Paris St. Germain: Neue Ära ohne Neymar? PSG vor Umbruch

Demut statt Bling-Bling! PSG läutet neue Ära ein

Neymar ist bei Paris St. Germain nicht mehr unumstritten.
Image: Neymar ist bei Paris St. Germain nicht mehr unumstritten.  © Imago

Bei Paris St. Germain weht ein frischer Wind. Nachdem die Franzosen in der Königsklasse den Titel erneut klar verpassten, wurde die komplette sportliche Führung ausgetauscht. Der Boss läutet eine neue Ära ein, in der es auch für einen Superstar eng werden könnte.

Im vergangenen Sommer gab Paris St. Germain auf dem Transfermarkt mal wieder richtig Gas. Mit neuen Superstars wie Lionel Messi vom FC Barcelona, Real Madrids Sergio Ramos oder Milans Gianluigi Donnarumma sowie weiteren namhaften und kostspieligen Transfers wie Achraf Hakimi von Inter sowie Liverpools Georginio Wijnaldum sollte endlich der langersehnte Champions-League-Titel her.

Im Nachhinein war es wahrscheinlich der letzte verzweifelte Versuch, den Henkelpott auf diese Art an die Seine zu holen, doch das Vorhaben scheiterte wie so oft frühzeitig. Bereits im Achtelfinale war gegen den späteren Sieger Real Madrid Endstation, da viele Transfers nicht funktionierten.

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PSG-Boss kündigt "neue Ära" an

Wijnaldum spielte sportlich überhaupt keine Rolle, Donnarumma teilte sich die Einsätze im Tor mit Keylor Navas und patzte gegen die Königlichen schwer und Ramos fiel fast die gesamte Saison verletzt aus. Und Messi? Der siebenfache Ballon d'Or-Gewinner brachte den Franzosen zwar Einnahmen von rund 700 Millionen (!) Euro, konnte aber aus verschiedenen Gründen in seiner ersten Saison in Paris ebenfalls nicht an seine Leistungen in Barcelona anknüpfen und es war klar, dass in der französischen Hauptstadt Köpfe rollen würden.

In einem Interview mit CNN bestätigte Präsident Nasser Al-Khelaifi im Mai, dass es "viele Veränderungen" im Klub geben werde, um eine "neue Ära" einzuleiten. Sportdirektor Leonardo und Trainer Mauricio Pochettino werden kein Teil davon sein. Zwar hat der Verein die Trennungen noch nicht offiziell bestätigt, aber in Leonardos Fall den Nachfolger bereits vorgestellt. Der Portugiese Luis Campos, der in Frankreich schon sehr erfolgreich in Monaco (2013 bis 2016) und Lille (2017 bis 2020) gearbeitet hat, ist offiziell zwar nur als Berater angestellt, kümmert sich aber zukünftig hauptverantwortlich um die Kaderplanung bei PSG.

"Ich freue mich sehr, zu Paris Saint-Germain zu kommen, dem meiner Meinung nach ehrgeizigsten und aufregendsten Verein des Weltfußballs. Ich glaube fest an die Vision des Klubs und kann es kaum erwarten, das große Potenzial dieses außergewöhnlichen Vereins weiter zu entfalten.", erklärte Campos bei seiner Vorstellung.

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Keine Gespräche mit Zidane

Auch bei der Suche nach einem neuen Trainer sind die Pariser schon sehr weit. Klar ist: Der lange als Topfavorit gehandelte Zinedine Zidane wird es nicht, obwohl er angeblich die Wunschlösung der katarischen Eigentümer war. "Ich liebe Zidane, er war ein fantastischer Spieler mit unglaublicher Klasse. Er war auch ein außergewöhnlicher Trainer mit drei Champions-League-Titeln. Aber ich sage Ihnen eines: Wir haben nie mit ihm gesprochen, weder direkt noch indirekt. Viele Vereine sind an ihm interessiert, auch Nationalmannschaften, aber wir haben nie mit ihm gesprochen", erklärte Al Khelaifi jedoch im Gespräch mit Le Parisien.

