Interne Machtkämpfe, Wirbel um Kylian Mbappe und eine eingekaufte "Troll-Armee": Paris St. Germain dominiert in diesen Tagen die Schlagzeilen. Der renommierte Klub unter katarischer Führung verkommt zu einer ewigen Seifenoper und befindet sich am Rande der Implosion.
Der Wille war da. Nach dem abermaligen Scheitern beim sehnsüchtigen Vorhaben, die Champions League zu gewinnen, war der Pariser Vereinsboss Nasser Al-Khelaifi im Sommer zum Entschluss gekommen, dass der Verein einen umfassenden Paradigmenwechsel benötige. Daraufhin wurden umgehend neue Narrative produziert.
Harte Arbeit statt Bequemlichkeit, Bescheidenheit statt Bling-Bling - ein fraglos radikaler Kurswechsel für einen Verein, der sich seit der Übernahme der katarischen Investorengruppe Qatar Sports Investments 2011 zu einer milliardenschweren Weltmarke entwickelt hat - und wie kein Zweiter für Glanz und Glamour steht. Das ist allein dem Standort geschuldet, schließlich definiert sich Paris selbst als absoluter Mittelpunkt der Modewelt.
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Doch das Achtelfinal-Aus gegen Real Madrid mit all seinen Reaktionen und Folgen schien den französischen Serienmeister in seinen Grundfesten erschüttert zu haben. Eine neue Ära sollte eingeläutet werden, eine Ära geprägt von Demut. Ein löblicher Ansatz und bei PSG war in diesem Sommer auch die Absicht zu erkennen, die neu implementierte Vereinsphilosophie mit Leben zu füllen.
PSG überrascht im Transfer-Sommer
Statt wie in den vergangenen Jahren in große Namen zu investieren, verpflichtete der Scheich-Klub mit Carlos Soler, Fabian Ruiz, Vitinha und Renato Sanches gleich vier zweikampf- und laufstarke Akteure für das Mittelfeld-Zentrum. Auf der Trainer-Position entschieden sich die Verantwortlichen gegen die Luxus-Variante namens Zinedine Zidane und stellten stattdessen den international eher unbekannten Christophe Galtier als Dompteur der divenhaften Star-Truppe ein. Mit dem Portugiesen Luis Campos als Berater, der in Frankreich schon sehr erfolgreich in Monaco (2013 bis 2016) und Lille (2017 bis 2020) gearbeitet hatte, holte sich der amtierende Meister auch noch Expertise von außen ins Haus.
Nach nur wenigen Monaten lässt sich aber konstatieren: Es waren Veränderungen, die den Klub nicht großartig verändert haben. Im Gegenteil. PSG verkommt zu einer ewigen Seifenoper, die in den vergangenen Tagen um zahlreiche Kapitel reicher geworden ist. Der Grund allen Übels ist, dass die Idee des Wandels bereits im Mai diesen Jahres quasi gestorben worden war.
Mbappe fühlt sich von PSG offenbar betrogen
Die pompös inszenierte Vertragsverlängerung mit Superstar Kylian Mbappe bis 2025 hat sich für die Franzosen als Eigentor erwiesen. Allein für die Unterschrift unter dem neuen Arbeitspapier soll der Angreifer eine einmalige Bonuszahlung jenseits der 100 Millionen Euro erhalten haben. Laut Forbes ist er durch den historischen Deal mit einem jährlichen Einkommen rund 110 Millionen Dollar sogar zum bestbezahlten Fußballer der Welt aufgestiegen. Wie soll ein Spieler bei diesen Zahlen bitteschön demütig bleiben? Wären es doch nur die Zahlen, dazu gesellen sich noch Sonder-Privilegien und Versprechungen, die ihm angeblich eingeräumt worden seien. Diese könnten nun weitreichende Konsequenzen haben.
Nach Angaben der französischen Tageszeitung Le Parisien will Mbappe PSG angeblich schon während der Winterpause verlassen, weil er sich von der Vereinsführung um Präsident Al-Khelaifi betrogen fühlt und ihm gemachte Versprechen nicht eingehalten worden seien. Demnach habe er sich die Verpflichtung eines Neuners des Kalibers von Robert Lewandowski gewünscht, damit er nicht mehr auf der bei ihm ungeliebten Position als Stoßstürmer agieren müsse.
