Alfred Gislason geht, Filip Jicha übernimmt: Der Erfolgstrainer des THW Kiel gibt die Zügel an seinen Ex-Spieler und Co-Trainer ab. Der Tscheche war in seiner aktiven Karriere ein Weltstar. Aber kann er auch als Cheftrainer des Rekordmeisters überzeugen?
Als Spieler war Filip Jicha ohne Frage ein Ausnahmekönner. Welthandballer wird man schließlich nicht ohne Grund. Der zweimalige Champions-League-Sieger prägte bis vor einigen Jahren das Spiel des THW Kiel, ging immer als Leader voran. Er war Teil der Sensations-Mannschaft, mit der dem THW die unglaubliche 68:0-Punkte-Saison 2011/12 gelang und holte in derselben Spielzeit das Triple mit dem Verein - ein historischer Erfolg.
Doch Filip Jicha ist keiner, der viel Aufhebens um vergangene Erfolge macht. Sein Blick geht vielmehr in die Zukunft: auf seine erste Saison als Cheftrainer des großen THW. Sein alter und neuer Verein hatte in der jüngeren Vergangenheit mehr zu kämpfen als zuvor. Nachdem Kiel bis zur Saison 2014/15 jahrelang Abonnement-Meister in der Handball-Bundesliga war, musste der Klub in den letzten vier Jahren immer anderen Mannschaften den Vortritt lassen. Zweimal holten sich die Rhein-Neckar Löwen den Titel, zuletzt durfte die SG Flensburg-Handewitt zweimal jubeln.
Die Schale soll wieder an die Kieler Förde
Und obwohl die Abschieds-Saison von Erfolgstrainer und Vereinskoryphäe Alfred Gislason mit den Siegen im DHB-Pokal und im EHF-Cup durchaus positiv endete, will man an der Förde mehr: Die Zebras wollen endlich wieder die Schale in den Händen halten. Auf dieses Ziel wird Filip Jicha mit seinem Co-Trainer Christian Sprenger unermüdlich hinarbeiten.
Gemeinsam mit dem sportlichen Leiter Viktor Szilagyi bilden Jicha und Sprenger quasi das Power-Trio des THW. "Pavel", "Sprengi" und "Figo" - alle drei feierten bereits als Spieler große Erfolge mit dem THW Kiel, alle drei sind für ihre führenden Positionen noch relativ jung. Ein junges Trainerteam kann natürlich Vorteile haben. Besseren Zugang zu den Spielern, modernere Trainingsweisen oder neuen strategischen Input. Das alles bringt ein Typ wie Filip Jicha definitiv mit.
Keine Erfahrung als Chefcoach
Aber Jicha ist eben nicht nur jung, sondern - als Trainer - auch ziemlich unerfahren. Der THW Kiel setzt zurecht auf den verdienten Spieler, aber ein gewisses Risiko ist nicht von der Hand zu weisen. Alfred Gislasons Vermächtnis ist groß, die Erwartungen in einem Verein, der sich Rekordmeister nennen darf, sind hoch.
Das ist dem Tschechen durchaus bewusst: "Alfred ist einer der erfolgreichsten Vereinstrainer der Welt. Ich will gar nicht erst in seine Fußstapfen treten, denn das hätte gar keinen Sinn. Ich will hier meinen eigenen Weg gehen", sagte Jicha, nachdem seine Nachfolge als THW-Trainer bekannt wurde.
Jicha: "Etwas Neues entstehen lassen"
Seine A-Lizenz hat Jicha erst in der vergangenen Saison neben seiner Aufgabe als Gislasons Co-Trainer gemacht. In diesem einen Jahr unter Gislason konnte der ehemalige Welthandballer sicher einiges von den Methoden des Großmeisters lernen. Und doch will Jicha viele Dinge anders angehen, hat seine eigenen Visionen: "Wir wollen etwas Neues entstehen lassen", so der ehemalige Rückraumspieler. "Ich habe von jedem meiner Trainer etwas mitgenommen, für die Spieler wird es insgesamt bestimmt anders, als sie es gewohnt waren", sagte Jicha den Kieler Nachrichten.
Wie seine Visionen und die damit verbundenen Neuerungen beim THW aussehen, wird sich wohl in der bevorstehenden Saison offenbaren. Klar ist bereits jetzt, dass die Zebras alle neuen und alten Kräfte bündeln müssen, um sowohl in der Bundesliga als auch in der Champions-League erfolgreich zu sein.