20 Grand-Slams! Die Gründe für das "Phänomen Roger Federer"
Der Maestro dominiert wieder die Tenniswelt
02.02.2018 | 13:16 Uhr
Roger Federer gewinnt mit 36 Jahren bei den Australian Open seinen 20. Grand-Slam-Titel und steht nun auch noch kurz davor wieder die Nummer Eins der Weltrangliste zu werden. Was sind die Gründe für diese unglaubliche Leistung? Sky Kommentator Paul Häuser analysiert das Phänomen Roger Federer:
Der Tüftler
Federer hat sich auch im hohen Tennisalter nochmal neu erfunden. Nach seinem halben Jahr Matchpause 2016 kam Federer 2017 mit einer aggressiveren Spielweise zurück. Mit seiner einhändigen Rückhand nimmt er die Bälle seitdem noch früher, geht mehr auf die Winner und versucht die Punkte kürzer zu halten. Und das mit grandiosem Erfolg.
Bereits 2014 hatte er mit seinem damaligen Coach Stefan Edberg einen neuen Schlag in sein ohnehin gigantisches Repertoire aufgenommen: Der SABR (Sneak Attack by Roger), bei dem Federer den Return wie einen Half-Volley extrem früh nimmt und danach direkt ans Netz stürmt.
Das Genie
Kein Spieler spielt so wie Federer. Der Schriftsteller David Foster Wallace bezeichnete Federers Spiel in seinem Artikel Poesie in Bewegung sogar als eine "religiöse Erfahrung". Kein anderer Spieler kann die Charakteristik eines Ballwechsels mit einem Schlag so verändern wie Federer. Kein anderer Spieler hat so viel Talent gepaart mit spielerischer Intelligenz.
Die Fitness
Mit 36 Jahren bewegt sich Federer immer noch federleicht über den Platz. Seine Bewegungen sind elegant und schnell zugleich. Der "Fed-Express" ist ein Bewegungstalent und auch sein Körper scheint ein Phänomen zu sein, so dass er nach über 20 Jahren Profitennis noch auf diesem Niveau spielen und einen Marin Cilic im fünften Satz niederringen kann.
Entscheidend für diese Physis ist die beständige Arbeit mit seinem Fitness-Trainer Pierre Paganini und die gezielte, reduzierte Turnier-Auswahl nach seiner Verletzung im Jahr 2016.
Der Kopf
Tennis ist ein brutaler Einzelsport. Es geht vor allem darum, den Gegner auf der anderen Seite des Platzes zu besiegen. Federer ist ein mentales Monster verbunden mit spielerischer Leichtigkeit. Dem Schweizer gelingt es immer wieder verschiedenste Drucksituationen mit einer mentalen Frische zu meistern. Federer sucht in kniffligen Situationen die Entscheidung und geht auf den Punkt. Mit dem Selbstverständnis eines Champions.
Der Aufschlag
Federers Aufschlag ist nicht so wuchtig und angsteinflößend wie der von John Isner oder von Ivo Karlovic. Trotzdem kann Federer mit deutlich weniger Tempo genauso dominant seine Aufschlagspiele durchbringen und dabei seine Kräfte für die Returngames schonen.
Federers Aufschlag ist kaum zu lesen, er verfügt über alle möglichen Varianten und gibt dem Gegner daher keinen Rhythmus. Auch dank seines herausragenden Aufschlags ist "King Roger" mit 36 Jahren noch auf diesem Level, da er nach wie vor bei eigenem Service kaum angreifbar ist.
Die Leidenschaft
Roger Federer liebt diesen Sport nach wie vor wie ein kleiner Junge.
Auch mit 36 Jahren hat der "Maestro" noch die Gier auf weitere Titel. Auch das ständige Reisen macht ihm nichts aus, im Gegenteil. Seine Frau Mirka und die Familie (vier Kinder) ziehen voll mit. Gemeinsam reist der Federer-Clan um die Welt und die Fans hoffen darauf, dass der perfekte Botschafter für den Tennissport so lange wie möglich weiter spielt.
Mit seiner authentischen Art, seinen Emotionen, seiner Intelligenz und seinen drei Sprachen ist Federer nach wie vor der beliebteste Sportler der Welt, der zudem unglaublich einfach zu vermarkten ist. Nun steht er bei 20 Grand-Slam-Titeln, die Nummer Eins ist zum Greifen nahe. Roger Federer schreibt munter weiter an seiner eigenen Legende.
Und er selbst scheint daran den allergrößten Spaß zu haben.