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NHL News: Christian Ehrhoff im Interview zum Saisonstart

Ehrhoff über deutschen NHL-Boom: "Haben großartige Talente"

Die Silbermedaille bei der Winter-Olympiade 2018 zählt zu den drei großen Karriere-Highlights von Ex-NHL-Star Christian Ehrhoff.
Image: Die Silbermedaille bei der Winter-Olympiade 2018 zählt zu den drei großen Karriere-Highlights von Ex-NHL-Star Christian Ehrhoff.  © Imago

Der ehemalige NHL-Profi und deutsche Nationalspieler Christian Ehrhoff spricht im Interview mit skysport.de über den NHL-Saisonstart, die Favoriten, den Nachwuchs in Deutschland und seine Karriere-Highlights.

Skysport.de: In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch ist die NHL endlich gestartet. Und das furios. Mit dem deutlichen 6:2-Sieg der Pittsburgh Penguins gegen Titelverteidiger Tampa Bay hatten nur wenige gerechnet. Was erwarten Sie nach dem ersten Spiel von Ihrem ehemaligen Verein, den Penguins?

Christian Ehrhoff: Ich denke Pittsburgh wird mit um die Playoffs spielen. Das Spiel zeigt wieder, dass jedes Jahr mit ihnen zu rechnen ist. Der Kern der Mannschaft ist immer noch sehr stark. Deshalb haben sie Chancen auf die Playoffs.

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Skysport.de: Um die Playoffs wollen auch die Seattle Kraken spielen. Die neue Franchise hat gestern sein NHL-Debüt gefeiert und vorerst verloren. Wie haben Sie den Einstieg des neuen Klubs wahrgenommen, wie ist der erste Eindruck?

Ehrhoff: Seattle hat jetzt schon eine sehr gute Mannschaft zusammen. Mit der wird schon jetzt zu rechnen sein. Mit Grubi (Philipp Grubauer; Anm. d. Red.) haben sie auch einen enorm starken Torhüter, das Team ist rund. Als neue Franchise hat man mittlerweile einen riesigen Vorteil. Wenn man das mit den Möglichkeiten vergleicht, die damals San Jose oder Anaheim hatten, als sie in die Liga gekommen sind. Damals war das anders, da hatte man erst mal keine Chance. Seattle hat schon ein super Team zusammen, ihnen traue ich gleich im ersten Jahr viel zu.

Skysport.de: Neben den Kandidaten, die überraschen könnten: Wer sind Ihre Favoriten auf den Stanley Cup?

Ehrhoff: Ich denke Colorado Avalanche hat wieder Top-Chancen. Auch die Vegas Golden Knights sind nach wie vor stark. Trotz der Niederlage kann auch Tampa Bay wieder um den Titel mitspielen. Sie haben viel Erfahrung und einen großen Teil der Mannschaft zusammengehalten. Das wären meine drei Top-Favoriten.

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In den letzten Jahren hat sich wieder einiges getan. Wir haben großartige Talente, die teilweise ihren Durchbruch in der NHL schon geschafft haben.
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Skysport.de: Sie standen 2011 selbst mit den Vancouver Canucks als Favorit im Stanley-Cup-Finale. Wie blicken Sie darauf zurück?

Ehrhoff: Wir hatten damals die Presidents' Trophy in der regulären Spielzeit gewonnen und waren natürlich einer der Favoriten auf den Titel. Aber in der Rolle möchtest du ja eigentlich stehen. Das große Ziel eines jeden Eishockeyspielers oder NHL-Spielers ist, den Stanley Cup zu gewinnen. Das ist das Größte. Die Chance darauf gehabt zu haben war eine tolle Sache. Wir hatten einen super Run, der am Ende dann leider nicht gekrönt worden ist. Aber eine Wahnsinns-Erfahrung.

Skysport.de: Als Sie 2001 gedraftet wurden, waren Sie einer von gleich sechs deutschen Spielern des Jahrgangs. Das ist bis heute Rekord. Aktuell scheinen die Deutschen in der NHL wieder einen Auftrieb zu erleben. Spieler wie Leon Draisaitl und Philipp Grubauer gehören zur Weltklasse, Youngster wie Tim Stützle rücken nach. Wie sehen Sie diese Entwicklung?

Ehrhoff: Sehr positiv! In den letzten Jahren hat sich wieder einiges getan. Wir haben großartige Talente, die teilweise ihren Durchbruch in der NHL schon geschafft haben. Draisaitl ist da natürlich der absolute Top-Star, aber auch Tim Stützle kann sicherlich einen ähnlichen Weg gehen. Von Moritz Seider erhoffe ich mir sehr viel, nachdem er eine großartige Weltmeisterschaft gespielt hat. Er ist bereit, den nächsten Schritt zu gehen. Es ist schön zu sehen, dass mehr deutsche Jungs die Chance bekommen und langfristig eine wirklich gute Rolle spielen können. Thomas Greiss und Grubauer sind etabliert, Letzterer ist einer der Top-Goalies in der gesamten NHL.

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Skysport.de: Sie sagen, die Deutschen bekommen jetzt wieder eine Chance. Woran lag es, dass die Entwicklung einige Jahre stagniert hat? Liegt der Fokus der NHL nach den Erfolgen der Nationalmannschaft verstärkt auf Deutschland?

Ehrhoff: Ich glaube nicht. Wenn Talente da sind, dann verpasst die NHL sie nicht. Dass die Aufmerksamkeit und der Erfolg da sind, liegt daran, dass derzeit einfach mehr hochkarätige Talente da sind. Die Dichte ist etwas höher. Talent, gutes Spiel - so etwas setzt sich am Ende immer durch. Solange diese Talente das aufs Eis bringen, werden sie ihren Weg gehen.

