Sieben freie Cockpits für 2023: Wie sehr müssen Mick und Vettel zittern?
02.07.2022 | 22:08 Uhr
Die Silly Season in der Formel 1 ist in diesem Jahr bereits früh in Schwung gekommen. Seit Wochen stehen die Cockpits für die Saison 2023 im Fokus. Stand jetzt sind sieben begehrte Plätze offen. Welcher Pilot muss um seine F1-Zukunft zittern, wer darf hoffen?
Nur bei den vier Top-Teams Red Bull, Ferrari, Mercedes und McLaren herrscht im Hinblick auf die Cockpitvergabe 2023 absolute Gewissheit. Bei den restlichen sechs Teams ist mindestens ein Platz offen. Sky Sport blickt auf die Kandidaten und fasst die aktuelle Situation um deren Zukunft zusammen.
Während Lance Stroll - Sohn von Teambesitzer Lawrence Stroll - sein Cockpit für das kommende Jahr sicher hat, steht die Zukunft von Sebastian Vettel noch in den Sternen. Allerdings könnte es aus Sicht des viermaligen Weltmeisters so einfach sein. Aston-Martin-Teamchef Mike Krack betont fast schon gebetsmühlenartig, dass man mit dem Heppenheimer auch gerne in der kommenden Saison zusammenarbeiten möchte - so auch am Sky Mikrofon im Rahmen des GP von Großbritannien in Silverstone.
"Wir haben uns keinen Zeitrahmen gesteckt. Für uns ist es wichtig, dass wir dem Sebastian zeigen, dass wir das Fahrzeug stetig verbessern, dass wir unsere Abläufe verbessern, dass wir unsere Teamstruktur verbessern. Wenn er diese positiven Schritte sieht, wird es für ihn schwierig sein, nicht bei uns zu bleiben. Aber wir müssen ihm das zeigen - nicht durch Worte sondern durch Taten."
Damit hat der Luxemburger aufmerksam seinem Fahrer gelauscht. Denn auch Vettel hatte vor wenigen Wochen seine F1-Zukunft an genau diesen Punkten festgemacht. Seitdem läuft es für den Rennstall auch sportlich wieder besser. Das rigorose Update am AMR22 in Barcelona zeigt mittlerweile Wirkung. Während Vettel und Stroll bis dorthin dem Feld eigentlich nur hinterhergefahren sind (fünf Punkte in fünf Rennen), konnten seitdem elf Zähler dazugewonnen werden - in nur vier Rennen.
Die Tendenz bei Aston Martin ist damit nachweislich positiv. Kann diese bis Saisonende aufrecht gehalten werden, dürfte Krack Recht behalten und Vettel ein "Nein" zu einem Verbleib schwerfallen.
Unruhig und nicht zufriedenstellend - so kann bislang die Saison von Mick Schumacher und dem Haas-Team beschrieben werden. Zahlreiche technische Probleme am Auto wechselten sich mit Fahrfehlern des 23-Jährigen ab, sodass der Sohn von F1-Legende Michael Schumacher nach wie vor auf die ersten WM-Punkte seiner F1-Karriere wartet. Der von seinem Teamchef Günther Steiner auferlegte Druck durch ein aufsehenerregendes Interview in Baku oder durch dessen Aussagen vor dem anstehenden GP von Großbritannien dürften nicht wirklich förderlich sein.
Doch Schumachers zuletzt starke Leistung mit Platz sechs im Kanada-Qualifying dürfte dem Youngster Aufschwung und Selbstvertrauen für die kommenden Wochen geben. Diese werden wohl auch entscheidend sein, wie es mit Schumacher weitergeht. "Gespräche laufen täglich", erklärte der 23-Jährige im Hinblick auf seine Vertragssituation bei Haas gegenüber Sky. "Aber wenn, dann wird es erst eher nach der Sommerpause etwas zu verkünden geben. In der Sommerpause werden die Gespräche mehr ins Detail gehen."
Vier Rennen bleiben bis dahin noch, um die Zweifler und vor allem seinen Teamchef von einer weiteren Zusammenarbeit mit ihm zu überzeugen. Als Handicap könnte sich für Schumacher dabei das verschobene erste Update des Haas-Boliden entpuppen. Anstatt in Frankreich kommt dieses voraussichtlich erst in Ungarn - dem letzten Rennen vor der Sommerpause! Oberstes Ziel für Mick muss es deshalb sein, bei den kommenden Grands Prix seinen Teamkollegen Kevin Magnussen zu schlagen oder zumindest mit diesem auf Augenhöhe zu agieren. Ähnliche Leistungen wie zuletzt in Kanada würden dabei auf jeden Fall helfen!
Das Wort Sommerpause hat auch im Hinblick auf die Zukunft von Fernando Alonso eine große Bedeutung. "Ich denke wir sprechen in der Sommerpause darüber. Das war meine ursprüngliche Idee zu Beginn des Jahres", erklärte der Routinier gegenüber Sky. "Seit meinem Comeback genieße ich die Zeit in der Formel 1. Meine Intention ist es weiterzumachen - für mindestens zwei Jahre. Aber das ist nur das, was ich aktuell in meinem Kopf habe. Wir haben als Team noch nicht darüber gesprochen. Ich hoffe, dass wir eine Vereinbarung finden und dass ich weitermachen kann."
