Sky Premier-League-Experte Rene Adler nimmt in seiner Kolumne die spannendsten Themen der Insel unter die Lupe. In der dritten Ausgabe analysiert er Manchester City und Liverpool vor dem Gipfeltreffen und gibt eine Prognose ab.
Das Spiel der Spiele, das ja schon die letzten Jahre in der Premier League ein bisschen geprägt hat: Tabellenerster gegen Tabellenzweiter! Manchester City empfängt den FC Liverpool im Etihad Stadium. Die besten englischen Mannschaften der letzten Jahre (mit wenigen Ausnahmen) im direkten Duell (Samstag ab 13 Uhr live und exklusiv auf Sky Sport Premier League).
Hut ab, wie Jürgen Klopp und die Reds es geschafft haben, aus einer schwächeren und von Verletzungen geprägten Phase zurückzukommen und mitten im Umbruch wieder an zweiter Stelle stehen. Kloppo ist wahrlich ein Meister, aus den gegebenen Umständen das Beste draus zu machen. Seit Jahren werden ihm Knüppel zwischen die Beine geworfen, die man nicht beeinflussen kann. Dazu zählt in dieser Saison beispielsweise die langwierige Verletzung von Andy Robertson oder das Entführungsdrama um die Eltern von Luis Diaz. Da muss man sagen: Chapeau. Klopp ist ein Meister im Umgang mit Lebenssituationen. Das überträgt sich auch auf die Mannschaft - das imponiert mir schon.
Während die Reds das Momentum vermeintlich auf ihrer Seite haben, ist City beim 4:4-Spektakel an der Stamford Bridge ungewöhnlich fahrig gewesen. Das kann Pep Guardiola nicht gefallen haben, nachdem er mit den Skyblues in der Champions League alles dominiert und auch die kleine Schwächephase (Niederlage im League Cup in Newcastle und in der Liga bei den Wolves scheinbar überwunden hatte. Er will Kontrolle und die hatten sie über das gesamte Chelsea-Spiel gesehen überhaupt nicht.
Diese beiden Momenti sind nun aber durch die Länderspielpause durchbrochen worden. Es geht quasi bei Null los! So ein Spiel dann auf Samstag 13:30 Uhr zu legen? Da weiß ich auch nicht, was sich die Premier League denkt. Für alle ist das eine Zeit, wo du dich fragst: Warum?
Torwart, Abwehr, Mittelfeld, Sturm, Coaches im Check
Aber gut, ist jetzt so: Nehmen wir die einzelnen Mannschaftsteile genauer unter die Lupe. Wer hat wo die Nase vorn?
TOR: Mit Ederson und Alisson stehen sich zwei Weltklasse-Torhüter gegenüber. Beide sind unterschiedlich - der City-Keeper ist einen Tick mehr in das Spiel eingebunden und kann den Ball wie ein Zehner mit seinem herausragenden linken Fuß über die Kette legen - das ist natürlich eine Waffe, um hochpressende Mannschaften zu knacken. Auch Alisson kurbelt die Offensive gerne an und hat auch schon Tore vorbereitet - allerdings schlägt der Liverpool-Schlussmann den Ball dann im Gegensatz zu Ederson eher aus der Hand. Beide Keeper können Spiele gewinnen, sind im letzten Jahr aber auch für den einen oder anderen Patzer gut gewesen.
Eine Entscheidung? Schwierig. Ich persönlich war von der Spielweise her vielleicht näher an Alisson, hätte aber gerne den Schlag von Ederson gehabt. Ich wünschte, ich wäre ein Mix aus beiden gewesen - daher ein Punkt für beide Teams. 1:1
ABWEHR: Bis zum 4:4 beim FC Chelsea hatte City die beste Abwehr der Premier League. Ich gebe hier trotz des Ausrutschers eindeutig den Skyblues den Punkt. Ruben Dias ist ein Zweikampfmonster und immer wieder für ein Tor gut. Manuel Akanji hatte unmittelbar nach seinem Wechsel vom BVB einen Wert für die Truppe. Ich finde es bemerkenswert, wie er ankam und direkt Stammspieler war. Auf einer Position, die für den Spielaufbau der Cityzens enorm wichtig ist.
Dazu hat Guardiola jetzt auch noch mit Josko Gvardiol einen Defensivspezialisten bekommen, der alles mitbringt: Er ist Linksfuß, schnell, robust hat ein super Aufbauspiel und kann sich nach vorne einschalten. Das Ganze wird mit Kyle Walker garniert, der trotz höheren Fußballer-Alters Fehler mit seiner Schnelligkeit wettmachen kann und aufgrund seiner Mentalität so wichtig für diese Mannschaft ist.
