Alexander Zverev und das schwierige Jahr 2019 - Teil 2
Die Krise als Chance begreifen: Das schwierige Jahr von Zverev - Teil 2
31.12.2019 | 08:47 Uhr
Als es im September 2019 zum Laver Cup nach Genf ging, waren die Voraussetzungen für Zverev alles andere als glänzend. Dabei war der Cup letztlich der Wendepunkt seines Jahres.
In Teil 1 lässt Sky Kommentator Paul Häuser das erste halbe Jahr von Tennis-Ass Alexander Zverev Revue passieren: Darin schreibt er über die privaten Umstände von Zverev, seine sportliche Talfahrt und die Probleme mit dem zweiten Aufschlag. Den 1. Teil könnt Ihr hier nachlesen.
Wendepunkt Laver Cup
Doch dann kam er, der "Feel-Good-Moment" in der Saison von Alexander Zverev. Der Laver Cup in Genf. In der gleichen Stadt feierte Zverev bereits den einzigen Turniersieg in dieser Saison, direkt vor den French Open, nach einer Wildcard durch Turnierdirektor Rainer Schüttler.
Der Laver Cup, ein Teamwettbewerb zwischen Team Europe und Team World, inszeniert von Zverevs neuer Agentur Team 8 mit Roger Federer, setzte beim Deutschen besondere Kräfte frei.
In der dritten Auflage feierte Zverev mit seinen Teamkollegen bereits den dritten Triumph und wie schon im Vorjahr war es wieder Zverev, der den entscheidenden Punkt für Team Europe besorgte.
Die Aufschlagprobleme waren plötzlich weg, die Courtposition war wieder deutlich aggressiver und Zverev wurde intensiv von den zwei ganz Großen der Branche, Rafael Nadal und Roger Federer, gecoacht.
"Keine negativen Emotionen", forderte Nadal. "Gib Dir die Faust nach jedem verdammten Punkt. Du schaust immer nach vorne", redete Federer mit Leidenschaft auf Zverev ein.
Der ließ sich tatsächlich von den beiden Legenden inspirieren und nahm die positive Energie gleich mit nach Asien. In Peking erreichte Zverev das Halbfinale, beim Mastersturnier in Shanghai sogar das Endspiel. Das verlor er zwar klar gegen den Russen Daniil Medvedev, aber er hatte zuvor brilliert und im Viertelfinale Roger Federer und im Halbfinale Matteo Berrettini besiegt.
Dieser Fakt unterstreicht welch schwieriges Jahr Alexander Zverev 2019 durchlebte und wie weit er phasenweise von der Weltspitze weg war.
Erneute Qualifikation für die Finals
Die starke Leistung in Shanghai war der Grundstock für die Qualifikation zu den Finals. Zverev hatte es zum dritten Mal in Serie nach London geschafft.
Doch nie war es so kompliziert, nie gab es so viele Störgeräusche um seine Person, nie wirkte sein Spiel so instabil wie in diesem Jahr.
Die positive Erkenntnis ist klar: Alexander Zverev hat so viel Qualität, dass er selbst in solch schwierigen Umständen zu den besten acht Spielern der Welt gehört. Der große Sprung nach ganz oben, er musste warten. Stattdessen zogen andere Young Guns wie Daniil Medvedev, Stefanos Tsitsipas und Dominic Thiem an ihm vorbei.
Zverev hat aber etwas erreicht, was ihn langfristig ganz weit nach vorne bringen kann. Er hat eine Krise mit besonderem Ausmaß erlebt und heftigen, bisher unbekannten Gegenwind gespürt. An diesen Stürmen ist er nicht gescheitert, er hat sie überstanden.
Lernen aus einer schwierigen Saison
Die Emanzipation vom Vater könnte der nächste große Schritt in seiner weiteren Entwicklung werden. Viel spricht für einen externen Einfluss durch einen neuen Coach und einen Mentaltrainer, um sein Spiel noch weiter zu verfeinern und noch stabiler in kritischen Matchphasen zu werden. Doch Zverev muss für diese Veränderungen auch bereit sein und aus dem so schwierigen Jahr 2019 auch die richtigen Schlüsse ziehen.
Gelingt ihm das, dann hat Zverev tatsächlich die Krise als Chance für sich genutzt.
Eine Schlüsselrolle dürfte dabei auch seiner Agentur Team 8 und Mentor Roger Federer zufallen. Zum Ende der Saison 2019 ging es für Zverev anstatt zum Davis Cup in Madrid mit Federer auf Südamerika-Tournee mit einigen Showmatches. Team 8 wollte es so.
Federer konnte dabei noch gezielter auf seinen Schützling Zverev einwirken. In Mexiko-City stellten die Beiden vor 42.517 Fans sogar einen Zuschauer-Weltrekord im Tennis auf.
Zverev wirkte ergriffen von den begeisternden Fans in Argentinien, Chile, Ekuador und Mexiko. Diese Erfahrung mit Idol Federer sollte den jungen Deutschen zusätzlich inspirieren.
Dazu winken Zverev für die Zukunft auch weiter intensive Coachings mit dem Maestro. Klingt nach idealen Voraussetzungen, um auf der ATP-Tour 2020 so richtig durchzustarten.
Diesmal aber wirklich.