Das Qualifying in Imola artet mit fünf Roten Flaggen bei teils widrigen Bedingungen zu einer Chaos-Session aus. Großer Verlierer: Mercedes, das eine historische Pleite einstecken muss. Die Probleme bei den Silberpfeilen sitzen tief und stellen das Team vor große Herausforderungen.
In den ersten drei Rennen der neuen Formel-1-Saison zeigte sich bereits deutlich, dass Mercedes, der Dominator der letzten Jahre in der Königsklasse des Motorsports, nicht auf Augenhöhe mit den beiden Topteams Ferrari und Red Bull agiert. Dennoch holten die Silberpfeile mit insgesamt 65 Punkten die für sie wohl maximale Ausbeute.
In Imola beim GP der Emilia Romagna sollte sich zur bisher akzeptablen Punkteausbeute auch endlich eine Performance-Steigerung dazugesellen. Die Hoffnungen auf Anschluss zu den Spitzenteams wurden vorsichtig formuliert. Den Beteiligten um Teamchef Toto Wolff und den beiden Piloten Lewis Hamilton und George Russell war klar, dass die Lücke in Imola noch nicht vollständig geschlossen werden kann, doch zumindest sollte es in die richtige Richtung gehen.
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Hamilton und Russell scheitern in Imola in Q2
Beim ersten Wochenende mit Sprint folgte jedoch bereits am Freitag beim Qualifying die große Ernüchterung. Platz elf (Russell) und Platz dreizehn (Hamilton) standen letztlich unter dem Strich - viel zu wenig für die Ansprüche für Mercedes.
Klar könnten nun die schwierigen Bedingungen mit kalten Temperaturen und nasser Fahrbahn als Erklärung angebracht werden, doch erstens mussten alle Teams und Fahrer mit diesen umgehen und zweitens hat sich gezeigt, dass selbst bei zumindest überwiegend trockener Fahrbahn als mit Slicks gefahren werden konnte, der Abstand zu den Spitzenplätzen exorbitant groß war.
Hamilton verhindert erneuten Super-GAU um vier Tausendstel
Im ersten Qualifying-Abschnitt Q1 lagen beide Mercedes bis kurz vor Schluss auf den Plätzen, die das Aus bedeutet hätten. Auf den letzten Drücker schafften es jedoch Russell und auch Hamilton noch unter die Top15 und damit in Q2. Beim siebenmaligen Weltmeister gaben letztendlich nur 0,004 Sekunden den Ausschlag. Eine Situation, die vor einigen Monaten nicht vorstellbar war, die jedoch bereits in Saudi-Arabien, als Hamilton im Qualifying P16 belegte, Realität wurde.
In Q2 setzte sich das Mercedes-Dilemma fort - und fand sogar seinen negativen Höhepunkt. Mitten im Quali-Abschnitt setzte nach einer der zahlreichen Roten Flaggen Regen ein und machte so eine Verbesserung der eigenen Bestzeit quasi unmöglich. Zu den Leidtragenden gehörten auch Russell und Hamilton, die sich zu diesem Zeitpunkt nicht in den Top10, die für den Einzug in Q3 berechtigt hätten, befanden.
Rosberg über Mercedes: "Da geht ja gar nichts gerade"
Für Ex-Mercedes-Weltmeister und Sky Experte Nico Rosberg sei der Regen jedoch nicht der Grund für das Aus der beiden Mercedes-Piloten gewesen. "Es war ja nicht der Regen Schuld. Sie waren einfach zu langsam. Ich meine, sie waren ja zwei Sekunden pro Runde langsamer [als die Konkurrenz], das ist ja unglaublich, da geht ja gar nichts gerade."
Ein Blick in die jüngere Historie unterstreicht, wie miserabel die Situation und die Performance der Silberpfeile aktuell ist. Seit dem Japan-GP 2012 nämlich schaffte es immer mindestens ein Mercedes in Q3. Das war eine Serie von 187 Qualifyings. Mit der Chaos-Quali in Imola endete diese beeindruckende Bilanz.
