Aerodynamik & Vereinfachung! Das zeichnet das F1-Auto 2022 aus
22.02.2022 | 23:16 Uhr
Mit der Saison 2022 bricht eine neue Ära in der Formel 1 an. Eine Technikrevolution beschert den Teams, Fahrern und Fans eine völlig neue Generation von Autos. Sky Sport wirft einen Blick auf die neuen Boliden und stellt die wichtigsten Daten & Fakten vor.
Das Überholen soll einfacher werden, die Show damit größer! Mit dieser Hoffnung hat die Formel 1 im vergangenen Jahr im Rahmen des Großen Preises von Großbritannien die neue Auto-Generation, die ab der Saison 2022 an den Start geht, vorgestellt.
Mittlerweile haben neun von zehn Teams - Alfa Romeo folgt am Sonntag, den 27. Februar - ihre neuen Boliden inklusive neuer Lackierung vorgestellt. Bevor es nun ab Mittwoch bei den Tests in Barcelona auf die Strecke geht, wirft Sky Sport noch einen etwas genaueren Blick auf die technischen Details des neuen Autos und betrachtet insgesamt vier Kategorien.
Der Bereich, der im Vergleich zu den Autos der letzten Jahre den größten Wandel erlebt, ist die Aerodynamik. Viele Änderungen an den neuen Boliden wurden eingeführt, um die Aerodynamik zu vereinfachen und den Abtrieb zu reduzieren, sodass mehr Überholmanöver und eine größere Action geboten werden.
Dabei sind die technischen Verantwortlichen bei der FIA in der Zeit etwas zurückgereist und haben den Ende der 1970er, Anfang der 1980-Jahre populären Ground Effect wieder zurück in die Königsklasse des Motorsports gebracht. Vereinfacht bedeutet dies, dass die neuen Boliden in der Formel 1 ihren Abtrieb vorwiegend über den Unterboden des Wagens generieren. Luftverwirbelungen sollen dadurch hinter den Autos steiler nach oben steigen, wodurch das hinterherfahrende Auto weniger Dirty Air abbekommt. Heißt: Der Verfolger wird weniger beeinträchtigt und ein Rad-an-Rad-Duell auf der Strecke wird wahrscheinlicher.
Ebenfalls im Sinne der größeren Rennaction sind die einfacher gestalteten Front- und Heckflügel. Der vierteilige Frontflügel ist direkt an der Fahrzeugnase befestigt - mit einer stark vereinfachten Endplatte. Aufgrund seines Aufbaus sorgt er dafür, dass unerwünschte Luftwirbel minimiert werden. Auch der Heckflügel ist mit den nach innen geneigten Endplatten deutlich simpler gestrickt. Komplexe und mit bis ins Detail durchdachte, platzierte Schlitze für ein aerodynamischen Vorteil gehören der Vergangenheit an. Ebenso sind die seitlichen Luftleitelemente - so genannten Barge-Boards - verschwunden, die in den vergangenen Jahren der Verbesserung der Aerodynamik dienten.
Nikolas Tombazis, Technischer Verantwortlicher bei der FIA und langjähriger Chefdesigner bei Ferrari, betonte im Hinblick auf die "neue" Aerodynamik, dass "der Kern unserer Forschung darin bestand, den Abtriebsverlust des Verfolgers zu verringern. Wenn wir davon ausgehen, dass bis Ende 2021 die Anströmung um 50 Prozent verschlechtert wurde, wenn ein Pilot einem anderen Auto folgte, dann liegen wir mit dem neuen Modell bei nur noch zehn bis fünfzehn Prozent." Die Folge: Mehr Überholaction auf der Strecke.
Ein ähnliches Ziel verfolgt die Formel 1 auch bei den neuen Reifen. Wie in den vergangenen Jahren werden die Pneus auch in der Saison 2022 erneut von Hersteller Pirelli zur Verfügung gestellt. Verändert hat sich hingegen die Größe. Die 13-Zoll-Reifen der letzten Jahre sind Geschichte. Ab der Saison 2022 sind die Boliden mit den deutlich größeren 18-Zöllern unterwegs. Der neue Reifen hat die gleiche Laufflächenbreite wie die bisherigen Reifen (305 Millimeter vorne und 405 Millimeter hinten). Der Gesamtdurchmesser wächst jedoch von 660 Millimeter auf 720 Millimeter. Mit der Größe verändert sich auch das Gewicht der Reifen. Die neuen Pneus sind vorne 2,5 Kilogramm und hinten 3,5 Kilogramm schwerer, was eine Gewichtszunahme von zwölf Kilogramm alleine durch die Reifen mit sich bringt. Insgesamt erhöht sich das Minimumgewicht der Autos von 743 Kilogramm auf 768 Kilogramm. Zudem befinden sich auf den neuen Reifen Radkappen, die auf den alten 13-Zöllern noch fehlten. Radnaben und Muttern sind standardisiert, das heißt: alle Teams verwenden hier die gleichen Teile.
