Er ist der Julian Nagelsmann des Handballs: Mit nur 26 Jahren hat es Jaron Siewert zum Chefcoach der Füchse Berlin geschafft. Doch Erfahrung bringt das Berliner Nachwuchstalent trotzdem schon mit: Erst kürzlich feierte er den Aufstieg in die stärkste Liga der Welt mit seiner Mannschaft TUSEM Essen.
Es wurde wild im Autokorso gehupt und virtuell mit Bier angestoßen - doch die Coronakrise hat der Aufstiegsfeier von TUSEM Essen einen ordentlichen Strich durch die Rechnung gemacht. Nach sieben Jahren kehrt der Traditionsverein in die Handball-Bundesliga zurück, doch die große Sause blieb aus. "Es war schon sehr kurios und auch sehr trocken. Ich hätte es mir lieber feuchtfröhlich gewünscht. Am Telefon schnell zur Flasche zu greifen, alleine zuhause, ist dann auch nicht so das Richtige", gestand Essens Aufstiegstrainer Jaron Siewert im Rahmen der Sky Sendung "Auszeit - das Handball Spezial".
Der jüngste Profi-Trainer im deutschen Handball
Der 26-Jährige war drei Jahre lang an der Seitenlinie bei TUSEM und hat nun das Ziel "Bundesliga" erreicht. Doch auch ohne den Aufstieg war für den jungen Coach klar, dass er in die "stärkste Liga der Welt" aufsteigen wird - ab der Saison 2020/21 ist er der neue Cheftrainer der Füchse Berlin. Der Wechsel war für den Hauptstadtklub ein absoluter Coup - der allerdings auch Kritik mit sich bringt. Vor allem das Alter spielt dabei eine Rolle.
Mit nur 26 ist Siewert der jüngste Profi-Trainer im deutschen Handball. Für einen Klub wie die Füchse mit großen, internationalen Ambitionen kann das durchaus zum Risikofaktor werden.
Außerdem wartet eine weitere Herausforderung auf ihn: Siewert wird seine ehemaligen A-Jugend-Teamkollegen Paul Drux und Fabian Wiede trainieren. "Das werden jetzt ganz besondere Umstände und Herausforderungen für ihn", meint Sky Kommentator Markus Götz. "Er wird es aber auch mit gestandenen Handballstars zu tun haben, die einige Jahre mehr als er auf dem Buckel haben. Und das wird sicherlich auch für ihn eine Herausforderung, dass es da nicht zu Autoritätsschwierigkeiten kommt."
"Das Alter ist nur eine Zahl im Ausweis"
Siewert ist aber nicht der erste, der das bisher geschafft hat. "Über das Alter mache ich mir keine Gedanken. Für mich ist das nur eine Zahl im Ausweis, egal ob da jetzt 94 oder 75 steht. Am Ende zählt Persönlichkeit und fachliche Kompetenz", gibt sich der gebürtige Berliner zuversichtlich. Für ihn sei vor allem das zwischenmenschliche Verhalten entscheidend. "Außerdem sind wir Leistungssportler. Wir streben nach dem besten und das wollen wir alle, egal wie alt wir sind."
Und das Nachwuchstalent aus Berlin will auf jeden Fall das Beste für seinen neuen Arbeitgeber. Seine Ziele sind hoch, doch keinesfalls unrealistisch. "Ich strebe nach dem Maximum und möchte Erfolge feiern und das wird man nicht, wenn man im Mittelfeld spielt. Ähnlich hat es ja auch Stefan Kretzschmar gesagt, als er seine Position (Sportvorstand in Berlin, Anm. d. Red.) bei den Füchsen angetreten hat, dass er sie im Zusammenspiel mit der Mannschaft und der Geschäftsführung wieder an der Spitze etablieren möchte. Und genau da gleiche habe ich auch vor."
Diese Ambitionen und das junge Alter bringen Siewert häufig den Vergleich zu RB Leipzigs Fußball-Trainer Julian Nagelsmann, der sich schon in zartem Alter einen Namen machte. "Der Vergleich ehrt mich auf jeden Fall, mich stört es nicht. Ich finde, Julian Nagelsmann, ohne ihn persönlich zu kennen, macht eine sehr gute Arbeit. Damals schon in Hoffenheim, jetzt in Leipzig und wenn ich ähnliches erreiche oder im Handball übertragen kann, dann ehrt mich der Vergleich eher als dass er mich beleidigt", so der junge Trainer.
Hanning riet zur Trainerlaufbahn
Und auch wenn Siewert erst wenige Jahre auf dem Buckel hat, so hat er schon eine außergewöhnliche Karriere hinter sich. Als Jugendspieler begann seine Handballlaufbahn in Berlin. Doch Füchse-Geschäftsführer Bob Hanning riet ihm dazu, die Profischuhe an den Nagel zu hängen: "Er hat mir irgendwann gesagt: Spielerisch wird es nur für Mittelmaß reichen und nicht für die nationale Spitze, gleichzeitig hat er mir aber auch den Weg ins Trainergeschäft aufgezeigt. Dort hat er natürlich auch eine Vision gehabt", berichtet das Eigengewächs.
Der Wechsel zurück in die Hauptstadt war also nur eine Frage der Zeit. Für Hanning schließt sich mit der Verpflichtung also der berühmte Kreis - und auch Siewert ist nun wieder zuhause angekommen.