Borussia Dortmund geht trotz der sportlichen Krise mit Edin Terzic ins neue Jahr. Im Sky Interview sprechen Ralf und Marion Schwarz vom BVB-Fanklub Tremonia 09 über das Festhalten am Trainer sowie die Gründe für die aktuelle Misere. Außerdem haben die BVB-Fans einen deutlichen Appell an die Spieler.
Ralf Schwarz ist der Vorstandsvorsitzende von Tremonia 09. Seine Ehefrau Marion fungiert im 2015 gegründeten Fanklub als Kartenbeauftragte und Vorstandsmitglied.
Dortmund hat kein Trainer-Problem
Skysport.de: Der BVB macht in der bisherigen Konstellation weiter und geht mit Trainer Edin Terzic ins neue Jahr. Wie lautet Ihre Meinung zu dieser Entscheidung?
Ralf Schwarz: "Diese Entscheidung unterstützen wir voll und ganz. Wir sind der Meinung, dass das bei Borussia Dortmund kein Trainer-Problem ist. Es zieht sich schon durch die Zeiten, bevor Edin Terzic BVB-Trainer wurde. Es gab immer wieder das Thema, das unerklärliche Leistungsschwankungen in der Mannschaft vorhanden sind, bei unterschiedlichen Trainern. Daher sind wir sicher, dass es nicht an Terzic liegt."
Skysport.de: Warum nehmen Sie Edin Terzic als verantwortlichen Trainer aus der Kritik raus?
Marion Schwarz: "Wir nehmen Terzic nicht grundsätzlich aus der Kritik raus. Aber wir haben die gleichen Probleme schon bei Peter Bosz, Lucien Favre oder Marco Rose gehabt. Wir haben das Sommertrainingslager in den USA live vor Ort verfolgt und dass was Terzic macht im Training, das hat eine klare Struktur. Wir hatten eher den Eindruck, dass die Fitness nicht ganz da ist, manchmal sind die Spieler anderer Mannschaften einfacher fitter als unsere Jungs. Daher nehmen wir Terzic nicht komplett aus der Kritik raus, sehen aber hauptsächlich die Mannschaft in der Verantwortung. Sie setzen die einstudierten Trainingsinhalte auf dem Platz einfach nicht konsequent um."
BVB-Probleme liegen viel tiefer
Skysport.de: Bei unserer Sky Abstimmung waren 63 Prozent für die Entlassung von Terzic und konnten das Festhalten von Hans-Joachim Watzke am Trainer nicht nachvollziehen. Was sagen Sie diesen BVB-Fans?
Ralf Schwarz: "Wir würden ihnen sagen, dass wir das Festhalten am Trainer voll unterstützen. Mit einem neuen Trainer hätte man vielleicht kurzfristig einen neuen Impuls, aber die tiefer liegenden Probleme beim BVB bleiben auch dann weiter bestehen. Wenn diese Probleme nicht angegangen werden, dann wird sich auch nichts ändern. Die Trainer, die wir in der jüngeren Vergangenheit hatten, waren alles ausgewiesene Fachmänner. Da sieht man zum Beispiel an den Erfolgen von Rose oder Bosz. Die gehen aus Dortmund weg und sind auf einmal sehr erfolgreich - und das mit Mannschaften, die weniger Potenzial haben als unsere. Das ist für mich ein klares Zeichen, dass der Trainer in Dortmund da wenig tun kann und die Probleme woanders liegen."
Skysport.de: Wie kommt der Fußball, den Terzic spielen lässt und den die BVB-Profis auf dem Feld zeigen, bei den Fans an?
Marion Schwarz: "Manchmal verstehe ich die Aufstellung des Trainers nicht. Terzic wird sich da mit seinem Trainerteam sicherlich viele Gedanken machen. Vielleicht gibt es da ab und an auch einige Unstimmigkeiten. Die Spiele in Bundesliga und im DFB-Pokal beim VfB Stuttgart waren zum Beispiel ganz schlimm anzusehen."
Ralf Schwarz: "Bei den Stuttgart-Spielen haben wir uns alle gefragt, was da passiert ist. Das ist Otto-Rehhagel-Fußball. Damit ist Griechenland 2004 zwar Europameister geworden, aber die Zeiten sind jetzt auch längst vorbei."
BVB-Stars tragen die Hauptschuld
Skysport.de: Wer trägt die Hauptschuld und Hauptverantwortung an der aktuellen Situation?
Marion Schwarz: "Es liegt an der Kaderzusammenstellung und an den BVB-Profis. Sie wirken lustlos und überwiegend unmotiviert. Gerade den Fans gegenüber machen sie keinen guten Eindruck auf uns. Wenn sich Fans nach dem Training mit den Stars fotografieren lassen wollen, haben die Profis daran keinen Spaß. Das merkt man. Wenige lachen fröhlich, die meisten eher notgedrungen. Für den BVB zu spielen, das ist für viele einfach nur ein Job - und das ist das Problem. Jeder Profi bei uns ist ein Einzelkämpfer, für uns fehlt da der Teamspirit in der Mannschaft. Wir haben auch den Eindruck, dass die Identifikation mit unserem Verein bei vielen Spielern einfach nicht da ist. Nach den Spielen motivieren Mats Hummels und Youssoufa Moukoko, die ich aus der Kritik herausnehmen muss, zum Teil die anderen Spieler dazu bewegen, mit in die Kurve zu gehen."
