GP von Singapur
28.09.2018 | 16:12 Uhr
Von Sieger Lewis Hamilton vorgeführt, von Ferrari schon wieder im Stich gelassen: Sebastian Vettel hat in der Nacht von Singapur den ersehnten Weltmeistertitel aus den Augen verloren.
Der Heppenheimer wurde hinter dem erneut herausragenden Weltmeister Hamilton im Mercedes und Red-Bull-Star Max Verstappen nur Dritter - und Hamilton rast mit nun 40 Punkten Vorsprung ungebremst seinem fünften WM-Triumph entgegen.
Vettel erklärte: "Wir waren nicht schnell genug im Rennen. Wir wollten aggressiv sein, aber das hat nicht geklappt. Im WM-Kampf hilft dieses Ergebnis sicher nicht. So wie wir gefahren sind, hatten wir keine Chancen. Ich habe vor dem Wochenende gesagt: Wir können nur uns selber schlagen - und wir haben nicht alles gezeigt, was wir können."
Ein eklatanter Fehler des Ferrari-Kommandostandes brachte Vettel um die Chance auf den Sieg. Ein zu früher Boxenstopp und die falsche Reifenwahl warfen den 31-Jährigen zurück - es waren nicht die ersten schlechten Entscheidungen der Scuderia im diesjährigen WM-Duell mit Mercedes.
Hamilton war einmal mehr unerreichbar. Auf der vermeintlichen Ferrari-Strecke in Südostasien und gegen den bisherigen Singapur-Rekordsieger Vettel legte der Engländer ein weltmeisterliches Wochenende hin und raste von der überlegen herausgefahrenen Pole Position zum hochverdienten Erfolg.
Nico Hülkenberg erlebte ein recht enttäuschendes 150. Formel-1-Rennen seiner Karriere, der Renault-Pilot holte als Zehnter nur einen WM-Punkt. Zu beeindrucken wusste einmal mehr Vettels künftiger Teamkollege Charles Leclerc, der seinen Sauber auf Rang neun steuerte.
Ferraris Status als Topfavorit auf dem Stadtkurs hatte Hamilton schon im Qualifying geradezu zertrümmert - er benötigte dafür 1:36,015 Minuten. Mit der mit Abstand schnellsten Runde, die jemals auf dem Marina Bay Street Circuit gedreht wurde, raste er zur Pole Position und stellte die allgemeinen Erwartungen an dieses Rennen mit einem Mal auf den Kopf.
Vettel stand von Startplatz drei hinter Verstappen damit unter Hochdruck, er musste im Leitplankengewirr Plätze gutmachen, durfte aber auch keinen Ausfall riskieren. Als die roten Lichter ausgingen, setzte sich der Deutsche schon in der ersten Kurve neben Verstappen, steckte aber zurück, um eine Kollision zu verhindern.
Die nächste Chance bot sich gleich auf der anschließenden Vollgaspassage, und Vettel ging aus dem Windschatten vorbei. Dann wurde das Rennen zunächst neutralisiert, ein Unfall zwischen den Teamrivalen Esteban Ocon und Sergio Perez (Racing Point Force India) machte ausführliche Aufräumarbeiten notwendig.
Der Restart brachte keine Veränderung, Hamilton hielt die Führung, nun wurde das Rennen zum zähen Poker: Der Weltmeister konnte das Tempo kontrollieren, Vettel und dahinter auch Verstappen scheuten den Angriff auf den jeweiligen Vordermann, um die empfindlichen Hypersoft-Reifen nicht früh zu ruinieren.
Und in diesem Poker verlor die Ferrari-Box die Nerven. Vettel wurde in der 15. Runde als erster der Top-Piloten zum Reifenwechsel gerufen und bekam überraschend nicht die härteste verfügbare Mischung aufgezogen. Zudem kam Vettel nicht mit vollständig freier Fahrt zurück auf die Strecke, lief bald auf Perez auf. Damit konnten Hamilton und sogar Verstappen, die in kurzer Folge ebenfalls stoppten, vorbeiziehen.
"Ich hatte keine Chance, wir waren schon wieder zu spät", funkte Vettel mit Ärger in der Stimme an die Box: "Und diese Reifen werden auch nicht bis zum Ende halten."
Das Rennen war damit gelaufen für Vettel, nur ungewöhnliche Zwischenfälle hätten ihm eine neue Chance geben können. Im letzten Renndrittel geriet Hamilton an der Spitze bei Überrundungen in den Verkehr, verlor Zeit und beschwerte sich über das "lächerliche" Verhalten der Hinterbänkler.
Doch es war kein entscheidender Nachteil für den Engländer. Verstappen konnte ihn nicht angreifen, und dahinter fiel Vettel immer weiter zurück: Er musste seinen Ferrari geradezu um den Kurs streicheln, um auf den stark beanspruchten Reifen irgendwie den zweiten Boxenstopp zu vermeiden. Zumindest dies glückte. Rang drei war für den Deutschen aber eine Niederlage. (sid)