WM 2018: Die Gründe für das deutsche Debakel - und die Folgen

Von Sky Sport

Image: Marco Reus, Thomas Müller, Leon Goretzka und Julian Brandt sitzen nach dem 0:2 gegen Südkorea enttäuscht auf der Bank.

Aus in der Vorrunde. Das gab es in der WM-Geschichte der deutschen Nationalmannschaft noch nie. Wer trägt die Schuld? War es das für Jogi Löw? Sky Sport nennt die Gründe für das deutsche WM-Debakel und zählt die möglichen Konsequenzen auf.

Der Capitano brachte es auf den Punkt. "Mit einer schlechten Mannschaft kann man immer früh ausscheiden, aber nicht mit einer Mannschaft wie dieser", schrieb Michael Ballack nach dem historischen und blamablen WM-Aus auf Twitter.

"Führung? Persönlichkeit? Mentalität?", fragte der ehemalige DFB-Kapitän auf Englisch und forderte eine "ehrliche Bewertung". Die größte Blamage in der Geschichte der deutschen Nationalmannschaft muss und wird aufgearbeitet werden.

DIE GRÜNDE:

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Keine Form:

"Das letzte Spiel, das wir überzeugend abgeliefert haben, war im Herbst 2017", sagte Mats Hummels nach dem 0:2 gegen Südkorea im ZDF. Im September gewann das DFB-Team in der WM-Quali 2:1 in Tschechien und 6:0 gegen Norwegen. Seitdem gab es - abgesehen vom 1:1 gegen Spanien - nur enttäuschende Auftritte. "Wir haben in keinem Spiel überzeugt. Das ist bitter und erbärmlich", sagte Kapitän Manuel Neuer.

WM 2018: Deutschland gegen Südkorea in der Einzelkritik

Historische Blamage! Zum ersten Mal ist die deutsche Nationalmannschaft bei einer WM in der Vorrunde ausgeschieden. Beim 0:2 gegen Südkorea erreichte kein Spieler des DFB-Teams Normalform.

Keine Mannschaft:

In der WM-Vorbereitung sollte die Mannschaft zu einer Einheit werden. Dafür hatte sich der DFB eigens den Hashtag #zsmmn ausgedacht. Doch es blieb beim Marketing-Slogan. Die Mannschaft war keine Einheit. Auf dem Platz wurde gestritten, schon beim 0:1 gegen Mexiko. Angeblich rauften sich danach alle zusammen - gegen Südkorea war davon aber nichts mehr zu sehen.

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Keine Führung:

Außer Neuer, der nach seinem Mittelfußbruch auf den Punkt fit war, erreichte keiner der Weltmeister von 2014 seine Normalform, allenfalls noch Mats Hummels im Spiel gegen Südkorea. Toni Kroos glänzte nur mit seinem Geniestreich gegen Schweden, Özil, Thomas Müller und Sami Khedira waren Totalausfälle. Auch die DFB-Führung hat versagt. Der Umgang mit der Erdogan-Affäre war - gelinde gesagt - unglücklich.