Ralf Schwarz: "Ich möchte die Führungsebene auf keinen Fall dabei aus der Verantwortung nehmen. Aus vielen Gesprächen, die wir auch auf der Mitgliederversammlung geführt haben, entstand bei uns der Eindruck, dass die Profis zu stark verhätschelt werden. Wenn ich sehe, dass die Mannschaft nach verlorenen Spielen zwei Tage trainingsfrei bekommt, dann kann ich das nicht nachvollziehen. Da sollte man sich vielmehr die gemachten Fehler noch mal anschauen und nach Lösungen suchen. Es wird beim BVB zu wenig auf der mentalen Ebene gemacht und zu viel Rücksicht auf die Empfindlichkeiten unserer Spieler genommen. Wir haben zu viele Künstler und zu weniger Arbeiter."
Skysport.de: Tabellenplatz fünf und ein frühes Pokal-Aus. Dafür aber starke Auftritte in der Champions League. Wie bewerten Sie die BVB-Hinrunde sportlich?
Ralf Schwarz: "Wir haben sehr viele inkonstante Leistungen in der bisherigen Saison gesehen. Das sieht man natürlich auch daran, wenn man sich anschaut, wie wenig Punkte wir in den vergangenen Spielen geholt haben. Unerklärlich ist es auch, dass es in der Champions League gut läuft, aber in den anderen Wettbewerben nicht. Auch das ist wieder eine Sache der Einstellung der Spieler und der gesamten Mannschaft. Ich hoffe, dass es in der Rückrunde besser wird und bin weiterhin sehr zuversichtlich."
Watzke muss sich Kritik gefallen lassen
Skysport.de: Was hat Ihnen neben den sportlichen Problemen negativ aufgestoßen?
Marion Schwarz: "Was ich zum Beispiel nicht verstanden habe, ist, warum wir Ramy Bensebaini geholt und den Tom Rothe nach Kiel verliehen haben. Rothe macht das fantastisch, Bensebaini ist dagegen noch überhaupt nicht richtig bei uns angekommen. Wir müssen nicht nur gucken, wer gut auf seiner Position spielt, sondern vor allem, wer überhaupt ins Team passt. Wir müssen als Team auftreten, wie das geht, zeigt aktuell Bayer 04 Leverkusen."
Ralf Schwarz: "Wenn ich höre, dass sich ein Donyell Malen nach zweieinhalb Jahren immer noch nicht gut integriert fühlt, dann kann ich das nicht verstehen. Das ist sicherlich auch die Aufgabe des Trainers, aber auch die Aufgabe des Trainerteams und des gesamten Staffs. Auch die Führungsspieler und die Führungsebene sind hierbei gefragt. Alle müssen an einem Strang ziehen und dafür sorgen, dass wir wieder eine Mannschaft haben. Wir sitzen bei den Heimspielen immer auf Höhe der Mittellinie und kriegen dort mit, dass sich die Spieler schon beim Warmmachen häufiger gegenseitig anpflaumen. Das haben wir wiederholt beobachtet. Es ist einfach keine Mannschaft aktuell."
Skysport.de: Woran machen Sie die angespannte Stimmung rund um den BVB noch fest?
Ralf Schwarz: "An vielen Dingen und überall, das geht hoch bis zu Hans-Joachim Watzke. Wir haben ihn gefragt, warum der BVB eine Autogrammstunde nach dem Training immer abhängig vom Wetter macht. Da gehen 2000 Leute durch Sonne, Wind, Regen, Schnee hin, um die Jungs trainieren zu sehen. Und dann heißt es nach 60 Minuten Training, das sie jetzt auf die Gesundheit der Spieler aufpassen müssten und sich nicht mehr für Autogramme noch 15 Minuten im Freien aufhalten können. Da fängt es doch schon an."
BVB-Stars müssen Fans wiedergewinnen
Skysport.de: Was würden sie sich mit Blick auf 2024 vom BVB wünschen?
Ralf Schwarz: "Wir wünschen uns, dass der BVB den Teamspirit wieder reinbekommt, den spüren wir im Moment nicht mehr. Früher hieß es von Neven Subotic immer: 'Wenn wir unten in unserem Stadion im Tunnel standen, wussten wir, dass wir dieses Spiel gewinnen werden'. Heute haben wir leider keine Mannschaft, keine Einheit mehr. Jeder macht seine Kabinettstückchen. Das ist aktuell das große Problem. Vom Verein müssen jetzt die Strukturen und auch die Forderungen geschaffen werden, dass die Profis auch mal länger bleiben, sich so richtig mit dem Verein identifizieren, sich sechs bis acht Stunden pro Tag mit ihrem Job beschäftigen und nicht nach 90 Minuten Training einfach nach Hause gehen und an ihrem FIFA-Score arbeiten, dass der nicht mehr auf 80, sondern auf 82 ist. Das scheint für einige Spieler wichtiger zu sein als alles andere."
Skysport.de: Abschließend: Wie können die Spieler die BVB-Fans wieder auf ihre Seite bringen?
Ralf Schwarz: "Die Spieler müssen sich bewusst werden, dass der gesamte Zirkus Fußball ohne die Fans nicht funktioniert. Die Spieler sollen sich bewusst sein, dass Leute einen Großteil ihres Geldes investieren, um ins Westfalenstadion zu gehen und mit Herz und Seele hinter dem Verein stehen. Die Spieler sollen zumindest verstehen, dass wir alle - Profis und Fans - der BVB sind. Die Fans sind nicht nur die Klatschaffen und die Spieler nicht die großen Primadonnen auf dem Feld. Mein größter Wunsch ist es, dass die Spieler die Fans ernst nehmen und glaubhaft vermitteln können, dass sie sich freuen, den Rückhalt der Fans zu spüren."
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