Die Kolumne von Sky Experte Stefan Kretzschmar
20.10.2019 | 12:13 Uhr
Sky Experte Stefan Kretzschmar spricht in seiner Kolumne regelmäßig über die wichtigsten Themen aus der Welt des Handballs. Diesmal analysiert er das kleine Formtief des SC Magdeburg.
Der SC Magdeburg hat beim Tabellenführer TSV Hannover-Burgdorf nach einem 28:31 (14:15) seine vierte Niederlage in der aktuellen HBL-Saison kassiert. Weitere Niederlagen gab es zuhause gegen die Rhein-Neckar Löwen sowie in Melsungen und bei der HSG Wetzlar. Das sind aber keine klassischen Ausrutscher, wo man sagt: "Um Gottes Willen, was haben die denn da gemacht". Man kann nicht sagen, dass Magdeburg auf ganzer Linie total enttäuscht hat.
Im Handball hat man wahnsinnig schnell eine Krise - siehe Flensburg nach zwei Niederlagen als zweifacher Deutscher Meister. Oder auch Melsungen, nach dem Balingen-Spiel wäre der Trainer fast rausgeflogen. Drei, vier Spiele und das Blatt wendet sich. Von Pfui zu Juhu sind es manchmal nur 120 Minuten. In Magdeburg muss man jetzt die Nerven behalten. Die Mannschaft hat in den letzten Jahren schönen Handball gespielt - das ist ja jetzt nicht auf einmal alles weg. Sie müssen an den Problemen arbeiten und sich auf die eigenen Stärken besinnen.
Jeder Bundesligist versucht sich mit seinen Verpflichtungen zu verbessern. Wenn sich das aber jeder auf die Fahne schreibt, dann ist natürlich auch klar, das bei einigen der Plan nicht aufgeht. Der Wettbewerb ist extrem ausgeglichen, da können manchmal Verletzungen ausschlaggebend sein oder Kleinigkeiten, die entscheiden, ob man weiter in die Krise geht oder ob man wieder in die Erfolgsspur zurückfindet.
Der SCM hat - wie jedes Jahr eigentlich - eine gute erste Acht. Allerdings beschränkt sich hier die Torgefahr auf vier Rückraumspieler - Albin Lagergren, Marko Bezjak, Christian O'Sullivan und Michael Damgaard. Aber auch unter ihnen muss man differenzieren: Wenn die ersten Drei auf dem Spielfeld stehen, ist das spielerisch die stärkste Formation, die Handball verstanden hat und den Ball unheimlich schnell laufen lässt, ohne viele Fehler zu machen. Allerdings ist das keine Formation, die von 9 - 10 Metern einfache Tore werfen kann.
Das kann allerdings Damgaard. Bei ihm ist halt nur das Problem - er ist hop oder top. Entweder er haut dir 7 - 8 Tore rein oder er riskiert viel, da gehen auch mal einige Würfe daneben. Coach Bennet Wiegert muss sich also entscheiden: Was will ich? Was brauche ich jetzt gerade in diesem Spiel?
Was entscheidend ist, die beiden Neuzugänge auf den Rückraumpositionen - Christoph Steinert und Filip Kuzmanovski - sind bis jetzt noch nicht die Verstärkung, die Magdeburg sich erhofft hat. Bei ihrer sehr schnellen Spielweise, die sehr kräftezehrend ist, braucht der SCM Alternativspieler und die beiden sind qualitativ momentan keine große Hilfe.
Der Kreuzbandriss-Ausfall von Moritz Preuss am Anfang der Saison ist natürlich tragisch. Da hat man die Alternative zu Zeljko Musa gefunden geglaubt, dann fällt der aus - das ist immer bitter. Außerdem ist der SCM extrem auf die Torhüterleistung von Jannick Green angewiesen. Hält er, sind sie absolut wettbewerbsfähig. Neuzugang Tobias Thulin ist zwar ein riesengroßes Talent, allerdings ist es für ihn offensichtlich eine große Umstellung in der Bundesliga im Tor zu stehen. Sein Können hat er noch nicht, außer vielleicht in der Schlussphase gegen Kiel, unter Beweis stellen können.
In Magdeburg weiß man, was man aneinander hat und es ist ja nahezu die identische Mannschaft, die vor vier Monaten noch sehr erfolgreich Handball gespielt hat. Gegen den THW haben sie demonstriert, zu was sie in der Lage sind.
Das Heimspiel gegen Stuttgart (am Donnerstag ab 18:30 Uhr live auf Sky Sport 5 HD) müssen sie gewinnen. Da müssen wir nicht drum herum reden, die Favoritenrolle ist klar. Es ist jetzt eine psychologische Sache, die Köpfe wieder frei zu kriegen, Selbstvertrauen zu tanken. Und das tanken sie nur durch Erfolgserlebnisse!