Pirelli-Motorsportchef Mario Isola machte allen Formel1- und Action-Fans auf der Jahrespressekonferenz des Reifenherstellers Hoffnung auf eine spektakuläre Entwicklung, die durch die Reifen begünstigt wird. "Die Fahrer hatten sich gewünscht, dass sie Reifen bekommen, die weniger zum Überhitzen neigen und weniger abbauen. Mit unserer Neukonstruktion haben wir diese Ziele erreicht, wie sich bei den Nachsaisontests in Abu Dhabi bewiesen hat. Dort hat sich gezeigt: Die neuen Reifen halten besser stand. Wir glauben, wir werden tendenziell weniger Boxenstopps erleben, aber dafür mehr Action auf der Strecke."
Generell werden die Bauteile eines Formel-1-Autos nun in fünf Komponenten klassifiziert. Dabei geht es vorrangig darum, Kosten einzusparen und durch ein engmaschigeres Reglement die Leistungsdichte im Feld zu erhöhen.
"Listed Team Components": Teile, die vom Team selbst entworfen und gebaut werden wie beispielsweise die Fahrerzelle.
"Standard Supply Components": Teile, die von einem bestimmten Lieferanten gebaut werden. Die Anzahl der Komponenten wurde dabei erhöht, um eine größere Vereinheitlichung innerhalb des Feldes herzustellen. So sind etwa beim Benzinsystem Standard-Pumpen, Standard-Schläuche, Standard-Durchflussmesser und Standard-Dämpfer im Einsatz. Weitere Teile: Radabdeckungen, Felgen, Reifendrucksensor (TPMS), Reifen, Strom-/Spannungssensor im Energiespeicher des Antriebsaggregats, Druck- und Temperatursensoren im Triebwerk
"Prescribed Design Components": Teile, die von einem Team gebaut werden, allerdings nach einer von der FIA vorgeschriebenen Spezifikation.
"Transferable Components": Teile, die von einem Team an ein anderes geliefert werden dürfen, wie etwa ein Getriebe bzw. dessen einzelne Bestandteile.
"Open Source Components": Teile, die von einem Team gebaut werden. Das Design muss aber den anderen Rennställen zugänglich gemacht werden. Beispiele: Vordere Bodenstruktur, Pedale, Heckflügelversteller (DRS), Antriebswelle, Lenksäule, Lenkrad, Bremsscheibe, Scheibenglocke und Bremsbelag, Bremssättel, Steuerungssystem für die Hinterradbremse (Kabelbremse), Hauptbremszylinder, Kraftstoffsystem, Kraftstoffsammler, Hydraulische Anordnung des Kraftstoffsystems, Feuerlöscher, Wassertrinkanlage.
Die bisherigen 1,6-Liter-V6-Motoren werden bis einschließlich 2025 weiterverwendet. Der Grund hierfür ist simpel: Kosten. Erst ab 2026 kommt eine neue Motorengeneration an den Start. Aus diesem Grund müssen die Motorenhersteller ihre Antriebe zum Saisonstart 2022 homologieren lassen. Die Entwicklung ist dann für dieses und die kommenden drei Rennjahre eingefroren. Des Weiteren steigt der Anteil von Bio-Kraftstoff (Ethanol des Typs E10) von 5,75 Prozent auf mindestens zehn Prozent.
Was ändert sich mit den neuen Motoren ab der Saison 2026?
Diese behalten die bisherige Leistung von rund 1000 PS bei, allerdings wird der Anteil der elektrischen Leistung nach oben geschraubt und erhöht sich dann von circa 160 PS auf rund 480 PS. Somit zieht der neue Formel-1-Motor seine Power zur Hälfte aus der Elektrik. Zudem wird auf 100 Prozent Bio-Kraftstoff umgestellt.
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