Selten waren die Favoriten auf den Aufstieg in die Bundesliga so schnell gefunden wie vor dieser Spielzeit der 2. Bundesliga. Doch der Hamburger SV und der 1. FC Köln gehen das Projekt Wiederaufstieg teils völlig anders an.
Die Tristesse nach dem Abstieg im Mai ist in den Metropolen Hamburg und Köln längst einer Euphorie gewichen. Die Vorfreude beim Hamburger SV und dem 1. FC Köln auf die kommende Zweitligasaison ist riesig. Bei den Saisoneröffnungsfeiern beider Teams pilgerten die Fans in Scharen zur Veranstaltung und feierten die Spieler.
Die Fans gehen in Vorleistung, wollen aber nächstes Jahr wieder Bundesliga-Luft schnuppern. Die Ausgangslage ist klar: Alles andere als die sofortige Rückkehr in die Beletage des deutschen Fußballs wäre eine herbe Enttäuschung. Das zeigt bereits ein Blick auf den Kaderwert der zwei Teams.
Höchste Marktwerte der Geschichte
Der Gesamtmarktwert des 1. FC Köln 2018/19 beläuft sich auf 75,18 Millionen Euro (Quelle transfermarkt.de) - mit Abstand Höchstwert der Geschichte der 2. Bundesliga. Auf Platz zwei in diesem Ranking folgt der Hamburger SV mit 53,20 Millionen Euro.
Luxus-Kader der Vergangenheit wie zum Beispiel der des VfB Stuttgart aus dem Jahr 2016/17 (52,38 Millionen Euro) oder der der Frankfurter Eintracht aus der Saison 2011/12 (51,40 Millionen Euro) können nicht ganz mithalten. Diesen beiden Teams gelang seinerzeit der direkte Wiederaufstieg.
HSV und Köln nehmen Favoritenrolle an
Der HSV und der FC nehmen nicht nur deshalb die Favoritenrolle auch an. "Für uns gibt es keine Option. Wir haben dieses Ziel klar in unseren Köpfen verankert", sagte Kölns Torhüter Timo Horn exklusiv zu Sky Sport auf der Saisoneröffnung des 1. FC Köln.
Auch Hamburgs Ralf Becker redet nicht um den heißen Brei: "Wir wissen, dass wir als Hamburger Sportverein in der zweiten Liga automatisch in der Favoritenrolle sind und die nehmen wir auch gerne an", so der neue Sportdirektor am Sky Mikro.
Das Ziel ist gleich, den Weg dorthin wollen die Widersacher allerdings unterschiedlich hinter sich bringen.
STICHWORT KADERSTRUKTUR
Beide Teams konnten einige Leistungsträger trotz des Abstiegs halten. Beim ehemaligen Dino blieb Ex-Kapitän Gotoku Sakai an Bord. Auch Lewis Holtby oder der neue Spielführer Aaron Hunt tragen nächste Saison die Raute auf der Brust. Zusammen mit Rückkehrer Pierre-Michel Lasogga und Neuzugang Christoph Moritz verfügt Trainer Christian Titz somit über einige erfahrene Korsettstangen.
Der Rest des Kaders ist allerdings blutjung, wie das Gesamtdurchschnittsalter von 22,4 Jahren demonstriert. Damit stellt der HSV mit Abstand den jüngsten Kader der Liga. Die SpVgg Greuther Fürth und der SC Paderborn folgen mit je 24,6 Jahren bereits mit einem gewissen Abstand.
Sollten - wie geplant der 28-Jährige Albin Ekdal und der 25 Jahre alte Filip Kostic den Verein wie geplant noch verlassen, sinkt das Durchschnittalter sogar noch weiter. Insgesamt acht (!) Teenager finden sich im Profikader der Rothosen wieder. Holtby sieht bei den jungen Wilden dennoch überzeugt und spricht bei Sky mit "Mega-Potenzial" und "riesen Qualität".