Skysport.de: Also denken Sie, dass die Nachwuchsarbeit in Deutschland in den letzten Jahren besser geworden ist?

Ehrhoff: Wir haben sehr gute Beispiele. Flächendeckend ist da aber noch Potenzial. Es gibt einzelne Spots, in denen seit Jahren gute Arbeit geleistet wird, wo dann immer wieder die guten Spieler herkommen. Draisaitl kommt aus dem Kölner Nachwuchs und ist dann zu den Jungadlern nach Mannheim, Tim Stützle hat in Krefeld mit dem Eishockey begonnen und ist auch nach Mannheim. Da wird dann einfach gute Arbeit betrieben.

Ich denke schon, dass wir ein bisschen näher an die Großen herankommen in der Breite.
Ehrhoff über die Nationalmannschaft

Skysport.de: Der Sprung von der DEL in die NHL bleibt unfassbar schwer. Wo sehen Sie die größten Unterschiede im deutschen Eishockey im Vergleich zum kanadischen oder US-Eishockey?

Ehrhoff: Das ist natürlich ein meilenweiter Unterschied. In der NHL spielen erstmal die besten Spieler der Welt. Das Tempo in der NHL ist höher und das ganze Spiel ist physischer, athletischer. Durch die kleinere Fläche wird das Spiel schneller und körperbetonter. Das ganze Spiel ist auf dem höchstmöglichen Level.

Skysport.de: Trotz dieses großen Unterschiedes hat die deutsche Nationalmannschaft es geschafft, teilweise mitzuhalten. Olympisches Silber 2018, Platz vier bei der WM in diesem Jahr. Obwohl überwiegend DEL-Spieler im Kader waren. Wieso schafft es das Team große Nationen zu ärgern?

Ehrhoff: Ich denke schon, dass wir ein bisschen näher herankommen in der Breite. Fairerweise muss man sagen, dass bei Olympia keine NHL-Spieler dabei waren und auch bei der WM nicht die besten Teams gespielt haben. Aber das ist ohne Frage aller Ehren wert. Früher war das genauso und wir hatten trotzdem keine Chance. Wir haben da die Lücke verkleinert und sind näher herangekommen. Wenn Kanada aber mit der besten Mannschaft spielt, haben wir ordentlich Schwierigkeiten (lacht).

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Skysport.de: Obwohl Eishockey nicht Sportart Nummer eins in Deutschland ist, lebt der Sport auch von seiner Stimmung. Bei nur 2.000 oder 3.000 Fans im Stadion kocht an vielen Spielstätten die Halle. In den USA zählt Eishockey zu den Top-Sportarten mit vollen Arenen und trotzdem kommt oft die Kritik des Event-Charakters ohne Stimmung auf. Sie haben beides erlebt - wie sehen Sie das?

Ehrhoff: Die Fankulturen sind einfach ein bisschen anders. In den USA kennt man es nicht, dass Fangs singen und ihre Mannschaft permanent anfeuern. Dafür hat man in der NHL deutlich größere Stadien, die größtenteils voll sind. Das macht von der Atmosphäre viel her und man muss den Amerikanern auch zugestehen, dass die Fans ordentlich einen drauflegen, wenn es Richtung Playoffs geht. Dann ist das auch eine unglaubliche Stimmung.

Dass ich dann auch noch die Fahne bei der Abschlussfeier tragen durfte, das war die größte Ehre, die mir je zu Teil wurde
Ehrhoff über Olympia 2018

Skysport.de: Wo kriegen Sie mehr Gänsehaut: DEL-Finale mit den Krefeld Pinguinen oder Stanley-Cup-Finale mit den Vancouver Canucks?

Ehrhoff (lacht): Boah... Das ist eine richtig schwere Frage! Bei beidem kriege ich noch Gänsehaut. Wenn ich mich an die Rheinlandhalle 2003 damals zurückerinnere, das war unglaublich. Ich weiß gar nicht, wie viele Leute da reingepackt wurden, das war Wahnsinn. Aber genauso Stanley-Cup-Finale in Vancouver. Unglaublich. Das will ich nicht gegeneinander aufwiegen müssen.

Skysport.de: Zwei große Highlights Ihrer Karriere haben Sie genannt - machen Sie mal ein Trio daraus.

Ehrhoff: Olympia 2018 - natürlich. Eine Silbermedaille mit der Deutschen Nationalmannschaft zu gewinnen, das hätte man sich niemals erträumt. Dass ich dann auch noch die Fahne bei der Abschlussfeier tragen durfte, das war die größte Ehre, die mir je zu Teil wurde. Das sind dann die drei größten Highlights meiner Karriere.

Skysport.de: Bleiben Sie dem Eishockey nach all dem, was Sie erlebt haben, in Zukunft treu?

Ehrhoff: Im Moment bin ich nicht aktiv im Eishockey involviert. Genaue Pläne gibt es da auch noch nicht, ich lasse das alles noch auf mich zukommen. Ich habe noch andere Projekte, denen ich aktuell Zeit widme. Am meisten meinen Kindern. Mit dem Golf-Sport habe ich noch eine neue Passion für mich entdeckt. Ich bin ab und zu noch beim Eishockey, verfolge die Ergebnisse, aber involviert bin ich vorerst nicht. Aber wer weiß, vielleicht kommt das irgendwann noch.

Das Interview führte Lars Pricken.

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