Knappe Niederlage gegen die Olympischen Athleten aus Russland
06.03.2018 | 14:05 Uhr
Zum "Wunder von Pyeongchang" fehlten nur 55,5 Sekunden, die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft beendete ihr Olympia-Märchen in Südkorea mit Silber.
Das Team von Bundestrainer Marco Sturm unterlag im Finale der Winterspiele dem Rekordweltmeister Russland unglücklich mit 3:4 (0:1, 1:0, 2:2, 0:1) nach Verlängerung und verpasste die größte Sensation in der Eishockey-Geschichte denkbar knapp.
Das Spiel war an Dramatik kaum zu überbieten. Der Ausgleichstreffer für die Russen zum 3:3 durch Nikita Gussew war erst 55,5 Sekunden vor Ende des dritten Drittels gefallen - die Sbornaja hatte da bereits den Torhüter vom Eis genommen, um nach einer Strafzeit wenigstens Fünf gegen Fünf spielen zu können. 3:16 Minuten vor Spielende war Deutschland durch Jonas Müller erstmals in Führung gegangen (57.). In der Verlängerung traf Kirill Kaprisow nach 9:41 Minuten - als Patrick Reimer auf der Strafbank saß.
Dennoch fliegt die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) als Gewinner nach Hause. Mit Silber im Gangneung Hockey Centre nach den sensationellen Siegen gegen Weltmeister Schweden und Rekord-Olympiasieger Kanada übertraf die Mannschaft um Kapitän Marcel Goc die bislang besten Olympia-Ergebnisse: 1932 und 1976 hatte Deutschland jeweils Bronze gewonnen.
Russland mit den Altstars Pawel Dazjuk und Ilja Kowaltschuk, wegen des Staatsdopings vor vier Jahren in Sotschi als Olympische Athleten aus Russland angetreten, holte zum ersten Mal seit 1992 wieder Olympia-Gold. Mit dem neunten Triumph zog die Sbornaja mit Kanada gleich.
Slawa Wojnow (20.) brachte den Rekordweltmeister in Führung, der Kölner Felix Schütz glich aus (30.). Der erneute Führungstreffer der Russen fiel denkbar unglücklich: Der Schuss von Nikita Gusew aus spitzem Winkel (54.) prallte von Danny aus den Birkens Gesichtsmaske ins Tor. Zehn Sekunden später glich Dominik Kahun erneut aus (54.), Verteidiger Müller von den Eisbären Berlin erzielte dann sogar die deutsche Führung (57.).
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte dem DEB-Team am Vorabend in einem Telefongespräch viel Glück gewünscht. "Ich wünsche weiterhin gute Laune, ein gutes Spiel, das richtige Ergebnis am Ende. Ich gucke zu", sagte Steinmeier, der Christian Ehrhoff anrief. "Ihr habt ganz Deutschland für Eishockey ganz neu begeistert. Ich drücke natürlich, wahrscheinlich mit ein paar Millionen anderer Deutscher, die am Fernseher sitzen werden, die Daumen."
Für den langjährigen NHL-Profi Ehrhoff folgt gut vier Stunden nach der Schlusssirene der nächste Höhepunkt seiner Karriere: Der 35-Jährige führt die deutschen Athleten bei der Schlussfeier als Fahnenträger ins Olympiastadion. "Das ist eine riesige Ehre für mich", sagte der Kölner.
Gegen den Rekordweltmeister war der Routinier von der ersten Sekunde an gefordert. Die Sbornaja, fast ausschließlich aus Spielern der beiden KHL-Klubs ZSKA Moskau und SKA St. Petersburg zusammengestellt, baute enormen Druck auf. Als Ehrhoff wegen Hakens auf der Strafbank saß, kam sein Team 90 Sekunden nicht aus dem eigenen Drittel. Doch Torhüter Danny aus den Birken machte auch die besten Chancen des Favoriten zunichte.
Langsam befreite sich das deutsche Team aus der Umklammerung und kam das eine oder andere Mal durchaus vielversprechend vor das russische Tor. Als es nach einem 0:0 nach dem ersten Drittel aussah, geriet die deutsche Mannschaft doch noch in Rückstand. Nach einem Fehlpass des Nürnbergers Yasin Ehliz im eigenen Drittel traf Wojnow 0,5 Sekunden vor der ersten Drittelsirene.
"Im ersten Drittel haben wir vielleicht zu viel Erfurcht gehabt, zu viel Respekt. Da haben wir den Russen den nötigen Raum gegeben. Aber wenn wir versuchen, ihnen unser Spiel aufzuzwingen, Drück ausüben, dann kreieren wir Chancen", sagte Angreifer Patrick Hager zur zweiten Pause in Eurosport.
Tatsächlich meldete sich die DEB-Auswahl zurück. Beim Ausgleich von Schütz half Torhüter Wassili Koschetschkin tatkräftig mit. Die Schiedsrichter entschieden erst nach Videobeweis auf Tor. Plötzlich war der Spielfluss der Russen dahin, der Goldfavorit geriet ins Grübeln. Erst recht, nachdem Deutschland kurz nach dem erneuten Rückstand schon wieder zurückschlug. Das glückliche Ende hatten dann aber dennoch die Russen für sich. (sid)