Handball-WM 2019 in Deutschland & Dänemark
24.01.2019 | 11:33 Uhr
"Riesenschock", "ganz schlimm", "tragisch": Martin Strobel hat sich das Kreuzband gerissen. Für den Spielmacher der deutschen Handballer endete eine bislang märchenhafte WM mit einem Albtraum. Die Mannschaft will nun "für ihn" siegen.
Martin Strobel reckte den Daumen in die Höhe. Doch das Lächeln wirkte gequält, als der Spielmacher in den frühen Morgenstunden das Teamhotel der deutschen Handballer verließ. Kreuzband-OP statt WM-Halbfinale - während in Deutschland endgültig die Handball-Euphorie ausbrach, endete Strobels WM-Märchen auf tragische Art und Weise.
Kurz vor seiner Abreise hatte sich Strobel beim nächtlichen Bankett mit einer emotionalen Rede verabschiedet. Nicht bloß seine Mitspielern standen die Tränen in den Augen. "Das war für mich einer der bewegendsten Momente, die ich im Sport erlebt habe", sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning.
Auch Bundestrainer Christian Prokop war tief beeindruckt von Strobels "starkem Zeichen. Er hat sich trotz der schlimmen Diagnose vor die Truppe gestellt und sich für die geile Zeit bedankt. Das ist absolute Größe in diesem schweren Moment." Prokop, sichtlich mitgenommen von der schweren Verletzung seines Spielgestalters, versprach: "Wir wollen für ihn fighten und spielen jetzt auch für ihn."
Schon von der Halbfinal-Sause am späten Montagabend mit fast 20.000 euphorisierten Fans in der Kölnarena hatte Strobel nichts mehr mitbekommen. Beim Abpfiff der Partie gegen Kroatien (22:21) lag der Europameister von 2016 längst im sieben Kilometer entfernten Krankenhaus Merheim in der Röhre. Schnell wich die böse Vorahnung der traurigen Gewissheit: Kreuz- und Innenbandriss im linken Knie. Turnier-Aus.
"Ich glaube an diese Mannschaft und wünsche den Jungs für das weitere Turnier, dass sie ihren Weg gehen", ließ Strobel via Verbandsmitteilung ausrichten, bevor er das deutsche Team-Quartier am Rhein verließ. "Martin hat die Nationalmannschaft mit großem Einsatz auf den Weg gebracht. Dafür sind wir ihm sehr dankbar", sagte Prokop und nominierte den Lemgoer Youngster Tim Suton nach. Der 22-Jährige wird bereits im abschließenden Hauptrundenspiel gegen Europameister Spanien am Mittwoch (20.30 Uhr) auflaufen.
Strobels bis dahin märchenhaftes Turnier endete nach wenigen Minuten des Kroatien-Spiels dagegen abrupt. Der 32-Jährige ging wie gewohnt mit voller Wucht in einen Zweikampf, setzte zum Wackler an - und verdrehte sich dabei das linke Knie. In der Halle war es plötzlich mucksmäuschenstill, Prokop schlug an der Seitenlinie die Hände vors Gesicht. "Es war ganz schlimm, als man ihn auf die Trage gehoben hat, weil er vor Schmerzen geschrien hat", sagte der Bundestrainer.
Für das deutsche Team ist der Ausfall Strobels besonders bitter. Der Rückraumspieler vom Zweitligisten HBW Balingen-Weilstetten, der erst im Herbst von Prokop für die Nationalmannschaft reaktiviert worden war, gehörte im bisherigen Turnierverlauf zu den Leistungsträgern. Er galt im Angriffsspiel als verlängerter Arm des Bundestrainers und setzte seine Mitspieler in Szene. Im Vorrundenspiel gegen Frankreich glänzte der verlässliche Zuarbeiter sogar als bester Torschütze.
Strobels Teamkollegen wie Abwehr-Stratege Hendrik Pekeler oder Rechtsaußen Patrick Groetzki sprachen von einem "Riesenschock", der schwer zu verdauen sei. Und Torhüter Andreas Wolff meinte treffend: "Wir verlieren nicht nur einen hervorragenden Spielmacher, sondern einen hervorragenden Menschen. Ich hoffe, dass wir für ihn den Titel holen können." (sid)