren und seinen Wandel im Privatleben samt der Scheidung von seiner Ex-Frau Sissi und neuer Freundin ist er zum Gesprächsstoff in der Kabine geworden und hat diese auch bald verloren.
Boehly hätte Ronaldo gerne gesehen - Tuchel nicht
Wir wissen alle, was passiert wenn ein Trainer die Kabine im Fußball verliert. Er verliert seinen Job. Eine Frage der Zeit. Todd Boehly denkt als Amerikaner groß. Er hätte gerne Ronaldo verpflichtet. Tuchel legte sein Veto ein. Holte stattdessen seinen Ex- und Wunschspieler Aubameyang. Fragwürdig und viel zu spät.
Die Transferphase lief für Chelsea zudem unbefriedigend. Es dauerte zu lange mit den gewünschten Verpflichtungen. Die Saison lief, der Kader war geschwächt, Unzufriedene waren entweder weg (Lukaku und Werner) oder wollten weg (Pulisic und Ziyech) und der Einfluss von Tuchel schwand.
Die dritte Niederlage im siebten Pflichtspiel in Zagreb war das Ende. Das Ende einer kurzen, aber intensiven Ära. 19 Monate im Vollwaschgang. Seine Zeit und sein Name bei den Blues wird immer verbunden bleiben mit dem zweiten Champions-League-Sieg der Klubgeschichte.
Übernimmt Potter?
Er hat als Trainer gezeigt, dass er fachlich einer der Größten ist. Taktisch ein Meister. Die Wucht des Wandels hat ihn jetzt getroffen. Auch seines Wandels. Der Schmerz über die Trennung wird mit 13 Millionen Pfund Abfindung gelindert. Plus zwei Millionen für die Assistenten.
Er wollte das neue Chelsea mitgestalten. Jetzt scheint es wohl, Graham Potter zu machen. Von mir in der letzten Kolumne als einer der besten Trainer der Premier League geadelt.
The show must go on but thanks for the entertainment, Thomas Tuchel !