Per Husarenritt auf Wolke 7! Vettel feiert sensationelles Baku-Rennen
09.06.2021 | 10:48 Uhr
Sebastian Vettel feiert beim GP von Aserbaidschan in Baku einen sensationellen zweiten Rang - und das von Startplatz elf aus. Diese starke Performance mit unzähligen Highlightszenen befördert das einstige Sorgenkind des deutschen Motorsports ohne Umwege auf Wolke 7.
Alles sollte besser werden bei Sebastian Vettel. Nach seinem Abschied bei Ferrari Ende letzten Jahres und seiner Unterschrift bei Aston Martin hoffte nicht nur der Heppenheimer sondern auch die deutschen Motorsportfans, dass der 33-Jährige bei seinem neuen Rennstall zumindest ansatzweise wieder an alte Erfolge anknüpfen kann.
Doch der Start in die Saison war mehr als niederschmetternd. Bei den ersten vier Saisonrennen landete der viermalige Weltmeister stets außerhalb der Punkte und zumeist auch hinter seinem Teamkollegen Lance Stroll. Erst im Fürstentum beim GP von Monaco feierte Vettel seinen ersten Lichtblick mit Platz 5. Doch auch wenn diese Platzierung die bislang beste für Aston Martin seit Rückkehr in die Formel 1 war, gingen viele Experten davon aus, dass dies auch Monaco "geschuldet" war. Eine Strecke, die keinen Platz für Überholmanöver zulässt, die die fahrerische Leistung hervorhebt und kleine bis größere Schwächen von Autos kaschieren kann. Für Baku - zwar auch ein Stadtkurs, aber mit seinen langen Geraden konträr zu Monaco - wurde Vettel und seinem Team nicht sonderlich viel zugetraut.
Doch der Heppenheimer überraschte alle - mit einem regelrechten Husarenritt, der an alte Weltmeister-Zeiten mit Red Bull erinnerte. Am Ende sprang ein sensationeller Platz 2 hinter Red-Bull-Pilot Sergio Perez heraus. "Dieses Ergebnis bedeutet uns eine ganze Menge. Es war ein toller Tag und ich bin wirklich auf Wolke sieben", stellte ein sichtlich erleichterter und gut gelaunter Vettel nach dem Rennen klar. Kein Wunder, immerhin ist dieses Resultat für Aston Martin als Konstrukteur bisher das beste Ergebnis in der Formel 1 und Vettels beste persönliche Platzierung seit dem Mexiko-Grand-Prix 2019.
"Ich bin natürlich zufrieden. Es war ein verrücktes Rennen. Wir hatten von Anfang an eine gute Pace. Wir haben uns zu Beginn den Reifen gut eingeteilt, das war der Schlüssel für den Erfolg. Wir konnten richtig Druck machen und ich hätte noch länger draußen bleiben können. Die Reifen waren gut und das Auto war genau im richtigen Fenster. Dann ging es richtig nach vorne. Wir konnten den einen AlphaTauri schlagen, obwohl wir länger draußen geblieben sind."
Zwischenzeitlich spülte es Vettel sogar auf Platz eins, da er mit seinen frischen Soft-Reifen in seinem ersten Stint länger draußen geblieben ist als die Konkurrenz vor ihm. Damit feierte der 33-Jährige seine ersten Führungskilometer seit 2019.
Doch nicht nur die zwischenzeitliche Führung ließ die Vettel-Anhänger in den erfolgreichen früheren Zeiten schwelgen. Auch die einzelnen Etappen des Baku-Rennens zeigten auf, dass Vettel noch lange nicht in der Formel 1 ausgedient hat. Gleich am Start kassierte er zwei Kontrahenten unter anderem Valtteri Bottas und schob sich so auf Platz 9 vor. Durch die Boxenstopps der anderen Piloten kletterte Vettel im Klassement immer weiter nach oben, bis er schließlich selbst in Runde 19 zum Reifenwechsel kam und sich anschließend auf P7 wieder eingefunden hat.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Vettel also bereits vier Plätze im Vergleich zum Start gut gemacht. Doch wer jetzt dachte, dass dies das Höchste der Gefühle für den Heppenheimer sei, der irrte. "Wir konnten mit den Ferraris und auch mit Pierre (Gasly, Anm. d. Red.) mitgehen. Am Re-Start konnten wir die beiden dann sogar vernaschen", beschrieb Vettel am Sky Mikrofon die Phase nach seinem Pitstop.
Nach dem Unfall von Verstappen und dem Fehler von Hamilton nach dem stehenden Re-Start rückte der Heppenheimer sogar auf Podiumsplatz 2 vor, den er bis zum Ende problemlos verteidigen konnte. "Zum Schluss haben wir natürlich auch etwas profitiert. Insgesamt wäre auch der vierte Platz ein sehr starkes Ergebnis gewesen - ohne, dass irgendjemand vorne ausgefallen wäre. Ich bin natürlich sehr zufrieden und glücklich fürs Team."
Doch woher kommen nun auf einmal die besseren und stabileren Leistungen von Vettel und Aston Martin? Der viermalige Weltmeister begründete diese schlicht mit Vertrauen. "Wir hatten zwar keine großen Updates, aber das Vertrauen ist da. Gerade auf einem Stadtkurs braucht man das auch. Das ist auf jeden Fall ein gutes Zeichen. Ich glaube, das kann uns nur helfen für die nächsten Rennen. Wir verstehen das Auto - was das Setup angeht - immer besser. Wir probieren alles und sind insgesamt auf dem richtigen Weg unser Paket zu maximieren und heute war zum Glück mehr drin. Das freut uns."
Die nächste Chance, den Aufwärtstrend zu bestätigen, hat Vettel mit seinem Team in zwei Wochen in Frankreich (ab 18. Juni jede Session LIVE und EXKLUSIV auf Sky Sport F1). "Das wird mehr eine Standortbestimmung sein, aber ich hoffe, dass wir ab jetzt ein bisschen regelmäßiger in die Punkte fahren können."
Anders als in Monaco - als Vettel nach seiner guten Platzierung aufgrund der Corona-Impfung am Folgetag in seine Wahlheimat Schweiz reisen musste - wird es nun auf jeden Fall eine kleine Feier geben, auch wenn die Hälfte des Teams schon weg musste. "Die Jungs müssen schauen, dass sie nach England kommen, weil es ansonsten Stress mit der Quarantäne-Plicht geben könnte. Aber wir werden die Zeit sicherlich finden, dass wir einen trinken können. Ich gebe Einen aus."
Und wer weiß: Hält diese Hochform weiter an, können schon in Frankreich auch die nun bereits abgereisten Teammitglieder mitfeiern ...