Die Liverpool-Defensive um Virgil van Dijk hat sich zwar stark stabilisiert, der Nimbus "Heute, wenn ich nicht einen absoluten Sahnetag habe, wird es schwer, einen Zweikampf gegen ihn zu gewinnen", ist aber aufgrund der Vorsaison angekratzt. Das erarbeitet sich der Niederländer gerade erst wieder zurück. 2:1
MITTELFELD: Da brauchen wir gar nicht reden: City - allein schon aufgrund der Personalie Rodri. Es wird ja immer so viel von Holding Six gesprochen: Um am Ende auf Top-Niveau richtig erfolgreich spielen zu können, brauchst du einen körperlich starken und präsenten Sechser, der die Löcher stopft, die Abwehr unterstützt, wenig Fehler macht, positionstreu ist und eine gute Entscheidungsfindung hat. Da hat Rodri das beste Gesamtpaket auf der ganzen Welt. Zu allem Überfluss macht er auch noch die entscheidenden Tore. Dazu haben sie weitere Spieler mit besonderen Fähigkeiten für Zeit und Raum (zum Beispiel Bernardo Silva, John Stones und Julian Alvarez), die von Guardiola auf mehrere Positionen gestellt werden können.
Liverpool hat zwar mit Alexis MacAllister einen Weltmeister verpflichtet und dazu Dominik Szoboszlai aus Leipzig geholt, aber mit Fabinho,"Radio" Jordan Henderson und auch James Milner natürlich unglaublich viel Qualität und Erfahrung verloren. Die fehlen ein Stück weit im Spiel des LFC. Andere müssen erst einmal in diese Rolle schlüpfen. Das geht natürlich nicht von jetzt auf gleich und dennoch stehen sie dafür tabellarisch richtig gut da. 3:1
STURM: Jeremy Doku und Phil Foden sind einfach ICEs und werden wahrscheinlich gegen Trent Alexander-Arnold und Kostas Tsimikas die Schlüssel-Duelle bilden. Dazu haben sie noch den verrückten Norweger im Sturm.
Und dennoch möchte ich auch Liverpool hier einen Punkt geben. Diogo Jota ist ein Schlitzohr, hat den richtigen Riecher, die technischen Fähigkeiten und trotz seiner Größe einen unglaublich guten Kopfball. Über Mohamed Salah brauchen wir gar nicht erst reden - eine absolute Legende. Und dazu Darwin Nunez, der sich da vorne ein bisschen freigeschwommen hat und mit Salah und Jota ein wenig die Reinkarnation der "Fab Three" zelebriert. Mir macht das Trio Spaß. Sie versuchen, das neue starke Trio zu werden. Allerdings bleibt abzuwarten, wie lange Liverpool den Abwerbungsversuchen aus Saudi-Arabien für Salah widerstehen kann beziehungsweise will. Dennoch Punkt für beide. 4:2
COACH: Guardiola und Klopp sind ohne Frage die prägenden Trainer der letzten Jahre. Sich hier festzulegen, ist schwierig. Daher muss man differenzieren. Sind es die sportlichen Erfolge gemessen an Meisterschaften und Pokale? Guardiola. Ist es die Emotionalität und die Fußballromantik? Klopp. Weil der Liverpool-Coach ein deutscher Trainer ist, bekommt er den Punkt. Rein subjektiv, emotional und mit einem zwinkernden Auge betrachtet - ein bisschen Spaß muss sein. Endstand 4:3 City.
Die Sky Prognose
Trotz des vermeintlichen City-Vorsprungs ist es brutal schwer, Prognosen für das Spiel der Spiele abzugeben. Die Skyblues im eigenen Stadion? Eine schwierige Aufgabe. Aber die Partie - das hat die Vergangenheit ja gezeigt - ist immer für eine Überraschung gut. Ich hoffe, dass wir viele Tore sehen und gehe mal auf ein 3:2 für Manchester City - aber eigentlich sollte ich nach meiner Tottenham-Prognose (Platz 9 vor der Saison) nicht mehr tippen dürfen…
Mehr zu den Autoren und Autorinnen auf skysport.de
Alle weiteren wichtigen Nachrichten aus der Sportwelt gibt es im News Update nachzulesen.