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Und weiter: "Wir haben uns für eine andere Option entschieden. Wir haben uns für einen Trainer entschieden, der für das, was wir vorhaben, am besten geeignet sein wird. Ich bin nicht hier, um Trainer zu vergleichen. Ich weiß genau, was wir brauchen. Es gibt Details im Verein, die man nicht kennt."

Statt großer Lösung hat sich PSG nun also offenbar für den international doch recht unbekannten Franzosen Christophe Galtier entschieden, der mit Campos in der Vergangenheit aber bereits erfolgreich in Lille zusammengearbeitet hat. In der Spielzeit 2020/21 gewannen Galtier und Campos mit Lille sensationell die Meisterschaft - mit einem Punkt Vorsprung vor Paris.

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"Kein blinkendes Bling-Bling mehr"

Nun soll das Duo die von Al Khelaifi ausgerufene neue Ära bei PSG prägen. Der Meister ist deshalb sogar bereit, den 55-Jährigen, der als ausgezeichneter Fachmann und gewiefter Taktikfuchs gilt, für rund zehn Millionen Euro aus seinem Vertrag in Nizza herauszukaufen.

Geld dürfte nämlich auch in der Zukunft kein Hindernis sein, aber Al Khelaifi hat offenbar eingesehen, dass es nicht reicht, einfach nur Superstar an Superstar zu reihen und darauf zu hoffen, dass am Ende der Triumph in der Königsklasse dabei herauskommt.

"Vielleicht sollten wir unseren Slogan ändern... 'Dream bigger' ist gut, aber heute müssen wir realistisch sein, wir wollen kein grelles, blinkendes Bling-Bling mehr, das ist das Ende des Glitzers", gab Al Khelaifi bei Le Parisien die Richtung vor: "Für die nächste Saison ist das Ziel klar: Jeden Tag 200 Prozent arbeiten. Wir müssen wieder demütig werden. Wer in seiner Bequemlichkeit bleiben will, wer nicht kämpfen will, der bleibt beiseite."

Muss Neymar gehen?

Diese Worte waren sicherlich zu einem großen Teil auch an Superstar Neymar gerichtet, der in der vergangenen Spielzeit offenbar wiederholt mit Lustlosigkeit und zahlreichen Eskapaden auffiel und nun verkauft werden könnte. Zumindest vermied der PSG-Boss ein klares Bekenntnis zum Brasilianer. Speziell darauf angesprochen, ob Neymar Teil des neuen Projekts sein werde, erwiderte der 48-Jährige bei der Marca nur: "Wir können nicht öffentlich darüber sprechen, denn einige Spieler werden kommen, andere werden den Verein verlassen. Dies sind private Verhandlungen."

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Angeblich haben Juventus, der FC Chelsea und auch Newcastle United ihre Fühler schon ausgestreckt. Ein Transfer des exzentrischen Edeltechnikers dürfte dennoch schwierig werden. Zum einen verlängert sich Neymars Vertrag Anfang Juli noch einmal um ein Jahr bis 2027, so dass eine gewisse Ablöse unabdingbar ist. Einige Interessenten wie beispielsweise Juventus dürften sich schwer tun, das üppige Gehalt von mehr als 30 Millionen Euro netto zu zahlen und ob Neymar Interesse an einem Wechsel zu Newcastle hat, darf bezweifelt werden.

Bleibt noch der FC Chelsea, wo mit Thomas Tuchel jemand das sportliche Sagen hat, der bereits erfolgreich mit dem 30-Jährigen zusammengearbeitet hat. Neymar und Tuchel erreichten schließlich 2020 gemeinsam das Champions-League-Finale. Nach Sky Informationen gibt es also zwar eine Wertschätzung zwischen den beiden Parteien, aber momentan stehen die Zeichen auf einen Neymar-Verbleib bei PSG.

Neue Mannschaft um Mbappe soll aufgebaut werden

Doch auch wenn der Tempodribbler in Frankreich bleibt, wird er sich und sein Verhalten sicherlich ändern müssen. Eine Versetzung in eine mögliche Trainingsgruppe zwei, die Campos in Paris einführen will, droht dem Superstar - anders als offenbar Thilo Kehrer - wohl eher nicht, aber Al Khelaifis Aussagen und die Pfiffe der eigenen Fans gegen ihn zeigen: Neymar ist keinesfalls mehr unantastbar bei PSG, zumal mit Angel Di Maria einer seiner besten Freunde den Klub verlassen musste. Der Vertrag des Argentiniers wurde nicht verlängert und es soll auch kein Ersatz verpflichtet werden. Vielmehr soll der Abgang intern aufgefangen werden.