Historische Blamage! Zum ersten Mal ist die deutsche Nationalmannschaft bei einer WM in der Vorrunde ausgeschieden. Beim 0:2 gegen Südkorea erreichte kein Spieler des DFB-Teams Normalform.
Bundestrainer Joachim Löw hatte die deutsche Elf gegenüber dem 2:1 gegen Schweden auf fünf Positionen umgestellt.
Ungewohnte Perspektive: Thomas Müller musste sich das Spiel von der Bank aus ansehen. Auch nach seiner Einwechslung konnte er das deutsche Debakel nicht verhindern. Die deutschen Spieler in der Einzelkritik.
Manuel Neuer: Ungewohnte Unsicherheit beim Flatter-Freistoß von Jung (19.), als er den Ball prallen ließ und mit der Faust klärte. In Hälfte eins kaum beschäftigt, nach dem Wechsel musste er mehrmals weit raus. Verlor den Ball vor dem 0:2. NOTE: 4
Joshua Kimmich: In der Defensive kaum gefordert, in der Offensive konfus, seine Hereingaben fanden fast nie die Mitspieler. Nach dem Mexiko-Spiel noch eine total enttäuschende Vorstellung . NOTE: 5
Niklas Süle: Sicherer Vertreter des gesperrten Boateng, harmonierte wie beim FC Bayern mit Hummels und ließ nichts anbrennen. Mehr aber auch nicht. NOTE: 4
Mats Hummels: Souveräner Auftritt in der Abwehr, aber er vergab zweimal den möglichen Führungstreffer. In der 39. Minute hätte er nach einer Einzelaktion fast das 1:0 erzielt, in der 87. vergab er eine Top-Kopfballhance. NOTE: 4
Jonas Hector (bis 78.): Der Kölner wurde hinten kaum gefordert und hatte viele Freiheiten auf der linken Seite und spielte einen sehr offensiven Part. Er nutzte seine Räume nicht und ihm fehlte die Durchschlagskraft. NOTE: 5
Sami Khedira (bis 58.): Gegen Schweden nach seiner schwachen Leistung gegen Mexiko nur Zuschauer, gegen Südkorea rückte er wieder an die Seite von Toni Kroos. Ein ganz fahriger Auftritt mit vielen Ballverlusten und Fehlpässen. Ungenügend. NOTE: 6
Leon Goretzka: (bis 63.): Stand etwas überraschend in der Startelf, ersetzte rechts den zuletzt glücklosen Müller. In seinem ersten WM-Spiel agierte er nervös. Hatte mit seinem Kopfball (47.) die beste Chance, doch er vergab freistehend. NOTE: 5
Toni Kroos: Der Held des Schweden-Spiels konnte der Partie zu keiner Zeit seinen Stempel aufdrücken. Für seine eigenen hohen Ansprüche viel zu wenig. Zu allem Übel kam von ihm auch noch der Ball zum 1:0 der Südkoreaner. NOTE: 5
Mesut Özil: Nachdem er gegen Schweden zum ersten Mal seit 2010 in einem Turnierspiel pausieren musste, bekam er vom Bundestrainer eine zweite Chance. Doch wieder blieb er alles schuldig. NOTE: 5
Marco Reus: Vom Dortmunder war nach seinen guten Leistungen in den ersten beiden Spielen fast nichts zu sehen. Bis auf einen Schuss in der 83. Minute fehlte der 'Rakete' die Zündung. NOTE: 5
Timo Werner: Der Leipziger war sehr bemüht, aber ihm gelang nichts. Ein Volleyschuss in der 51. Minute war noch seine beste Szene, sonst blieb er ungefährlich. NOTE: 5
Mario Gomez (ab 58.): Der Stuttgarter sollte das Tor erzwingen, egal wie. Aber auch er brach den Bann nicht. Haute sich rein, vergab per Kopf (68.). NOTE: 5
Thomas Müller (ab 63.): Der WM-Torschützenkönig von 2010 stand erstmals seit dem EM-Halbfinale 2012 bei einem Turnier nicht in der deutschen Startelf. Präsentierte sich nach seiner Einwechslung ebenso von der Rolle wie in den Spielen zuvor. NOTE: 5
Julian Brandt (ab 78.): Der Leverkusener kam zu seinem dritten Joker-Einsatz, hatte auch den Willen, aber er hatte kein Glück. Ohne Note.

Störfeuer durch Erdogan-Affäre:

Die Bilder von Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan und das folgende Echo haben die Mannschaft beschäftigt und auch belastet. Das gab Neuer im Trainingslager in Eppan zu. Gündogan weinte nach den Pfiffen in Leverkusen beim Spiel gegen Saudi-Arabien, Özil, der sich nie zu dem Thema äußerte, wirkte gegen Mexiko und Südkorea wie ein Schatten seiner selbst.

