Simon Ernst wechselt zur Saison 2021/22 zum SC DHfK Leipzig. Der Verein bekommt mit ihm nicht nur einen Europameister, sondern auch einen Spieler, der bereits viele Tiefen in seiner Karriere erlebt hat und sich nach schweren Verletzungen immer wieder zurückkämpfen musste. Sky beleuchtet den Transfer.
Seit Dezember 2020 war klar, dass Simon Ernsts 2021 auslaufender Vertrag bei den Füchsen Berlin nicht verlängert werden würde. Grund dafür sei laut Geschäftsführer Bob Hanning und Sportvorstand Stefan Kretzschmar unter anderem die "wirtschaftliche Situation", die den Vereinen durch die Corona-Pandemie zu schaffen macht.
Zwei Kreuzbandrisse in kürzester Zeit
Ernst war zur Saison 2018/19 aus Gummersbach nach Berlin gekommen. Als großes deutsches Talent, als Europameister von 2016 - und als Spieler, der bereits schwere Knieverletzungen erlitten hatte. Innerhalb von zwei Jahren, im Juni 2017 und im Februar 2018, riss er sich das Kreuzband und musste sich zwei Mal zurückkämpfen. Dieser Ehrgeiz und dieser Wille sind bewundernswert - und doch sagte Ernst selbst nach seinem 2. Kreuzbandriss gegenüber der Aachener Zeitung: "Das war meine zweite schwerwiegende Verletzung und ich weiß: Das muss die letzte gewesen sein."
Karriereende im Bereich des Möglichen
Bereits damals befand sich ein Karriereende im Bereich des Möglichen. Aber Ernst fightete und stand wieder auf der Platte - bis er sich im Oktober 2019 erneut das vordere Kreuzband riss. Zum dritten Mal im rechten Knie. Für Bob Hanning war es "zweifelsohne mein traurigster Tag als Geschäftsführer".
Doch auch nach diesem Rückschlag kam Ernst zurück und feierte sensationell ein erneutes Comeback. Meistens kam der Rückraumspieler in seinen 25 Ligaspielen für Kurzeinsätze von der Bank, bewies aber nicht zuletzt beim 28:25 (14:12)- Sieg der Füchse gegen GWD Minden am 21. Spieltag - als vier Leistungsträger ausfielen -, wie wichtig er für seine Mannschaft sein kann.
Leipzig als neue Chance
Jetzt also Leipzig. Vorerst für ein Jahr, allerdings mit einer Option auf ein weiteres. Cheftrainer Andre Haber ist beeindruckt vom Neuzugang: "Dass Simon immer noch Bundesligahandball spielt, zeigt seine beeindruckende Einstellung zum Leistungssport und seinen herausragenden Charakter", so der Coach auf der Vereinshomepage.
Er soll vor allem helfen, die restlichen Nationalspieler zu entlasten und die durch Philipp Webers Abgang zum SC Magdeburg entstandene Lücke schließen. Zudem ist angedacht, dass er Luca Witzke auf der Spielmacher-Position unterstützt. Außerdem kann er dem "Innenblock noch mehr Optionen" geben, wie Geschäftsführer Karsten Günther ergänzt.
Hält sein Knie, ist Simon Ernst für jede Mannschaft zweifelsohne eine Unterstützung. Und doch stellt sich die Frage, ob das Verletzungspech erneut zuschlägt. Bei einer vierten schweren Knieverletzung wäre das Karriereende so nah wie nie. Ernst selbst zeigt sich zumindest auf dem Spielfeld unbeeindruckt von solchen Gedankenspielen und stellt sich zuletzt immer wieder in den Dienst der Mannschaft, sei es als Unterstützung von der Bank aus oder während seiner Einsätze.
Risiko ist immer vorhanden
Es wäre ihm zu wünschen, dass der erst 27-Jährige in Leipzig sein ungemeines Talent noch einmal uneingeschränkt zeigen und sich in seiner dortigen Zeit ganz auf das Handballspielen konzentrieren kann. Die Vorgeschichte zeigt, dass im Profi-Sport im Endeffekt nichts wirklich planbar ist, wenn Verletzungen Mannschaften, Verträge und ganze Karrieren beeinflussen und auf den Kopf stellen können.
Daher ist Leipzigs Einjahresvertrag mit einer Option auf ein weiteres aus zweierlei Sicht das richtige Signal: Einerseits an Ernst, weil Leipzig trotz der vielen Rückschläge an seine Qualitäten und sein Talent glaubt und in ihm eine Unterstützung für die hochgesteckten Ziele des Vereins sieht. Andererseits für den Verein, der sich des Risikos bewusst ist und auf diese Weise kurzfristig reagieren kann. Sicherlich ist es ein Risiko - aber dieses könnte sich auszahlen.