Olympia 2022 News: Carl, Hennig und Schlickenrieder nach Gold-Coup
Mut zahlt sich aus: Vici, Schlicki und das deutsche Langlauf-Wunder
17.02.2022 | 10:35 Uhr
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Nach dem Sensations-Gold von Victoria Carl und Katharina Hennig schweben die deutschen Skilangläuferinnen auf Wolke sieben. Chefpilot des Höhenflugs ist Bundestrainer Peter Schlickenrieder.
Auch nach einer im Goldrausch halb durchtanzten Nacht fühlten sich die beiden frisch gekrönten Skilanglauf-Königinnen noch immer wie im falschen Film. Mit krächzender Stimme mussten die Sensations-Olympiasiegerinnen Katharina Hennig und Victoria Carl immer wieder von ihrer Heldentat berichten. "Ich habe so etwas früher immer als Ziel in Freundschaftsbücher geschrieben", sagte Carl kopfschüttelnd: "Und jetzt ist es einfach wahr geworden."
Auch wenn das Wunder von Zhangjiakou mit dem Teamsprint-Triumph von "Vici" und "Katha" natürlich vor allem auf das Konto der beiden Athletinnen ging: Der eigentliche Urheber des deutschen Langlauf-Aufschwungs fehlte am Donnerstagmorgen. Bundestrainer Peter Schlickenrieder hielt sich ganz entgegen seiner Gewohnheiten zurück. "Er hatte einen großen Anteil an dem hier", sagte Hennig.
Auch Schlickenrieder sorgte für Olympia-Überraschung
Ohne Tausendsassa "Schlicki" wären der erste deutsche Langlauf-Olympiasieg seit 2010 sowie das mit Teamsprint-Gold und Staffel-Silber beste Abschneiden seit zwölf Jahren schlicht nicht möglich gewesen. Auch wenn der seit dem goldenen Mittwoch 52-jährige Tegernseer klarstellt: "Das ist keine One-Man-Show."
Schlickenrieder, selbst 2002 olympischer Überraschungs-Zweiter in Salt Lake City, ist spätestens in Peking zum deutschen Gesicht der Sportart geworden. "Das ist so intensiv hier, ich könnte die ganze Zeit heulen", sagte er. Und auch weil er dies im Überschwang der Freude oft genug tat, kam der vom Normalkonsumenten im Gegensatz zu Biathlon oder Skispringen oft so blutleer wahrgenommene Langlauf plötzlich ungemein emotionsgeladen daher.
Bei Schlickenrieders Antritt 2018 war dies auf einige Skepsis gestoßen. Der nassforsche Sonnyboy, bis dahin als ARD-Experte und Verbands-Vize in der Rolle als launiger Sprücheklopfer bekannt, galt vielen mehr als PR- denn als Perspektivlösung. Dazu passten markige Ansagen: "Bis spätestens 2021 sind wir wieder weltspitzentauglich", sagte Schlickenrieder. Noch vor der desaströsen Heim-WM jenes Jahres in Oberstdorf musste er aber kapitulierend eingestehen: "Das Versprechen kann ich nicht halten."
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Ein Jahr später ist er obenauf, doch weiterhin scheiden sich die Geister an Schlickenrieder und seiner Art. Noch nach dem Staffelsilber stichelte Jochen Behle, vor Schlickenrieder letzter erfolgreicher Bundestrainer (2002 bis 2012), im Münchner Merkur, ihm wäre ein Trainer lieber, "bei dem der Fokus nicht auf den nächsten Post in den sozialen Medien geht".
Dabei ist dies genau das Erfolgsrezept Schlickenrieders: Er fängt im Vordergrund die mediale Aufmerksamkeit auf, während im Hintergrund Fachleute wie Frauen-Coach Erik Schneider ungestört agieren können. Und mit diesem Rezept soll es weitergehen, bis 2026 in Cortina, sagte Schlickenrieder, wenn er denn weiter auf das gewünschte Personal zurückgreifen dürfe.
Eines ist aber sicher: 20 Jahre wie Kombi-Macher Hermann Weinbuch wird "Schlicki" in seinem Dauerstrom-Modus nicht Bundestrainer bleiben: "Ich glaube nicht", sagte er dem SID, "dass ich das durchhalte."