Karabatic, aber kein Omeyer: Die beste HBL-Sieben der Geschichte mit einem Haken
21.05.2020 | 17:05 Uhr
Das beste Team der HBL-Geschichte! Da hat jeder mit Sicherheit einen anderen Namen im Kopf, der auf gar keinen Fall fehlen darf. Trotzdem sind sich bei einigen Akteuren alle einig - sollte man meinen. Aber was, wenn man einen Haken einbaut? Unsere Top7 darf nämlich nie miteinander gespielt haben.
Die stärkste Liga der Welt - nicht umsonst darf sich die Handball-Bundesliga mit diesem Namen schmücken. Denn viele Top-Spieler haben ihre besten Zeiten dort verbracht und trotz gewaltiger Konkurrenz Jahr für Jahr Titel und Ehrungen errungen. Nicht nur Weltstars wie Nikola Karabatic sind als HBL-Legenden hervorgegangen, sondern auch Namen wie Henning Fritz, Martin Schwalb, Hans Lindberg oder Stefan Kretzschmar dürfen sich als diese bezeichnen.
Alle haben sie Chancen, in der Bundesliga-Sieben der Geschichte zu landen. Doch wie sieht das Ganze aus, wenn es eine kleine, aber signifikante Einschränkung gibt? Diese lautet: Stelle das beste Team aus Trainer und sieben Spielern zusammen, die nie gemeinsam im selben Verein gespielt haben. Zusätzlich darf der Coach keinen der genannten Akteure trainiert und auch nie mit ihnen während seiner aktiven Zeit zusammengespielt haben. Gar nicht so einfach, oder?
Beginnen wir mit der einfachsten und doch schwierigsten Position auf Rückraum links. Eigentlich gibt es nur einen Namen für diesen Platz: Der dreimalige Welthandballer Nikola Karabatic ist gesetzt, da muss man nicht diskutieren. Dadurch fallen aber andere Top-Rückraumspieler wie Erhard Wunderlich, Karol Bielecki, Pascal Hens und Welthandballer Daniel Stephan weg.
Doch was macht Karabatic so einzigartig? Der französische Nationalspieler war in seinen vier Jahren beim Rekordmeister THW Kiel der Kopf und das Herz einer sensationellen Mannschaft, die jedes Jahr Meister wurde. Er hob das ohnehin schon großartige Team mit seinen Fähigkeiten auf ein ganz anderes Level.
Der Höhepunkt war die Saison 2007, in der er zum Welthandballer gewählt wurde und mit den Zebras das historische Triple aus Champions League, DHB-Pokal und der Deutschen Meisterschaft holte.
Und genau da liegt das Problem: Aufgrund unserer einzigen Regel findet außer Karabatic kein anderer aus diesem legendären Team den Weg in unsere Bundesliga-Sieben. Das heißt: Welttrainer Zvonimir "Noka" Serdarusic steht somit nicht an unserer Seitenlinie, obwohl er elfmal Deutscher Meister wurde. Und leider trifft es auch eine weitere Kieler Trainer-Legende: Alfred Gislason. Der sechsmalige Deutscher Meister holte zudem mit Kiel zweimal die Champions League.
Und auch Weltklasse-Spieler Filip Jicha und Kreisläufer Markus Ahlm werden durch die Karabatic-Nominierung ausgeschlossen. Genauso die Torhüter-Kollegen Thierry Omeyer, Henning Fritz und Mattias Andersson.
Doch wer bleibt dann noch übrig für die Postion zwischen den Pfosten? Klar, der aktuelle Keeper des THW Kiel - Niklas Landin. Ein absolutes Juwel, das sich in den letzten Jahren an die internationale Spitze gekämpft hat. In seiner Zeit bei den Rhein-Neckar Löwen entwickelte sich der Däne zu einem der besten Torhüter der aktuellen Zeit. Und Kiel fand mit zwei Jahren Verspätung endlich einen gleichwertigen Ersatz für den Franzosen Omeyer.
Wieland Schmidt hätte an dieser Stelle auch erwähnt werden können, galt er doch 20 Jahre lang zu DDR-Zeiten als bester Torhüter der Welt. Ebenso "Hexer" Andreas Thiel. Doch der war aus einem anderen Grund keine Option für unser Team.
Denn Thiel spielte, wenn auch nur für eine Saison mit Flensburgs Legende Lars Christiansen zusammen. Der Linksaußen schafft es in unsere Top7. Warum? Christiansen ist mit 2875 Treffern der zweitbeste Torschütze der HBL-Geschichte. Mit seinem Tempo und einem unglaublichen Wurfrepertoire war er stets eine unberechenbare Waffe für die SG Flensburg-Handewitt. Außerdem war er in einer weiteren Disziplin quasi unschlagbar: Mit insgesamt 1124 verwandelten 7-Metern stellte er seine absolute Kaltschnäuzigkeit unter Beweis. All diese Qualitäten sorgen dafür, dass Christiansen Stars wie Uwe Gensheimer, Anders Eggert, Stefan Kretzschmar, Gudjon Valur Sigurdsson und Jochen Fraatz aus dem Wettbewerb wirft.
