Was spricht für und was gegen den Nationaltrainer Christian Prokop?
Entscheidung am Montag erwartet
18.02.2018 | 16:48 Uhr
Über Christian Prokop wird seit dem vorzeitigen EM-Aus der Nationalmannschaft Ende Januar viel diskutiert. Die Entscheidung über die Zukunft des Handball-Bundestrainers soll nun offenbar am Montag fallen. Der Deutsche Handballbund (DHB) lud am Freitagnachmittag für den Wochenanfang (16.00 Uhr) zu einer Pressekonferenz nach seiner Präsidiumssitzung in Hannover zum Thema "Ergebnis Analyse EM 2018" ein.
Die Stimmen gegen Prokop wurden vor allem nach dem frühen EM-Aus laut: Denn das Ziel, bis in das Halbfinale einzuziehen, wurde nicht erreicht. Schon in der zweiten Gruppenphase war für das DHB-Team Schluss. Ein enttäuschender Auftritt. Doch nicht nur das frühe Ausscheiden, sondern auch die Nicht-Nominierung von Abwehrchef Finn Lemke ließen die Personalie Prokop von Anfang an in einem schlechten Licht stehen. Daran konnte auch die Nach-Nominierung von Lemke nichts mehr ändern.
Spieler Julius Kühn sagte dazu gegenüber Sky: "Finn hat dem DHB sehr viel gegeben. Deswegen war es für mich vorher schon unerklärlich, dass er nicht mit dabei ist". Hinzu kamen Spekulationen, dass das Verhältnis zwischen Prokop und der Mannschaft nicht stimmen solle. Das bestätigt auch MT Melsungen-Coach Michael Roth: "Man muss kein Handball-Fachmann sein, um zu sehen, dass es zwischen Trainer und Mannschaft nicht richtig gepasst hat".
500.000 Euro - im Handball viel Geld
Auch die Verpflichtung Prokops als neuen Bundestrainer sorgte für Schlagzeilen. Im Oktober 2016 verlängerte Prokop seinen Vertag in Leipzig bis 2021 - und das ohne Ausstiegsklausel. Nur ein paar Wochen später jedoch gab er DHB-Vizepräsident Bob Hanning die Zusage für die Nationalmannschaft. Hanning war derjenige, der Prokop unbedingt haben wollte.
Nach langem Hin und Her übernahm Prokop dann im Februar 2017 für den DHB - mit einer Ablöse von rund 500.000 Euro und einem Vertrag bis 2022. Einzig Positives: Vor der EM blieb die Weste der Nationalmannschaft weiß. In der EM-Qualifikation verlor die Mannschaft kein Spiel. Seit 2010 gab es das nicht mehr.
Dicke Luft beim DHB
Der aktuelle Stand? Seit Ende Januar herrscht beim DHB dicke Luft. Nach dem EM-Aus kündigte Hanning eine "ernste, ehrliche und harte Analyse" an. Dabei solle nicht nur mit Prokop selbst, sondern auch mit Trainern und Spielern aus den Vereinen gesprochen werden. Dabei soll offenbar ausgelotet werden, ob die Mannschaft Prokop trotz der angeblich gestörten Atmosphäre weiterhin folgen würde.
Nicht nur die Medien, sondern auch die Liga diskutiert reichlich über die Personalie: Axel Geerken (Geschäftsführer MT Melsungen) sieht Prokop als Bundestrainer "überfordert". Seine Aussage bestätigte er am 20. Spieltag der Bundesliga auch noch einmal auf Nachfrage gegenüber Sky.
Brand kritisiert Hanning
Doch auch Stimmen, die die Führungsriege im DHB kritisieren, werden laut. So bemängelte Ex-Bundestrainer Heiner Brand gegenüber Sky die Erfahrung in den sportlichen Ebenen: "Hier sind wenige Leute, die über die entsprechende Erfahrung und Leistung und auch über die entsprechende Persönlichkeit verfügen." Er fordert langjährig verdiente Ex-Nationalspieler vermehrt einzusetzen.
Namen wie Markus Baur, Pascal Hens oder Henning Fritz werden genannt. Doch das scheint nach Meinung Brands im Moment nicht gewünscht: "Ich denke, man will auch nicht unbedingt starke Leute, sondern man will Leute, die man auch führen kann". Starke Kritik vor allem an DHB-Vize Hanning, der auch bei der EM immer in der Kabine mit dabei war.
Nun warten viele Handball-Fans gespannt, was mit Prokop passiert. Doch was spricht eigentlich für und was genau gegen ein Weitermachen mit dem amtierenden Trainer?
Das spricht gegen Prokop
Egal wie sich das Präsidium auch entscheidet - Prokop ist nach den Diskussionen um seine Person gebrandmarkt. So negativ im Fokus der Medien zu stehen, tut niemandem gut. Zu den schon angesprochenen Patzern bei der EM (Zielverfehlung, Lemke) kommen noch zwei dazu: Sowohl die Taktik, als auch die Ansprachen des Trainers schienen bei der Mannschaft nicht anzukommen.
Sogar Spekulationen um Trainings-Eskapaden während des Turniers kamen auf. Einer erfolgreichen Arbeit stand das auf jeden Fall im Weg. Hinzu kommen Stimmen, die Prokop als zu jung und unerfahren abstempeln. Bei einer Entlassung würde die Liga sogar bei der Abfindung mitzahlen.
Das spricht für Prokop
Zum einen gibt es Formalien, die für Prokop sprechen: Ein Fünfjahresvertrag ohne Ausstiegsklausel. Dazu eine Ablöse von rund einer halben Millionen Euro, die bezahlt wurde, um ihn von Leipzig zu bekommen. Zum anderen gibt es noch die Personen, die hinter Prokop stehen: DHB-Vize Hanning allen vornweg. Aber auch Frank Bohmann (HBL-Geschäftsführer) und Uwe Schwenker (Ligaverband-Präsident) hatten sich für eine Verpflichtung Prokops stark gemacht.
Hinzu kommt der sportliche Erfolg, den Prokop in Leipzig hatte. Klar, bei der Nationalmannschaft lief es nicht bis zum Ende rund, aber auch andere Nationaltrainer hatten anfangs ihre Schwierigkeiten.
Die Entscheidung für oder gegen Prokop liegt jetzt ganz beim DHB-Präsidium. Man darf gespannt sein, wie sie ausfällt.