Basketball: NBA-Star Kanter soll ausgeliefert werden
Feind der türkischen Erdogan-Regierung
15.01.2019 | 17:16 Uhr
Der Konflikt zwischen dem regierungskritischen NBA-Profi Enes Kanter und dem türkischen Präsident Recep Tayyip Erdogan geht in die nächste Runde.
NBA-Profi Kanter hat keine Angst. Das stellte der 26 Jahre alte Basketball-Profi der New York Knicks am Dienstag per Twitter klar. Er werde sich nicht einschüchtern lassen von der türkischen Regierung des Staatspräsidenten Erdogan, den Kanter auch einen "verdammten Wahnsinnigen" nennt.
Die politische Auseinandersetzung zwischen dem 2,11 großen Center und der Führung seines Heimatlandes gewinnt vor dem London Game der NBA am Donnerstag mächtig an Sprengkraft. Die türkische Regierung fordert offenbar die Auslieferung von Kanter, dies berichten mehrere Medien des Landes. Zudem soll Kanter auf die Fahndungsliste von Interpol gesetzt werden.
Kanter: "Ich habe eine laute Stimme"
Die Generalstaatsanwaltschaft in Istanbul habe mit Verweis auf ein Verfahren wegen Mitgliedschaft in einer Terror-Organisation einen entsprechenden Antrag eingereicht, heißt es. Kanter steht der Gülen-Bewegung nahe, die von Erdogan für den Putschversuch 2016 verantwortlich gemacht wird. An seiner Gesinnung lässt der extrovertierte Profi keinen Zweifel, er drückt in den sozialen Netzwerken und auch in TV-Auftritten klar aus, was er vom Machthaber in der Türkei hält: nichts.
Damit hat sich der seit 2009 in den USA lebende Profi Feinde gemacht. Tatsächlich hatte sich der 26-Jährige in der Vergangenheit wiederholt öffentlich für den islamischen Prediger Gülen und gegen Erdogan ausgesprochen.
"Ich habe eine Stimme, eine sehr laute Stimme, weil ich in den USA Basketball spiele", sagte Kanter. Er bemängelt eine Erosion der Demokratie, Menschenrechtsverletzungen und eingeschränkte Pressefreiheit in der Türkei: "Ich versuche, die Stimme all dieser unschuldigen Menschen zu sein."
Für Kanter "besteht Möglichkeit, getötet zu werden"
Für seine politischen Überzeugungen ist er bereit, einen hohen Preis zu zahlen. Seine Familie leide unter seinem Engagement, sagt Kanter. Auch die Ausübung seines Jobs ist betroffen.
Kanter hatte schon vor den jüngsten Entwicklungen seine Teilnahme am NBA-Spiel in London abgesagt, den Verzicht begründete er mit möglichen Mordanschlägen auf ihn. "Es besteht die Möglichkeit, dass ich da draußen getötet werde. Sie haben viele Spione dort", sagte er.
Kein Katzbuckeln vor Erdogan
"Knick vs Dictator", titelte die New York Post bereits am 7. Januar. Sein Klub hatte das Fehlen der wichtigen Stütze gegen die Washington Wizards daneben auch mit Visaproblemen begründet. Nachdem ihm 2017 die türkische Staatsbürgerschaft aberkannt wurde, ist der in Zürich geborene Kanter staatenlos.
Kanter fühlt sich nach eigenen Angaben auch ein Stück weit heimatlos, aber er liebe die Türkei noch immer. "Mein Problem ist das Regime, die Regierung", sagte er. Auch in Zukunft wolle er, trotz der immer angespannteren Situation, seine Stimme erheben. (sid)