Bayern mit Kane zurück in die Zukunft?
28.06.2023 | 20:54 Uhr
Auf Robert Lewandowski war Verlass. Der Knipser war stets für 20 Buden gut. Mindestens. Nach seinem Abgang sollte die Last auf mehreren Schultern verteilt werden, aber nun schwenken die Bosse um. Harry Kane, der Lewy in vielen Punkten gleicht, soll kommen. Nach dem Motto: Zurück in die Zukunft.
100, 99, 97 und 92. So lautet die Torausbeute des FC Bayern in der Bundesliga in den vergangenen vier Jahren. Der Trend zeigt zwar von Saison zu Saison leicht nach unten, aber insgesamt kann sicherlich davon gesprochen werden, dass die Münchner Offensive konstant ablieferte. In den ersten drei Spielzeiten lag dies hauptsächlich an Lewandowski, der 34, 41 und 35 Buden verbuchte. Nach dem Abgang des Knipsers im vergangenen Sommer zum FC Barcelona verzichtete der deutsche Branchenprimus aber darauf, einen Ersatz zu verpflichten.
Stattdessen wollte der damalige Coach Julian Nagelsmann eine variablere Offensive installieren und unberechenbarer werden. Zu Saisonbeginn gelang dies auch: Die Bayern starteten mit drei Siegen und 13:1 Toren, doch nachdem sich die Gegner besser auf die neue Formation einstellten, setzte Nagelsmann auf Eric Maxim Choupo-Moting im Sturmzentrum. Der ehemalige Lewy-Backup machte seine Sache gut und kam in nur 19 Spielen auf zehn Treffer. Damit lag er im teaminternen Ranking mit deutlich weniger Einsätzen auf Platz drei hinter Serge Gnabry (14 Treffer) und Jamal Musiala (zwölf Tore).
Doch der Kameruner kämpfte vor allem in der Rückrunde mit hartnäckigen Verletzungen und stand im Saisonendspurt fast gar nicht mehr zur Verfügung. Es wurde schnell deutlich, dass den Münchnern die Anspielstation in der gegnerischen Box vor allem gegen tiefstehende Gegner fehlte. Die Sehnsucht war groß nach einem bulligen Strafraumstürmer, der Bälle festmachen, aber auch selbst zum Abschluss kommen kann. Schließlich hatte man sich an Lewandowski gewöhnt, der in sechs seiner acht Spielzeiten in München mindestens 29 Treffer erzielte.
Und das, obwohl er oft die komplette Aufmerksamkeit der gegnerischen Defensive auf sich zog und gedoppelt wurde. Dies sorgte jedoch dafür, dass seine Kollegen in der Offensive mehr Freiheiten hatten, ins Eins-gegen-Eins gehen konnten und wenn Lewy dann im richtigen Moment seiner Bewachung entwischte, zappelte der Ball im Netz.
Ohne diesen Abschlussspieler kamen die Münchner zwar letztlich auch auf beachtliche 92 Tore, allerdings fällt bei genauerem Hinsehen auf, dass die Konstanz oft fehlte. Wenn es nämlich gut lief, waren die Bayern überhaupt nicht mehr zu stoppen. In fünf der 34 Partien gelangen dem Meister mindestens sechs Tore. Zum Vergleich: In den drei Spielzeiten zuvor gab es insgesamt nur sechs solcher Spiele.
Die Bosse hatten genug gesehen und frühzeitig war klar, dass der FCB in diesem Sommer einen neuen Weltklassestürmer verpflichten möchte. Einen wie Lewandowski - nur jünger. Einen wie Kane, der in München schon lange auf dem Zettel steht. Nachdem diesen Sommer viele Namen wie Victor Osimhen, Dusan Vlahovic, Kai Havertz oder auch Niclas Füllkrug bei den Bayern gehandelt wurden, liegt der Fokus der Verantwortlichen mittlerweile ausschließlich auf dem Kapitän der englischen Nationalmannschaft.
Auch weil er dem Polen in vielen Punkten ähnelt. Vergleicht man Kanes abgelaufene Saison mit Tottenham Hotspur (2022/23) und Lewandowskis letzte Spielzeit im Bayern-Dress (2021/22) fallen zahlreiche Gemeinsamkeiten sofort ins Auge. Bei Dribblings (Kane 2,7 pro 90 Minuten, Lewy 2,6), Ballkontakte (39 zu 40), Defensivaktionen (1,7 zu 1,5), Balleroberungen (2,5 zu 2,2), gewonnene Kopfballduelle (1,7 zu 1,6) und kreierte Chancen (1,5 zu 1,1) sind die beiden fast identisch.
Lewandowski traf zwar häufiger (1,07 zu 0,79), gab mehr Schüsse ab (4,9 zu 3,4) und hatte auch mehr Ballkontakte im gegnerischen Strafraum (8,3 zu 4,8), aber dies ist mit den Unterschieden zwischen den Spurs und den Bayern leicht zu erklären. Die Münchner hatten mit 64,1 Prozent Ballbesitz den meisten in der gesamten Bundesliga. Mehr Kontakte in der Box und mehr Abschlüsse sind die logische Folge, denn Tottenham kommt in der Premier League nur auf einen Ballbesitzwert von 49,5 Prozent und liegt auf der Insel damit auf Rang zehn.
Die Londoner waren nicht nur weniger dominant als die Bayern, sondern trafen auch deutlich seltener. Lediglich 70 Treffer erzielte Tottenham in 38 Spielen. 30 Mal lautete der Torschütze Kane - eine herausragende Quote. Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen den beiden Torjägern: Sie sind kaum verletzt. Kane absolvierte beispielsweise in der letzten Premier-League-Saison 3408 von möglichen 3420 Minuten. Einzig beim 2:1-Sieg gegen Fulham am 6. Spieltag wurde Kane zwölf Minuten vor dem Ende ausgewechselt.
Auch deshalb wurde Kane nun mit einem Jahr Verspätung dazu auserkoren, in die Fußstapfen von Lewandowski zu treten. Zurück zum bekannten Stürmertyp, um die ambitionierten Ziele zu erreichen. Das ist Bayerns Plan mit Kane und deshalb haben die Bosse bereits ein erstes Angebot von knapp unter 70 Millionen Euro abgegeben. Diese Offerte wurde nach Sky Informationen prompt abgelehnt, aber wie Sky weiß, wird das zweite Angebot bereits vorbereitet.
Es ist unklar, ob Daniel Levy, der millionenschwere Spurs-Präsident, Kane letztlich wirklich ziehen lässt oder ob er das Risiko eingeht, seinen Superstar im kommenden Sommer ablösefrei - und das womöglich zu einem Premier-League-Rivalen - zu verlieren. Klar ist dagegen der Plan des FC Bayern: Mit dem bald 30-jährigen Kane soll es zurück in die Zukunft gehen.
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