Die Kaltschnäuzigkeit Christiansens beweist auch unser Rechtsaußen. Seit inzwischen 13 Jahren spielt der Österreicher Robert Weber in der HBL. Zunächst eine Saison in Balingen und danach wurde er zur Vereinslegende bei dem SC Magdeburg. Mit 2249 Tore in 397 Spielen belegt er aktuell Platz sieben in der ewigen Torschützenliste - und ist damit einer der torgefährlichsten Rechtsaußen der Bundesliga. Ursprüngich hatten wir auch Hans Lindberg auf dem Zettel, aber der Däne kommt nicht in Frage, weil er eine Saison mit dem Rekordtorschützen der HBL zusammenspielte. Dazu später mehr.
Auf der Rechtsaußen-Position hätten außerdem auch andere Stars den Weg in die Sieben gefunden, wie zum Beispiel Lasse Svan, Vid Kavticnik oder der Weltmeister von 2007, Florian Kehrmann.
Kehrmanns ehemaliger Teamkollege vom TBV Lemgo - Kreisläufer-Legende Christian "Blacky" Schwarzer schafft es hingegen in unsere Mannschaft. Nicht nur, weil er mit seinen spektakulären Verrenkungen am Kreis für stetige Torgefahr sorgte. Sondern auch, weil seine unbändige Art in der Abwehr zu verteidigen, für internationales Aufsehen sorgte. Er musste so einiges wegstecken: Schürfwunden, blaue Flecken und permanente Hüftschmerzen waren für "Blacky" Alltag. Für viele war er der Kämpfer der Nation.
Für ihn müssen aber andere Spitzen-Kreisläufer weichen. Nicht unerwähnt bleiben hierbei die beiden Hamburger Bertrand Gille und Igor Vori, sowie Ola Lindgren und Oliver Roggisch. Aktuelle Profis wie Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler konnten sich noch nicht ganz diesen Legenden-Status erarbeiten und fallen ebenfalls raus.
Tor, Linksaußen, Rechtsaußen und linker Rückraum sind besetzt. Höchste Zeit für den Spielmacher. Und auf dieser Position darf es eigentlich nur einen geben: Magnus Wislander. Der schwedische Handballer absolvierte 369 Spiele für den THW Kiel, feierte sieben Meisterschaften, drei DHB-Pokal- sowie zwei EHF-Cup-Siege. Mit der Nationalmannschaft wurde er zweimal Weltmeister und viermal Europameister. Wenig verwunderlich also, dass die IHF Wislander zum Welthandballer des 20. Jahrhunderts wählte. Außerdem wurde er 1990 Welthandballer des Jahres und durfte sich anschließend THW-Spieler des Jahrhunderts nennen. Seine Trikotnummer 2 wird bei den Zebras nicht mehr vergeben.
Mehr Superlativ geht also kaum. Weitere Kandidaten wie Daniel Narcisse, Aron Palmarsson, Stefan Lövgren (alle auch wegen Karabatic), Ivano Balic, Markus Baur, Domagoj Duvnjak und Andy Schmid können daher nicht berücksichtigt werden können.
Gerne hätten wir den ehemaligen Löwen-Trainer und Meistermacher Nikolaj Jacobsen als Coach in unserem Team begrüßt. Doch Wislander und der Däne haben eine gemeinsame Spieler-Vergangenheit beim THW Kiel, sodass auch er aus unserem Raster fällt.
Aber zunächst wollen wir noch den letzten Spieler unserer Sieben finden. und auf Rückraum rechts ist der nächste Superlativ zu Hause: Yoon Kyung-Shin hat sich mit unglaublichen 2.905 in 406 Spielen auf Platz eins der ewigen Torschützen der HBL geballert. So schnell wird ihm das keiner nachmachen. Doch der Welthandballer von 2001 und 2,04 Meter große Südkoreaner bringt auch einen großen Nachteil mit sich: Denn während seiner Zeit beim VfL Gummersbach wurde er von Trainer-Legende Heiner Brand gecoacht. Auch auf Holger Glandorf, Olafur Stefansson, Christian Zeitz, Volker Zerbe, der oben erwähnte Lindberg und Kim Andersson müssen wir verzichten.
Last, but not least: Der Trainer unseres Teams ist Dagur Sigurdsson - und damit auch die schwierigste Entscheidung. Denn auf zahlreiche Trainer-Legenden wie Gislason, Serdarusic, Schwalb oder eben Brand mussten wir ja schon leider verzichten. Doch dass soll Sigurdssons Leistungen und Erfolge keinesfalls schmälern. Ohne zahlreiche Weltstars hat der Isländer bei den Füchsen Berlin in seinen sechs Jahren den DHB-Pokal und den EHF-Pokal geholt. 2011 wurde er zum Trainer der Saison gewählt, zudem kürte ihn die IHF zum Welttrainer des Jahres 2015. Ein Jahr später führte er die DHB-Auswahl zurück an die internationale Spitze: 2016 holte er den EM-Titel in Polen und Bronze bei den Olympischen Spielen.
Das war sie, unsere Top7 der Bundesliga-Geschichte. Nachvollziehbar? Fakt ist, dass es keine richtige Antwort gibt und andere Handball-Kenner, Fans und Experten sicherlich ein anderes Teams gebastelt hätten. Doch egal, wie die Teams aussehen, eine Sache vereint alle: die Handball-Bundesliga. Denn sie hat in der Vergangenheit und in der Gegenwart viele Stars zu wahren Legenden geformt und wird das auch weiterhin in Zukunft tun.