Hat der THW sein Sieger-Gen verloren?
Die Handball-Kolumne
02.03.2018 | 23:28 Uhr
Sky Experte Stefan Kretzschmar beleuchtet in seiner Kolumne jede Woche die wichtigsten Themen aus der Welt des Handballs. Dieses Mal blickt der ehemalige Weltklasse-Linksaußen nach Kiel: Der Rekordmeister ist mit drei Niederlagen aus vier Spielen ins Jahr gestartet.
Niederlage gegen Wetzlar, Sieg in Aalborg, Pleiten gegen Hannover und Kielce. Der THW Kiel hat drei seiner vier Partien im Jahr 2018 verloren. Zwar endeten alle drei Niederlagen mit nur einem Tor Unterschied, aber klar ist: Das hat sich der Rekordmeister ganz anders vorgestellt!
THW-Saison ist ein Wechselbad der Gefühle
Die ganze THW-Saison gleicht ja schon einem Wechselbad der Gefühle. Schlecht gestartet, dann die Wiederauferstehung und die große Aufholjagd bis zur EM-Pause. Nach dieser scheinen die Zebras in ihr kleines Loch zurückgekehrt zu sein.
Das hat mehrere Gründe: Mit Domagoj Duvnjak, Rene Toft Hansen und jetzt auch Steffen Weinhold fallen wichtige Stützen verletzt aus. Christian Zeitz wurde suspendiert. Auf Rückraum rechts bleibt damit nur noch Marko Vujin, der aber nicht gerade in Top-Form ist. Ihn andauernd auszupfeifen, wie gegen Kielce geschehen, bringt aber auch nichts! Er ist jetzt der Mann, der die Kohlen aus dem Feuer holen muss. Und sind wir mal ehrlich: Vujin ist ein Weltklasse-Spieler, einer der besten Shooter der Liga. Er hat das Handballspielen nicht verlernt, sondern hat an einer mentalen Blockade zu knabbern. Deshalb ist es jetzt Alfred Gislasons Aufgabe, ihn wieder aufzubauen und ihm Selbstvertrauen einzuimpfen.
Selbstvertrauen ist das Schlüsselwort
Selbstvertrauen ist ohnehin das Schlüsselwort in der aktuellen Situation. Bei drei so knapp verlorenen Spielen könnte man meinen, der THW hat sein Sieger-Gen verloren. Das hat die Kieler jahrelang ausgezeichnet, ging aber immer einher mit einer sehr dominanten Mannschaft. Die ist Kiel sicherlich nicht mehr, erst recht nicht bei den aktuellen Ausfällen. Auch die Torhüterleistungen halten in dieser Saison nicht das, was man sich von Namen wie Wolff und Landin erwartet.
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Ich sage dennoch: Die erste Sieben der Kieler, plus ein bis zwei Auswechselspieler, sind Weltklasse! Und deshalb kann diese Mannschaft, trotz der fehlenden Wechselmöglichkeiten, auch noch etwas bewegen. Aber dafür muss jetzt ein Prozess stattfinden.
Team muss über sich hinauswachsen
Ein Prozess, den ich in Magdeburg damals selbst erlebt habe: Du hast viele Verletzte, die Situation sieht gar nicht gut für dich aus. Wenn es sich dann um eine wirklich intakte Mannschaft handelt, dann können auf einmal alle über sich hinauswachsen. Dafür muss jeder seine Aufgabe kennen, und bereit sein, alles für das Team zu geben. Das traue ich Kiel zu. Und Alfred Gislason traue ich es zu, diesen Effekt bei seinem Team hervorzurufen. Er ist ehrgeizig, kann extrem motivieren und ist einer, der die Spieler bei der Ehre packt. Und: Alle in Kiel stehen hinter ihrem Trainer.
Wohin das dann noch führt, ist schwer zu sagen. Die Rhein-Neckar Löwen sind in der Bundesliga-Tabelle schon so weit weg, dass es für den THW nur noch um Platz zwei geht. Selbst den können sie aber nur erreichen, wenn sie gar nichts mehr verlieren. Aber schon am Donnerstag wartet mit Melsungen (ab 18:30 Uhr live und exklusiv auf Sky) der erste Stolperstein. Das ist eine Mannschaft, die physisch sehr stark spielt. Da wird es auf die Mütze geben. Ein Erfolg gegen diesen schweren Gegner würde dem THW ein Stück weit Selbstvertrauen zurückgeben.
Ein Jahr ohne CL kann Kiel kompensieren
Nichtsdestotrotz: In Kiel muss man sich damit beschäftigen, nächstes Jahr nicht Champions League zu spielen. Wenn das passiert, haben sie ein Jahr lang ein Problem. Ein bis zwei Millionen Euro kostet ein Jahr ohne Königsklasse circa. Laut den Verantwortlichen kann man das kompensieren. Ein zweites Jahr aber sicher nicht. Du brauchst also nächste Saison wieder ein Team, das die Champions-League-Quali sichert und auch um die Meisterschaft spielt. Alles andere kannst du in Kiel nicht verkaufen. Bei diesem Budget läuft etwas ganz gravierend schief, wenn du nicht um die Meisterschaft spielst.
Die Kieler sagen immer, sie sind der FC Bayern des Handballs. Also müssen sie das auch zeigen! Mit Viktor Szilagyi als neuem Sportlichen Leiter, dem Nachwuchsleistungszentrum und den Neuzugängen für die nächste Saison hat man eine tolle Ausgangsposition für die Zukunft geschaffen. Jetzt aber müssen erst einmal alle zusammenrücken, um den THW aus dieser schwierigen Lage heraus wieder auf Kurs zu bringen. Noch ist es nicht zu spät!