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Genau dort wird er in dieser Saison aber zumeist eingesetzt, weil mit dem 20-jährigen Hugo Ekitike zwar ein vielversprechendes Talent geholt wurde, das aber noch herangeführt werden muss. Dass im Teamsport Fußball nicht jeder immer auf seiner Lieblingsposition spielen kann, ist alles andere als eine offenbarende Erkenntnis. Auch ein Weltmeister wie Thierry Henry musste diese Erfahrung machen.
Egoismus-Anfälle von Mbappe: Henry stellt Theorie auf
In seiner Zeit beim FC Barcelona habe er es "manchmal gehasst", welche Rolle er spielen musste, "aber ich habe es für die Mannschaft getan", sagte der Franzose von 1998 bei CBS Sport. Nun sind Egoismus-Anfälle von Mbappe keineswegs neu, in dieser Saison hat er beispielsweise schon einen eigenen Angriff abgebrochen und damit große Diskussionen ausgelöst. Henry meint den Grund für das eigensinnige Verhalten zu kennen.
"Es gibt etwas, das größer ist als alles andere, und das ist der Verein", sagte er: "Aber haben sie ihm das Gefühl gegeben, dass der Verein das Wichtigste ist, oder haben sie ihm das Gefühl gegeben, dass er wichtiger ist als der Verein?"
PSG wiederholt Fehler aus der Vergangenheit
Es wäre nicht das erste Mal, dass Paris sich seinen Superstars unterwirft, schließlich wurden auch Neymar und Lionel Messi mit zahlreichen Sonderrechten goutiert. Genau hier liegt das große Problem: PSG hat offensichtlich nichts aus seinen Fehlern der Vergangenheit gelernt. Egos werden weiter gefördert, dadurch aber der Teamgeist geschwächt. Diese Entwicklung spiegelt sich längst auf dem Rasen wider, stellvertretend dafür steht der unsägliche Elfer-Zoff zwischen Mbappe und Neymar.
Der Konflikt barg hohes Eskalations-Potenzial, Trainer Galtier sah sich sogar gezwungen, öffentlich ein Machtwort zu sprechen. Früher befreundet, gilt das Verhältnis zwischen dem Diven-Duo mittlerweile als mehr als angespannt. Angeblich habe PSG Mbappe im Sommer in Aussicht gestellt, Neymar loszuwerden, der Brasilianer aber blieb. Eine komplexe Gemengelage, aufgrund derer sich der Klub nun am Rande der Implosion befindet.
Zwischen Campos und Antero Henrique, dem leitenden Assistenten des Geschäftsführers, soll aufgrund der Transferpolitik ein Machtkampf ausgebrochen sein. Zudem habe der Tabellenführer der Ligue 1 massenhaft falsche Accounts in sozialen Netzwerken einrichten lassen, um unliebsame Medien, Persönlichkeiten und selbst eigene Spieler wie Neymar oder Mbappe zu diskreditieren.
Mbappe prüft Kündigung - PSG macht Rekordverlust
Auch wenn Paris den Einsatz der sogenannten "Troll-Armee" dementierte, so soll der Enthüllungsbericht der bekannten französischen Onlinezeitung Mediapart Mbappe noch mehr in dem Wunsch bestärkt haben, den Verein so schnell wie möglich zu verlassen. Wie L'Equipe berichtet, prüfe er alle Option, um seinen Vertrag bei PSG vorzeitig zu kündigen, auch wenn das Vorhaben kaum umzusetzen sei.
Es ist die nächste bizarre Wendung in der schier endlosen Seifenoper an der Seine, die Negativ-Meldungen reißen ohnehin nicht ab: Neymar droht offenbar eine Haftstrafe wegen Betrug und Korruption und nach Angaben von Le Parisien hat Paris in der vergangenen Saison einen Rekordverlust zwischen 300 und 350 Millionen Euro gemacht. Auch, weil trotz der Corona-Krise die Gehaltskosten erhöht worden seien. Herzlich willkommen in der Ära der Demut.
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