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Keine Einstellung, kein Plan:

"Wir hatten die Möglichkeit, selber wieder Geschichte zu schreiben. Das haben wir nicht mit einer 100-prozentigen Bereitschaft angenommen. Das ist der ausschlaggebende Punkt", sagte Neuer. "Ich hatte das Gefühl, dass vor dem Mexiko-Spiel eine Selbstherrlichkeit vorhanden war, dass man auf Knopfdruck reagieren könne", meinte Löw.

Stimmen: Löw schließt Rücktritt nicht aus

Das Unfassbare ist passiert: Zum ersten Mal in der 84-jährigen WM-Geschichte scheitert eine DFB-Elf in der Vorrunde. Sky Sport fasst die Stimmen nach dem peinlichen 0:2 gegen Südkorea zusammen.

Der Bundestrainer konnte die Fehler, die sich bereits in der Vorbereitung abgezeichnet hatten, nie abstellen. Im deutschen Spiel fehlte es an Tempo - und vor allem an Ideen in der Offensive. Nur zwei Tore in drei Spielen, nur eins aus dem Spiel heraus. Diese Bilanz sagt alles.

Nach dem 2:1 gegen Schweden wechselte Löw auf fünf Positionen. Zwei davon wegen Boatengs Sperre und Rudys Verletzung, aber die restlichen Wechsel schienen die Mannschaft eher zu verwirren.

DIE KONSEQUENZEN

Tritt Löw zurück?

"Ich bin der Erste, der sich hinterfragen muss, welche Dinge schief gelaufen sind", sagte der Bundestrainer im ZDF. Für eine Entscheidung braucht er noch Zeit. "Da muss ich auch mal eine Nacht drüber schlafen, denn das ist zu früh für mich. Morgen muss man dann mal Gespräche führen und sehen, wie es weitergeht."

Kommentar: Löw wird seine eigenen Interessen zurückstellen!

Die deutsche Nationalmannschaft scheidet bei der WM bereits in der Vorrunde aus. Nach dem Desaster steht fest: Es müssen Veränderungen her. Ein Kommentar von Dominik Böhner.

Wer könnte Löw ablösen?

Jürgen Klopp hat mit Liverpool noch viel vor, Thomas Tuchel hat gerade erst in Paris angefangen. Wer könnte für den Fall, dass Löw hinschmeißt, der Nachfolger sein? Ein möglicher Kandidat wäre Matthias Sammer. Der ehemalige BVB-Trainer und DFB-Sportdirektor ist nah dran an der Bundesliga und kennt die Strukturen des DFB. Er wäre auch der richtige Mann, um die dringend erforderlichen Verbesserungen in der Nachwuchsarbeit anzuschieben. Allerdings müsste Sammer für den Bundestrainer-Posten wohl seinen Berater-Job bei Borussia Dortmund aufgeben.

Bierhoff musss WM-Aus erst in Ruhe aufarbeiten

Welche Spieler werden aufhören?

Für Sami Khedira (32) und Mario Gomez (32) war die WM wahrscheinlich das letzte Turnier, auch Neuer ist 32, hat aber kürzlich erklärt, er wolle noch Europameister werden. Mats Hummels, Jerome Boateng und Mesut Özil sind alle 29, doch während Hummels und Boateng bei einem Neuaufbau Führungsrollen übernehmen könnten, scheint Özils Zeit im DFB-Team abgelaufen zu sein. Wenn Thomas Müller (28) wieder zu seiner alten Form findet, kann auch er noch eine wichtige Rolle spielen.

Bestes Bild, beste Stimme, beste Spiele

Gestochen scharf durch das Sport-Highlight des Sommers: Erstmals in Deutschland überträgt Sky 25 Spiele der FIFA WM 2018 in Russland live und in Ultra HD.

Wer rückt nach?

Timo Werner, Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Niklas Süle und Julian Brandt waren die jüngsten Spieler im deutschen WM-Kader. Ihnen gehört die Zukunft. Leroy Sane, den Löw aus dem vorläufigen Kader strich, kommt dazu, genau wie Jonathan Tah und Serge Gnabry. Von den U21-Europameistern 2017 könnte noch der Berliner Niklas Stark den Sprung ins DFB-Team schaffen.