Für Mercedes geht es nun weiter auf Spurensuche. Wo liegen die Probleme? Warum kann man nicht wirklich mithalten und hat nun sogar Probleme, souverän Q3 zu erreichen? Eine Hauptursache dürfte weiterhin das Bouncing sein, dass Mercedes von allen Teams bislang am meisten Kopfzerbrechen beschert. "Als sie die Gerade runterfuhren, da kriegt man ja Kopfweh nur beim Zuschauen", analysiert Rosberg süffisant und erklärt: "Das ist eine große Herausforderung und ich weiß nicht, wann sie da eine Lösung haben werden."
Andere Teams mit Mercedes-Motor steigern sich
Neben dem Bouncing wurde bislang auch der im Vergleich zur Konkurrenz schwächelnde Mercedes-Motor als Grund für das Hinterfahren herangezogen. Doch McLaren und sogar Aston Martin in Person von Sebastian Vettel haben gezeigt, dass der Mercedes-Motor in Imola zumindest für Q3 hätte reichen müssen. Lando Norris bugsierte seinen McLaren sogar auf P3 - eine Region im Fahrerfeld, in die Mercedes eigentlich dauerhaft vorstoßen will.
Diese Diskrepanz zwischen dem Werksteam und den anderen Rennställen, die mit einem Mercedes-Aggregat ausgestattet sind, offenbart die Komplexität der Silberpfeil-Probleme und die derzeitige Entwicklung in der Königsklasse des Motorsports. Denn während sich andere Teams wie beispielsweise McLaren - und auch das noch punktlose Aston Martin steigern können, stagniert Mercedes und wird dadurch im Feld Wochenende für Wochenende weiter nach hinten katapultiert.
Hamilton äußert Kritik
Ein Trend, der Hamilton alles andere als gefällt. "Es war keine gute Session. Es ist natürlich enttäuschend. Wir sind optimistisch hierhergekommen, alle arbeiten hart in der Fabrik und dann kommt auf der Strecke einfach nicht alles zusammen. Das ist enttäuschend", zeigt sich der siebenmalige am Sky Mikrofon angefressen.
Der Routinier nimmt bei der historischen Mercedes-Pleite alle Beteiligten in die Pflicht und äußert sogar Kritik an der Vorgehensweise bei der Problembeseitigung: "Wir haben insgesamt als Team zu wenig Performance gezeigt. Es gibt Dinge, die wir hätten tun sollen, die wir aber nicht getan haben." Spezifischer wollte Hamilton nicht darauf eingehen, doch es zeigt, dass der siebenmalige Weltmeister ob der aktuellen Mercedes-Entwicklung ordentlich gefrustet ist.
Schumacher: Zerreißprobe für Mercedes
"Lewis ist zum einen genervt, dass er wieder hinter seinem Teamkollegen ist. Jeder Rennfahrer will vor seinem Teamkollegen sein", weiß Sky Experte Ralf Schumacher, der gleichzeitig eine Beobachtung in der Mercedes-Garage machen konnte: "Offensichtlich war man sich bei Mercedes nicht ganz so einig. Selbst Toto Wolff war nicht so ganz happy mit seinen Piloten. So hat es zumindest beim Gespräch [zwischen den Protagonisten] ausgesehen. Das ist jetzt eine kleine Zerreißprobe für so ein Team. Was macht man, in welche Richtung geht man? Da hat man sich deutlich mehr versprochen an diesem Wochenende."
Noch ist dieses aber jung und mit dem Sprint am morgigen Samstag (16:00 Uhr LIVE und EXKLUSIV auf Sky Sport F1) und dem Rennen am Sonntag (ab 13:30 Uhr LIVE auf Sky Sport F1) hat Mercedes die Möglichkeit, sich zu steigern und vielleicht noch den einen oder anderen Punkt mitzunehmen - so wie an den ersten drei Rennwochenenden. "Es ist nicht ideal, aber wir haben noch die Chance, Plätze aufzuholen", verbreitet Russell am Sky Mikrofon Zweckoptimismus.
Mehr lässt die derzeitige Lage bei Mercedes auch nicht zu ...
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