Es liegt somit an der Alpine-Führung um Teamchef Otmar Szafnauer, wie es mit dem Spanier weitergeht. Sollte es zu keinem weiteren Engagement kommen, stünde der Nachfolger mit Oscar Piastri bereits in den eigenen Reihen parat.
Anders als Alonso, der in seiner F1-Karriere bereits auf weit über 300 Rennen zurückblicken kann, steht Guanyu Zhou noch am Anfang seiner Karriere. Der Chinese befindet sich in seinem ersten Formel-1-Jahr, hat aber keine Garantie, dass weitere dazukommen werden. Denn sein Vertrag gilt nur für die laufende Saison. Allerdings hinterlässt Zhou bislang einen guten Eindruck, wird von seinen Ingenieuren für seine Reife und sein gutes Feedback gelobt.
Ein besonderes Lob erhielt der Youngster von Alfa-Romeo-Sportdirektor Beat Zehnder, der in Bezug auf Zhou bei Auto, Motor und Sport wie folgt zitiert wird: "Er gehört sicher zu den besten Rookies, die wir je in unserem Team hatten. Normalerweise muss man bei Rookies immer mit dem einen oder anderen Crash rechnen. Aber Zhou macht praktisch keine Fehler."
Zhou kommt bislang zwar nur auf fünf WM-Zähler, dies lag aber weniger an der Performance des Chinesen als an den technischen Problemen beim Alfa. In den vergangenen fünf Rennen fiel er gleich dreimal wegen eines technischen Defekts aus. Bleiben also seine Leistungen so konstant - zuletzt agierte er auf Augenhöhe mit seinem erfahrenen Teamkollegen Valtteri Bottas - dürfte wohl nichts gegen mindestens ein weiteres Jahr in der Formel 1 sprechen.
Ähnlich sieht es bei AlphaTauri-Pilot Yuki Tsunoda aus. Der junge Japaner befindet sich derzeit in seinem zweiten Jahr in der Königsklasse des Motorsports. Fiel er in seiner Debütsaison noch mit dem einen oder anderen heißblütigen und übermotivierten Manöver auf, zeigt er sich in diesem Jahr schon deutlich ruhiger und abgeklärter. Die Folge: Nur fünf Punkte Rückstand auf seinen Teamkollegen Pierre Gasly. Die Entwicklung bei Tsunoda stimmt also.
Vor wenigen Wochen erklärte zudem AlphaTauri-Teamchef Franz Tost am Sky Mikrofon, dass man drei Jahre in der Formel 1 benötige, um ein gewisses Niveau zu erreichen und so eine seriöse Bewertung vornehmen zu können. Liest man hier also zwischen den Zeilen, scheint ein weiteres Tsunoda-Jahr bei AlphaTauri nicht unwahrscheinlich.
Während bei den anderen Teams keines oder nur ein Cockpit für die kommende Saison vakant ist, sind es bei Williams gleich zwei. Sowohl der Vertrag von Alex Albon als auch der von Nicholas Latifi laufen am Ende der Saison ab.
Im Vergleich zu seinem Teamkollegen hat Albon aber wohl bessere Karten, auch im kommenden Jahr im Williams-Cockpit zu sitzen. Der Ex-Red-Bull-Pilot ist in seinem ersten Jahr bei Williams kontinuierlich schneller als Latifi. Bereits direkt nach den Tests vor Saisonbeginn erhielt Albon Lob von Teamchef Jost Capito. "Er gibt sehr gute Informationen, ist sehr gut darin, das Auto zu evaluieren. Er ist gelassen, hat ein gutes Gefühl für das Auto und arbeitet gut mit den Ingenieuren und dem Team zusammen."
Worte, die dem 26-Jährigen durchaus Selbstbewusstsein verliehen haben dürften. Immerhin drei WM-Punkte hat er auf seinem Konto. Zwar nicht viel, aber immerhin drei mehr als sein Teamkollege Latifi.
Der Kanadier wird häufig als erstes genannt, wenn es um Wackelkandidaten geht. Zuletzt kursierte das Gerücht, Williams würde sich nach dem Kanada-GP von ihm trennen. Diese Spekulation erstickte Capito am Sky Mikrofon jedoch sofort im Keim. Allerdings stellte der Teamchef dabei auch klar, dass die Konstellation Albon/Latifi erstmal bis Saisonende Bestand hat. Was danach passiert, ist weiterhin offen. Sollte Latifi in der restlichen Saison weiterhin keine guten Leistungen mit eventuell dem einen oder anderen Punkt am Ende zeigen, ist ein (vorübergehendes) Ende seiner F1-Karriere zumindest nicht gänzlich ausgeschlossen.
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