Watzkes Worte und die Champions League haben Terzic gerettet
22.12.2023 | 17:14 Uhr
Lothar Matthäus erklärt in seiner Kolumne, warum Edin Terzic BVB-Trainer bleiben darf. Zudem blickt er auf die Höhepunkte und Schlagzeilen des Fußball-Jahres.
Das Herzschlag-Finale zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund im Sommer war ein Highlight des Jahres 2023. Auch im Kampf um die Champions League und um den Klassenerhalt war es in der vergangenen Saison bis zum Schluss spannend.
Auch in der laufenden Spielzeit bekommen die Fans wieder sehr viel geboten. Leverkusen und Bayern liefern sich an der Tabellenspitze einen Kampf auf höchstem Niveau. Harry Kane ist eine Bereicherung für die Liga, genau wie Florian Wirtz, Victor Boniface, Xavi Simons und Serhou Guirassy.
Dass Stuttgart, das sich in der vergangenen Saison erst in der Relegation gerettet hat, neben Leipzig auf Champions-League-Kurs ist überrascht ebenso wie die Tatsache, dass Heidenheim als Aufsteiger auf einem gesicherten Mittelfeldplatz überwintert. Die Bundesliga lebt von diesen positiven Geschichten.
Es geht aber nicht nur um Punkte und Platzierungen, es geht auch um Leistung. Wenn man einen Kader wie Borussia Dortmund hat und die Mannschaft nicht performt hat, muss auch von Trainerseite her etwas falsch gelaufen sein.
Edin Terzic haben die Ergebnisse in der Champions League und Hans-Joachim Watzkes Aussage von vor einem halben Jahr gerettet. Damals hatte der BVB-Boss angekündigt, man werde mit Terzic in die nächsten Jahre gehen. Wenn man nur die Ergebnisse aus den nationalen Wettbewerben bewertet hätte, wäre die Entscheidung sicher nicht zugunsten von Terzic ausgefallen. In der Bundesliga und im DFB-Pokal hat der BVB nicht das gezeigt, was von der Qualität her in der Mannschaft steckt.
Aber Watzkes Wort gilt in Dortmund. Deshalb und wegen der erfolgreichen Champions-League-Gruppenphase darf Terzic weiter bei seinem Lieblingsverein als Trainer arbeiten.
Urs Fischer in Berlin und Steffen Baumgart in Köln haben in ihren Vereinen fünf bzw. zweieinhalb Jahre lang Top-Arbeit geleistet und die Klubs nach oben geführt, aber an ihren Beispielen sieht man, wie schnell es im Fußball auch in die andere Richtung gehen kann. Ein paar Wochen ohne Sieg, fehlende Ergebnisse, Leistungsschwankungen in der Mannschaft - dann bist du als Trainer ganz oft die "ärmste Sau".
Natürlich muss man damit rechnen, dass so etwas passieren kann und ich glaube, Fischer und Baumgart sind lange genug im Geschäft um zu wissen, wann die Gesetzmäßigkeiten des Fußballs greifen. In beiden Vereinen dürfte es aber niemandem leicht gefallen sein, diese Entscheidungen zu treffen.
Union hat meiner Meinung nach den Fehler gemacht, dass sie von ihrer Strategie der vergangenen vier Jahre abgewichen sind. Durch die namhaften Verpflichtungen im Sommer sind ein bisschen ihrer Linie untreu geworden und in der Liga nicht so in den Tritt gekommen. In den Jahren zuvor haben sie vielleicht etwas über performt, aber damals standen sie als Einheit zusammen. Auf den Siegen gegen Mönchengladbach und Köln können die Köpenicker nun aufbauen.
Bei Köln wusste ich, dass es eine schwierige Saison wird. Mit Ellyes Skhiri, Jonas Hector und dazu noch FC-Urgestein Timo Horn haben die Domstädter drei Führungsspieler verloren, aber keine Qualitätsspieler dazubekommen.
Dass Mainz ebenfalls tief im Abstiegskampf steckt, hat mich überrascht und auch von Wolfsburg hätte ich mehr erwartet. Beim VfL-Sponsor ist man sicher nicht mit einem langweiligen Mittelfeldplatz und langweiligen Ergebnissen zufrieden.
Im kommenden Jahr 2024 können wir uns wieder auf viele interessante Spiele freuen. Hinter Leverkusen und Bayern sind Stuttgart und Leipzig auf Schlagdistanz, es wird spannend in allen Tabellenregionen.
Im Europapokal sind noch sechs von ursprünglich sieben deutschen Vereinen dabei. Bayern in der Champions League und Leverkusen in der Europa League können um den Titel mitspielen. Wenn Frankfurt sich im Winter verstärkt, kann die Eintracht in der Conference League auch zu den Anwärtern zählen.
Harry Kane ist ein Unterschiedsspieler, aber allein kann er keine Trophäen gewinnen. Er braucht wie ein Erling Haaland bei Manchester City oder Jude Bellingham bei Real Madrid seine Mitspieler, um mit seinem Team den ersehnten Titel zu holen.
Die Europameisterschaft ist für die Fans noch etwas weit weg. Die Nationalmannschaft hat nicht so performt, dass jetzt schon der EM entgegengefiebert wird. Aber ich habe die Hoffnung und den Glauben, das die deutsche Mannschaft anders performt als gegen die Türkei und in Österreich, dass sie als Team zusammenwächst und noch eine Euphorie entfachen kann, wie es sie vor der WM 2006 in Deutschland gab.
Mehr zum Autor Lothar Matthäus
Alle weiteren wichtigen Nachrichten aus der Sportwelt gibt es im News Update nachzulesen.