Das Ziel ist, eine Mannschaft um Weltmeister Kylian Mbappe herum aufzubauen, die sich mit dem Projekt voll identifiziert. Die Zeiten, in denen Spieler wie Kingsley Coman, Christopher Nkunku oder Moussa Diaby, die allesamt bei PSG ausgebildet wurden, anderswo durchstarten, soll der Vergangenheit angehören.

Campos bekannt als Talente-Entdecker und Förderer

Campos ist bekannt dafür, ein Auge und ein Gespür für junge Talente zu haben. Er entdeckte oder förderte Spieler wie Mbappe, Anthony Martial, Fabinho, Bernando Silva oder auch den aktuellen Spieler des Jahres in der Serie A, Rafael Leao. Diese Expertise soll er nun auch bei PSG einbringen, um die richtigen Profis nach Paris zu lotsen oder aus der eigenen Nachwuchsakademie hochzuziehen.

"Junge Leute, talentiert, engagiert und mit einer Siegermentalität und Leute, die für dieses Logo sterben wollen. Wir wollen kollektiv stärker werden, die Spieler sollen mehr füreinander tun, als Team spielen und vor allem für den Verein da sein. Der Verein wird das Wichtigste sein", beschreibt Al Khelaifi bei der Marca Campos' Auftrag.

Talente gibt es im eigenen Stall genügend: Der 18-jährige Ismael Gharbi zum Beispiel. Der 2004 geborene offensive Mittelfeldspieler verbuchte vergangene Saison bereits seine ersten vier Einsätze für die Profis und gilt als herausragendes Talent. PSG stattete den in Paris geborenen U18-Nationalspieler Spaniens kürzlich daher mit dem ersten Profivertrag bis 2025 aus. Mit dem 2005 (!) geborenen Innenverteidiger El Chadaille Bitshiabu sowie Mittelfeldspieler Xavi Simons und Edouard Michut, Linksaußen Djeidi Gassama und Mittelstürmer Sekou Yansane (alle Jahrgang 2003) setzte PSG weitere fünf Teenager in der vergangenen Spielzeit ein.

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Skriniar, Vitinha & Fofana könnten neu kommen

Diese Talente sollen weiter gefördert werden, aber natürlich wird PSG auch unter neuer sportlicher Führung shoppen gehen. Doch die gehandelten Namen stehen nicht für Bling-Bling, sondern eher für harte Arbeit: Milan Skriniar zum Beispiel, mit dem PSG sich laut übereinstimmenden Medienberichten schon einig ist. Der Slowake von Inter soll die Innenverteidigung verstärken und könnte rund 70 Millionen Euro kosten.

Zudem haben die Franzosen angeblich bereits die Klausel von Portos Vitinha aktiviert. 40 Millionen Euro sind für den zentralen Mittelfeldspieler fällig. Laut L'Equipe ist auch Seko Fofana auf dem Einkaufszettel. Für den 27-Jährigen Abräumer von RC Lens könnten rund 30 Millionen Euro fällig sein. Einziger fixer Transfer ist der 20-jährige Nuno Mendes. Der Linksverteidiger spielte schon vergangene Saison leihweise bei PSG, konnte überzeugen und deshalb zogen die Franzosen die Kaufoption in Höhe von 38 Millionen Euro.

PSG hat offenbar dazugelernt

Man sieht also: Auch in diesem Sommer gibt Paris auf dem Transfermarkt wieder Gas. Anders als in den Jahren zuvor scheint es allerdings, dass mehr darauf geachtet wird, ob die neuen Spieler auch in die Mannschaft und zueinander passen. Ob dieser Weg erfolgreicher ist und am Ende endlich letztlich der langersehnte Henkelpott dabei herausspringt, ist offen. Aber zumindest scheint PSG aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt zu haben und geht einen neuen Weg...

Mehr zum Autor Robert Gherda