Sky Kommentator Toni Tomic blickt in seiner Kolumne auf Auferstehung von Manchester United, zwei starken Knipsern und verneigt sich vor Brighton and Hove Albion.
A brave new world
Noch vor drei Wochen war alles finster. Einem weiteren Untergang geweiht. 0-4 in Brentford vorgeführt worden. Der Trainer und seine Idee früh in Frage gestellt und Tabellenletzter. England hat über Manchester Utd. wieder einmal gelacht. Gespottet.
Und jetzt, vier Siege später lacht United. Das Erfolgsrezept liegt im Namen. United. Sie sind eine Einheit geworden. Von einer harten Hand Ten Hags angeleitet. Der erstmal Pragmatismus seiner Idee vorziehen musste. Und somit das Team für sich gewann.
Die harte Hand trifft große Namen, aber auch diese Namen sind Teil einer Mannschaft. Haben sie funktioniert als sie gespielt haben? Nein. Funktioniert es ohne sie? Ja. Der Reflex in Manchester, das Scheckbuch zu zücken ist sowohl im roten als auch im blauen Teil Standard geworden. Zumindest haben sie bei United erkannt, wo es leckt. Innenverteidigung, Außenverteidigung, defensives Mittelfeld, Flügel.
Positionen, die bis Sommer kaum internationale Klasse aufzuweisen hatten. Analysiert und auf Shoppingtour gegangen. Medienwirksam auch Beharrlichkeit gezeigt im Poker um 100-Millionen-Mann-Antony. Dass er gleich beim Premier-League-Debut traf, schreibe ich dem neuen Glück zu. Das sie für sich erzwungen haben.
Dünn ist die Linie bekanntlich im Fußball zwischen Glück und Pech, aber die letzten drei Wochen haben auch gezeigt, wie schnell es gehen kann im Fußball. Es ist noch nicht Zeit, die Champagnerkorken knallen zu lassen, denn von Champagnerfußball sind sie noch weit entfernt. Einstweilen heiligt der Zweck die Mittel. Vier Siege am Stück. A brave new world.
Steife Brise von der Küste
Ich verneige mich. Vor Graham Potter und vor Brighton and Hove Albion. Der Fußball, der Prozess, die Leichtigkeit, der Weitblick. Wo soll man anfangen, wo aufhören bei einem Klub, der den Big Guns der Liga zeigt, dass man nicht groß denken und kaufen muss, um groß zu werden. Und Leistungsträger wie Cucurella, Bissouma und Maupay für über 100 Millionen Pfund zu verkaufen und trotzdem so gut oder gar besser zu spielen als letzte Saison. Wow!
Der Trainer: auf verschiedenen Wunschlisten gestanden. Von Tottenham über ManUtd. bis englischer Fußballverband. Geblieben, weil er noch nicht fertig ist. Aus der vierten schwedischen Liga in die Top5 der Premier League in neun Jahren.
Glänzendes Scouting, taktische Variabilität und off-field seine Spieler fördern und fordern. Die Grenzen nicht nur fußballerisch verschieben, sondern auch mental. Das ist ganz große Kunst. Respekt haben sie alle vor den Seagulls, auch die Großen der Liga. Weil sie sehen, dass auch andere Wege nach Rom führen. Nicht nur arabische oder amerikanische Millionen. Graham Potter sei Dank, dass diese Liga ihr gallisches Dorf hat.
Ivan, der Schreckliche und Alexander der Große
Ich möchte hier auch mal eine Lanze brechen für all diejenigen, die im Schatten der medientreuen Namen stehen. Wir alle bewundern sie gerne. Die Haalands, die Salahs, die de Bruynes, die Kanes oder die Ronaldos. Oder…
Aber was Ivan Toney und Aleksandar Mitrovic für Brentford bzw. Fulham seit zwei Jahren leisten, ist ganz großer Sport. Sechs Spieltage sind gespielt, Toney traf mit Leichtigkeit gegen Leeds am Wochenende dreimal. Mitrovic gegen Tottenham, davor schon gegen Arsenal und Liverpool. Eigentlich laufend. Stürmer, auf ihre jeweilige Art und Weise so verschieden, aber die Go-to-Guys ihrer Teams.
Toney ist für mich sogar ein potentieller Kandidat für die "Three Lions" als WM-Fahrer. Hinter oder neben Kane sehe ich derzeit keinen besseren englischen Stürmer. Mitrovic hat bewiesen, dass er nicht nur Championship kann. Ein klassischer "Fox in the Box". Zwei Jungs, die mit ihrer Unbekümmertheit bislang die großen Nebendarsteller der Saison sind. Obwohl sie "nur" bei "kleinen" Klubs spielen. Aber wie!
