Sky Experte Patrik Kühnen beleuchtet in seiner Kolumne die wichtigsten Themen aus der Tennis-Welt. Diesmal befasst er sich mit den Australian Open und dem Triumph von Novak Djokovic.
Der ehemalige Davis-Cup-Kapitän und Turnierdirektor der BMW Open in München ist beeindruckt vom neunten Australian-Open-Titel für Novak Djokovic.
Patrik Kühnen sieht die Nummer eins der Welt in den nächsten Jahren auf dem Weg zu weiteren Rekordmarken. Neun Finals hat Novak Djokovic bei den Australian Open gespielt. Neun Finals hat Novak Djokovic bei den Australian Open gewonnen.
Djokovics Bühne heißt Rod Laver Arena
Was für Rafael Nadal die French Open sind und für Roger Federer Wimbledon ist, das sind für Djokovic die Australian Open. Die Rod Laver Arena ist sein "Heimspiel", ist seine Bühne.
Ich hatte vor dem Turnier Daniil Medvedev als neuen Champion auf dem Zettel. Medvedev hat mich auch während des Turniers überzeugt und in beeindruckender Manier das Finale erreicht. Die glatte Finalniederlage gegen einen unglaublich starken Djokovic hat mich dann aber überrascht.
Wachablösung ein Stück weiter entfernt
Neben Thiem habe ich vor allem Medvedev eine Wachablösung bei einem Grand Slam zugetraut. Doch von einer Wachablösung scheint das Herrentennis nach diesen Australian Open wieder ein Stück weiter entfernt zu sein. Zu beeindruckend, zu dominant war Djokovic in den entscheidenden Momenten.
Alexander Zverev war in seinem Viertelfinale gegen Djokovic schon sehr nahe dran. Er führte im dritten und im vierten Satz mit Break vor, doch Djokovic kam immer wieder zurück und brillierte vor allem mit seinem Service in den entscheidenden Momenten. Gegen Zverev servierte Djokovic 23 Asse gegenüber 21 Assen vom Deutschen. Wie sich Djokovic, der beste Returnspieler der Welt, in den letzten Jahren besonders beim Aufschlag verbessert hat, das ist außergewöhnlich.
Mentale Hürde gegen Djokovic besonders groß
Für die jungen Herausforderer ist es nach wie vor ein ganz besonderer Reiz die "Big Three" zu bezwingen. Gegen Djokovic scheint mir die Hürde vor allem mental ganz besonders groß zu sein.
Der "Djoker" schafft es noch mehr in die Köpfe seiner Gegner. Aufgrund seiner Fähigkeiten, den Court abzuriegeln, so glänzend zu retournieren und in den entscheidenden Momenten fehlerlos zu spielen, steigt der Druck beim Gegner, etwas Besonderes zu wagen. Diesem Druck konnte selbst der sonst so ausgebuffte Daniil Medvedev im Finale von Melbourne nicht standhalten.
Medvedev zerschellt an serbischer Wand
Medvedev ging mit einem Lauf von 20 Siegen in dieses Endspiel und zerschellte in nicht einmal zwei Stunden mit 5:7, 2:6 und 2:6 an der serbischen Wand. Mit diesen Qualitäten hat der 33-Jährige alle Möglichkeiten, die Tour in den nächsten Jahren weiter zu dominieren und seine Jagd nach Rekorden sukzessive auszubauen.
Djokovic wird weiterhin alles tun, um sein Spiel zu verbessern, um sein großes persönliches Ziel zu erreichen. Und dies mindestens solange Roger Federer und Rafael noch auf der Tour sind, womöglich auch noch länger. Das ganz große Ziel ist klar: Die meisten Grand-Slam-Siege am Ende der Karriere. Djokovic steht nun bei 18, Federer und Nadal bei 20 Grand-Slam-Titeln.
Der Topfavorit für die French Open heißt wie immer Rafael Nadal, der Topfavorit für Wimbledon und die US Open muss aktuell Novak Djokovic heißen. Viel spricht dafür, dass der Serbe am Ende an Federer und auch an Nadal vorbeizieht und zum Meister der Rekorde wird. Die Australian Open haben für mich nochmal verdeutlicht: Gerade mental befindet sich Djokovic in einer eigenen Liga.