Köln mit absolutem Luxus-Kader
Über deutlich mehr Erfahrung verfügt der 1. FC Köln. Im Schnitt ist der Kader der Geißböcke 24,2 Jahre alt. Mit dem 35-jährigen Ex-Kapitän Matthias Lehmann, Stürmer Simon Terodde (30) und Mittelfeldspieler Marcel Risse und Marco Höger (je 28) finden sich einige Routiniers im Team wieder. Dazu zählen natürlich auch Horn und vor allem Nationalspieler Jonas Hector, der das Team nächste Saison als Spielführer anführen wird.
Der neuen Trainer Markus Anfang hat fast auf jeder Position die Qual der Wahl und hat kann auf einen gesunden Mix aus erfahrenen Akteuren und hungrigen Spielern bauen. Allerdings muss Anfang dem Team noch seine offensive Philosophie einhauchen. Ein Prozess, der sicherlich noch Zeit braucht, wie Horn berichtet: "Es sind viele Dinge, die uns zum Beispiel Peter Stöger genau anders gesagt hat. Da muss man erstmal umdenken", so der Schlussmann.
STICHWORT NEUZUGÄNGE
Nicht nur in der Kaderstruktur, auch bei den Neuzugängen ist eine unterschiedliche Heransgehensweise zu beobachten. Beim Hamburger SV zahlte man nur für Khaled Narey eine Ablösesumme. Und die hielt sich mit 1,7 Millionen Euro auch noch im Rahmen. Alle anderen Neuzugänge kamen ablösefrei an die Elbe. Mit Titz-Wunschspieler Moritz (aus Kaiserslautern) und Ex-Mainzer Jairo Samperio wurden auch zwei namhafte Spieler verpflichtet.
Für die Innenverteidigung kam David Bates von den Glasgow Rangers und deutete in der Vorbereitung an, dass er eine Verstärkung sein kann. Im Schnitt sind die Neuen nur 20,9 Jahre alt.
HSV nimmt viel Geld ein
Mit Walace (für sechs Millionen Euro zu Hannover 96), Luca Waldschmidt (für fünf Millionen Euro zum SC Freiburg), Andre Hahn (drei Millionen/FC Augsburg) wurden drei Spieler für gutes Geld verkauft. Zudem wurde Bobby Wood für eine Leihgebühr von etwa 1,2 Millionen Euro nach Hannover ausgeliehen.
Völlig anders bewegten sich die Domstädter auf dem Transfermarkt. Durch die Verkäufe von Leonardo Bittencourt (für sechs Millionen zu 1899 Hoffenheim), Yuya Osako (4,5 Millionen Euro/Bremen), Dominique Heintz (drei Millionen Euro/SC Freiburg), Lukas Klünter (zwei Millionen Euro/Hertha BSC) und Mikos Jojic (zwei Millionen Euro/Basaksehir) kam frisches Kapital in die Vereinskasse. Das meiste Geld spielte aber natürlich Anthony Modeste ein, den sein neuer Verein Tianjin Quanjian nach der Leihe fest für 29 Millionen Euro verpflichtete.
Köln investiert viel auf dem Transfermarkt
Mit diesem Geld konnte Geschäftsführer Armin Veh bereits letzten Winter zwei Spieler verpflichten, die beinahe noch den Klassenerhalt geschafft hätten. Vincent Koziello (für drei Millionen Euro/OGC Nizza) und Terodde (drei Millionen Euro/VfB Stuttgart) waren aber eher ein Vorgriff auf die kommende Saison. Im Sommer legte Veh mit einigen namhaften Neuzugängen nach.
Spielmacher Dominick Drexler (vier Millionen Euro) und Innenverteidiger Rafael Czichos (1,8 Millionen Euro) kennt Trainer Anfang bereits aus der Zeit bei Holstein Kiel. Zudem konnte Louis Schaub (3,5 Millionen Euro) von Rapid Wien von der 2. Bundesliga überzeugt werden. Mit Niklas Hauptmann von Dynamo Dresden und Lasse Sobiech vom FC St. Pauli wurden auch zwei Zweitliga-Erfahrene Akteure verpflichtet.
Insgesamt gaben die Kölner stolze 12,5 Millionen Euro für Neuzugänge aus. Deutlich mehr als die Hamburger. Welche Strategie letztlich erfolgreicher ist, wird sich zeigen. An der Ausgangslage ändert das jedoch wenig. Eine erneute Tristesse im Mai können sich beide Vereine nicht leisten.