Nach Vettel-Debakel in Monza: "Der Wind hat sich gedreht"
Sky Experte Nick Heidfeld äußert sich zum Großen Preis von Italien
17.09.2019 | 11:31 Uhr
Charles Leclerc hat das Ferrari-Heimrennen in Monza mit einer starken Leistung gewonnen und seinen zweiten Saisonsieg in Folge eingefahren. Sein Teamkollege Sebastian Vettel leistete sich hingegen einen verheerenden Fehler. Für Sky Experte Nick Heidfeld ein klares Signal.
Es war alles vorbereitet für einen erfolgreichen Heim-Grand-Prix von Ferrari. Charles Leclerc startete von der Pole Position und auch Sebastian Vettel lag mit Startplatz vier in aussichtsreicher Position - zumal die Strecke in Monza bereits im Vorfeld als Strecke bezeichnet wurde, auf der der italienische Traditionsrennstall seine Stärken ausspielen kann.
Bis Runde sieben sah auch alles nach einem erfolgreichen Nachmittag für Ferrari aus. Doch dann verabschiedete sich Sebastian Vettel ins Kiesbett und touchierte bei seiner Rückkehr auf die Strecke mit seinem Frontflügel den vorbeifahrenden Lance Stroll. Platz vier für den Heppenheimer war futsch. Der 32-Jährige wurde nach der folgenden Zehn-Sekunden-Strafe bis ans Ende des Feldes gespült.
Heidfeld: "Vettel wird daran zu knabbern haben"
Eine Situation, die dem viermaligen Weltmeister aus seiner sowie aus Fan-Sicht in den letzten Monaten schon deutlich zu oft passiert ist. Auch Sky Experte Nick Heidfeld sieht dies ähnlich. "Es wiederholt sich. Letztes Jahr in Monza unterlief ihm auch schon ein Fehler. Vettel wird daran zu knabbern haben, um diese schlechte Phase zu durchbrechen."
Vettels Tief reicht aktuell sogar soweit, dass er in der Fahrerwertung hinter seinen Teamkollegen Leclerc auf Rang fünf abgerutscht ist.
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Machtwechsel bei Ferrari
"Eine schwierigere Situation kann Vettel gar nicht haben und in einer noch schwierigeren Situation war er in seiner Karriere auch noch nicht", erklärt Heidfeld, sieht aber dennoch noch Hoffnung für den Ferrari-Piloten. "Als viermaliger Weltmeister hat er aber natürlich auch die Stärke, wieder zurückkommen zu können."
Nichtsdestotrotz ist bei Ferrari spätestens seit der Sommerpause ein Wandel zu verzeichnen. "In den letzten Rennen war Leclerc ganz eindeutig stärker. Ich glaube auch, dass der Wind bei Ferrari jetzt gedreht hat und man intern und in Italien Leclerc als Nummer eins sieht", deutet Heidfeld den Machtwechsel an.
Welpenschutz vorbei: Leclerc wird zum Gejagten
Allerdings sieht der Ex-Formel-1-Fahrer nun auch einen wachsenden Druck auf den jungen Monegassen zukommen. "Interessant wird jetzt sein, wie Leclerc mit der Situation umgeht, der Gejagte zu sein. In der Vergangenheit hatte er teilweise Welpenschutz. Wenn er einen Fehler gemacht hat, war das nicht so schlimm. Jetzt erwartet man aber von ihm, dass er der Schnellere ist, dass er Vettel schlägt und dass er gewinnt. Wenn das aber nicht mehr der Fall ist, dann wachen die Leute vielleicht auf und sagen: 'Ganz so dominant, ist er vielleicht doch nicht.'"
Die Situation bei Ferrari spielt aber nicht nur für die aktuelle Saison eine Rolle, sondern könnte auch im Hinblick auf 2020 einen Einfluss haben.
"Für die kommende Saison in Bezug auf das Auto wird man das im Hinterkopf haben. Leclerc ist jetzt in einem Alter, in dem er sich noch weiter steigert. Sebastian ist hingegen 32 Jahre alt, ist auf der Höhe seiner Karriere und wird da auch noch einige Jahre fahren können. Das Entscheidende ist aber, dass es gar nicht so einfach ist, sein Auto spezifisch für einen Fahrer zu bauen - zumindest in der Konzeptionsphase. Wenn das Auto dann erstmal da ist, kann man vielleicht sagen: 'Fahrer eins gefällt dies besser, Fahrer zwei gefällt das besser.' Jetzt in der Konzeption ein Auto zu bauen, das auf Leclerc passt, ist schwierig."
Heidfeld: "Unwahrscheinlich, dass der Titel greifbar ist"
Vor der laufenden Saison hat Ferrari dies für Vettel versucht, als dieser "noch die klare Nummer eins war. Das hat man aber nicht geschafft und jetzt überholt Leclerc ihn so langsam aber sicher", analysiert Heidfeld.
Auch wenn Leclerc nach nun zwei Siegen in Folge auf einer Erfolgswelle fährt und den Rückstand auf die beiden Mercedes in der WM verringern konnte, glaubt Heidfeld nicht mehr an den ganz großen Angriff. "Man darf zwar niemals nie sagen, aber es ist unwahrscheinlich, dass der Titel nochmal greifbar ist", und schob hinterher: "Es war im Vorhinein klar, dass Spa und Monza Ferrari am besten liegen."
Heidfeld: Red Bull in Singapur mit Siegchancen
Für das anstehende Rennen in Singapur gibt der Sky Experte den Italiener schon nicht mehr so große Siegchancen. "Ich kann mir vorstellen, dass Red Bull dort stark ist. Sie hatten in den letzten beiden Rennen viel Pech, in Singapur können sie aber ein Wörtchen mitreden und Mercedes das Leben schwer machen."