Wirtschaftliches Risiko muss ausgeschlossen werden
15.05.2018 | 20:09 Uhr
Deutschland droht endgültig sein Formel-1-Rennen zu verlieren. Der Grand Prix in Hockenheim Ende Juli könnte in der Heimat von Sebastian Vettel und Mercedes vorerst der letzte sein, die Zukunft ist völlig offen.
Kein finanzielles Harakiri, da lässt der Hockenheimring-Chef im Poker um die Zukunft der Formel 1 nicht mehr mit sich reden. "Wir werden nicht draufzahlen", sagte Georg Seiler, der Herr des Rings. In den Verhandlungen mit den Besitzern der Königsklasse will und muss er hart bleiben: "Wir werden keinen Vertrag unterschreiben, der ein wirtschaftliches Risiko beinhaltet."
Die Formel 1 kostet Geld, viel Geld. Die Rennen müssen Antrittsgagen in Millionenhöhe bezahlen, damit der PS-Zirkus bei ihnen Halt macht. Für eine Strecke wie Hockenheim, die im Gegensatz zur Konkurrenz keine Gelder vom Staat erhält, sind diese Summen nicht mehr refinanzierbar, und deshalb droht endgültig das eigentlich Unvorstellbare: kein Grand Prix mehr im Land von Ferrari-Star Sebastian Vettel und Mercedes. "Wir stemmen alles alleine. Aber in Zukunft können wir das nicht mehr", sagte Seiler.
Der Zehnjahresvertrag des Hockenheimrings läuft nach diesem Jahr aus. "Wir wissen nicht, wie es weitergeht. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt", sagte Seiler am Rande des Grand Prix von Spanien. Der Manager hat seine Vorstellungen über einen neuen Deal hinterlegt, jetzt sieht er Formel-1-Eigner Liberty Media am Zug.
"Sie haben gesagt, dass sie die Traditionsstrecken fördern wollen. Und dass ihnen Deutschland wichtig ist", sagte Seiler, wohl wissend, dass Miami, Hanoi oder auch Buenos Aires in die Königsklasse drängen und dafür fast jeden Preis zahlen würden.
Schon 2015 und 2017 fand in Deutschland kein Formel-1-Rennen statt, weil der Nürburgring ausfiel - ebenfalls wegen Geldproblemen. Nun aber droht die Glamourserie endgültig aus dem Autoland zu verschwinden. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht. Seiler will nicht betteln, aber hofft noch auf Hilfe aus Politik oder der Wirtschaft für eine Last-Minute-Rettung. Daran glauben kann er aber nicht. "Vielleicht wachen die Leute erst auf, wenn es mal kein Rennen mehr bei uns gibt", sagte er.
Umso mehr hoffen Seiler und sein Team auf eine Formel-1-Party rund um das Rennen am 22. Juli. Rund 61.000 Tickets haben sie bereits verkauft, Seiler hofft auf 70.000 Zuschauer. Allein Max Verstappen lockt rund 10.000 Niederländer an, die einen eigen Oranje-Block erhalten. Es wird eine Grid-Feier am Donnerstag geben, auch einen Rummel-Platz mit Riesenrad - der Grand Prix soll zu einem Familienfest werden.
Weil der Vorverkauf so gut läuft, werden wir "wohl mit einem blauen Auge davonkommen", sagte Seiler. Doch für die Zukunft will er Garantien, dass der Hockenheimring wegen der Formel 1 nicht allein auf Verlusten sitzen bleibt. Dafür seien verschiedene Modelle vorstellbar, etwa eine Vermietung des Kurses an Liberty Media. "Wir können, wollen aber nicht ohne die Formel 1 leben", sagte Seiler. Und: "Wir werden jeden Vertrag schließen, der kein Risiko beinhaltet." (sid)