Hazard und der Dominoeffekt
06.09.2023 | 18:40 Uhr
Dortmunds Thorgan Hazard steht unmittelbar vor einem Wechsel zum RSC Anderlecht. Ein Risiko für die Borussia, meint Sky Reporter Jesco von Eichmann. Ein Kommentar.
Der BVB geht bei der Kaderzusammenstellung ins Risiko. Warum hat Borussia Dortmund Thorgan Hazard jetzt noch verkauft?
Der Buchhalter sagt sofort: Super Deal. Der Belgier spielte beim BVB keine sportliche Rolle mehr - nur noch auf der Payroll. Und da hat er mit ca. fünf Millionen Euro einen ordentlichen Batzen mitgenommen. Einen Batzen, den sich der BVB jetzt sparen kann. Samt Ablöse landen also knapp zehn Millionen Euro in der Kasse. Klingeling.
Der Belgier kam 2019 als Offensiv-Versprechen aus Gladbach - mehr als ein paar gute Spiele sind von ihm aber nicht in Erinnerung. Daher könnte aus der finanziellen Sicht der alte Calmund-Spruch passen: "Briefmarke auf den Arsch und weg. Geld gespart. Alles gut."
Ein Blick auf den Dortmunder Kader lässt aber sportlich auch eine andere Interpretation zu. Kommt es zu einem Ausfall in der Defensive, könnte das Kader-Konstrukt schnell ins Wanken kommen. Ein Domino Effekt droht.
Denn mit Hazard verliert Borussia Dortmund einen polyvalenten Spieler, der auch eine Lücke hätte schließen können, die offen klafft: linker Verteidiger. Ramy Bensebaini ist dort gesetzt - Julian Ryerson sein Ersatzmann. Der Isländer wird aber auch auf der rechten Seite dringend benötigt, wie die letzten Spiele mehr als deutlich gezeigt haben. Und ein Comeback von Thomas Meunier, der ebenfalls ein Abgangkandidat war, ist nicht abzusehen.
Hazard als linker Verteidiger? Absolut keine Traumlösung. Hazard ist kein Startelfkandidat und hätte es sogar schwer, in den Spieltagskader zu kommen.
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Aber er hätte für diese Saison ein - wenn auch teurer - Back-up sein können. Einer, der das spielen kann, wenngleich er eigentlich lieber von der Mittellinie aus nach vorne denkt, als sich in der Nähe des eigenen Strafraums aufzuhalten.
Sicher, es gibt mit Nico Schlotterbeck noch einen "kann-das-spielen"-Spieler. Aber der wird dringend in der Innenverteidigung gebraucht. Denn da gibt es auch nur drei echte Facharbeiter - Schlotterbeck eingerechnet.
Guille Bueno aus der zweiten Mannschaft des BVB durfte in der Vorbereitung das ein oder andere Mal beim A-Team hospitieren. Auf höchstem Niveau konnte sich der spanische Linksverteidiger aber noch nie beweisen.
Wenn es schlecht läuft, könnte mit einem Ausfall im Defensivverbund dieser Domino-Effekt ins Rollen kommen, der gerade Trainer Terzic vor große Herausforderungen stellen könnte.
Besonders der Zeitpunkt des Hazard Abgangs überrascht. Bis vergangene Woche hätte ein Verkauf Sinn ergeben - und wurde auch dem Spieler nach Sky Informationen so mitgeteilt: Passt alles, geben wir dich ab. Vor dem Deadline Day hätten Sebastian Kehl und Co. dann noch einmal schauen können, ob sie mit dem freigewordenen Hazard-Gehalt und der -Ablöse vielleicht den ein oder anderen besseren Back-up hätten finden können.
Aber jetzt schränken sich die sportlich Verantwortlichen beim BVB mit dem Hazard-Verkauf defensiv weiter ein. Nicht zu verachten ist auch die emotionale Komponente.
Viele Fans sind gerade mit der Kaderzusammenstellung nicht zufrieden. Sie fürchten um die Wettbewerbsfähigkeit ihres geliebten Klubs und dass die ungeliebten, konzernfinanzierten Kicker aus Leipzig und Leverkusen am auch mal konservativ rechnenden und traditionsbewussten BVB vorbeiziehen.
Auch wenn Hazard bei ihnen kaum einen großen Platz im Fan-Herzen hatte - wenn es links hinten Not gibt, dann wird sich auch auf der Süd der ein oder andere fragen: Warum haben wir den Hazard eigentlich noch abgegeben?
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