Der VfB Stuttgart hat den direkten Klassenerhalt verpasst, aber die Relegation erreicht. Ein Sinnbild für die Saison der Schwaben, meint Sky Reporter Dennis Bayer.
Die Hoffnung vor dem (mutmaßlich) entscheidenden Bundesligaspiel gegen Hoffenheim war groß beim VfB und seinen Fans. Die Stuttgarter hatten den Klassenerhalt selbst in der Hand - und haben es nicht geschafft. Aber sie sind auch nicht abgestiegen. Ein Sinnbild für diese Saison. Der VfB Stuttgart hätte diesen Abstieg nicht verdient, weil die Unterstützung der Fans auch in den schwierigsten Phasen erstklassig war. Der VfB Stuttgart hätte aber auch den Klassenerhalt nicht verdient, weil auf allen Ebenen zu viele Fehler gemacht wurden.
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Der VfB hat diese Relegation verdient, weil die Mannschaft immer wieder gezeigt hat, welches Potential in ihr steckt. In zahlreichen Spielen (auch gegen Hoffenheim) haben die Spieler auf dem Platz Qualität und Moral bewiesen und sind nach Rückständen unter größtem Druck wieder zurückgekommen.
Keine Konstanz
ABER: Der Mannschaft fehlt auch die Konstanz. In wichtigen Spielen hatte sie immer wieder die Hosen voll. Gegen direkte Konkurrenten, wie die beiden Absteiger Hertha und Schalke, haben die Spieler zu oft indiskutable Leistungen auf den Platz gebracht und hochverdient verloren, egal unter welchem Trainer. Dazu kommen reihenweise individuelle Fehler, die wichtige Punkte gekostet haben. Auch das sagt etwas über die Qualität der Spieler aus.
Der VfB hat diese Relegation verdient, weil vier Trainer in einer Saison zu viel sind. Ohne Konstanz kann sich eine Mannschaft nicht weiterentwickeln. Michael Wimmer, der nicht nur offensiven, erfolgreichen Fußball gespielt hat, sondern auch bei der Mannschaft ein extrem gutes Standing hatte, musste gehen. Ersetzt wurde er durch Bruno Labbadia, der die Mannschaft zwar fit gemacht hat, in seiner kurzen Amtszeit aber nicht nur viele Spiele, sondern auch den Rückhalt in der Mannschaft verloren hat.
Hoeneß passt zum VfB
Aber: Mit Sebastian Hoeneß hat der VfB im allerletzten Moment noch den richtigen Trainer für Gegenwart und Zukunft gefunden. Ein Trainer, der die Spieler erreicht, Talente weiterentwickeln kann, einen Fußball spielen lässt, der zu diesem Kader passt und den Verein binnen Wochen aus einer aussichtslos scheinenden Situation wieder nach oben geführt hat.
Der VfB hat diese Relegation verdient, weil in der Führungsetage große Fehler gemacht wurden. Vor allem die Trennung von Sportdirektor Sven Mislintat hat den Verein Monate gekostet. Unstimmigkeiten zwischen Sven Mislintat und (unter anderem) Alexander Wehrle waren lange bekannt und wurden in der Kagummi-Trainersuche nach der Matarazzo-Entlassung und der Beraterinstallation offensichtlich.
Wohlgemuth macht Hoffnung
Im September hätte der VfB eine klare Entscheidung treffen müssen: Entweder das klare Commitment auf einen gemeinsamen Weg oder eine Trennung. Stattdessen befand sich der Verein monatelang in einem Schwebezustand. Mit Fabian Wohlgemuth konnte der neue Sportdirektor so erst im Dezember sein Amt antreten und hatte nur vier Wochen Zeit, um eine Transferperiode vorzubereiten. Eine Mammutaufgabe.
Aber: Fabian Wohlgemuth hat in Paderborn gezeigt, dass er einen klaren Plan entwickeln, verfolgen und eine erfolgreiche Mannschaft bauen kann. Sami Khedira, Philipp Lahm und Christian Gentner verfügen zweifelsohne über ein herausragendes Fußballfachwissen. Alexander Wehrle ist nicht nur ein Arbeitstier mit viel Erfahrung, sondern auch bundesweit in DFL und DFB hochgeschätzt und einflussreich. Eine unfähige Klubführung, mit der eine erfolgreiche Zukunft unmöglich ist, sieht anders aus.
Verdiente Relegation
Diese Einerseits-Andererseits-Spielerei könnte man noch ewig weiter führen. Eine ausführliche und schonungslose Analyse nach der Saison muss passieren und wurde auch schon angekündigt. Mein Fazit: Der VfB Stuttgart hat diese Relegation auf allen Ebenen verdient - im Positiven, wie auch im Negativen.
Das Gute für den Verein ist: Der direkte Abstieg wurde erstmal verhindert. Was in dieser Saison alles passiert ist, ist jetzt egal. Die Relegation ist ein neuer Wettbewerb ohne Rechnerei, ohne Altlasten aus der Vergangenheit. Was jetzt zählt, ist nur der Blick nach vorne. Und da hat der VfB Stuttgart den Klassenerhalt weiter selbst in der Hand.