Beim Großen Preis von Ungarn
07.08.2018 | 20:45 Uhr
Sebastian Vettel hat in der Hitze von Budapest im WM-Duell mit Lewis Hamilton den nächsten Wirkungstreffer kassiert.
Ferrari-Star Vettel kam nach verpatztem Taktikpoker und einem schwachen Boxenstopp beim Großen Preis von Ungarn nicht über Rang zwei hinaus. Mercedes feierte dagegen durch Hamilton den zweiten Sieg in Folge. Der Weltmeister aus England geht dadurch mit 24 WM-Punkten Vorsprung auf Vettel in die vierwöchige Sommerpause.
"Es war ein hartes Rennen. Wir wollten mehr als Platz zwei an diesem Wochenende, aber es war unter den Umständen das Maximum", sagte Vettel. Hamilton erklärte überglücklich: "Was für ein großartiger Tag für das Team! Das sind Bonuspunkte für uns, mit dem Sieg hier konnten wir nicht rechnen."
Für Hamilton war der 67. Sieg seiner Formel-1-Karriere ein ganz besonderer: Der 33-Jährige war bei Trockenheit in allen Trainingseinheiten gegen Vettel chancenlos gewesen. Die Pole Position im Regen-Qualifying und eine fehlerlose Mercedes-Vorstellung am Sonntag brachten ihm den etwas unerwarteten Sieg - der im WM-Kampf gegen einen überlegenen Ferrari auch ein moralischer Erfolg ist.
Dritter wurde Vettels Teamkollege Kimi Räikkönen (Finnland). Dessen Landsmann Valtteri Bottas im zweiten Mercedes war lange Zweiter, nach einer leichten Kollision mit dem heranstürmenden Vettel fiel Bottas zunächst auf Rang vier zurück. Die Rennkommissare kündigten allerdings eine Untersuchung der Szene an. Bottas musste zudem Daniel Ricciardo (Australien/Red Bull) passieren lassen und wurde Fünfter.
Renault-Pilot Nico Hülkenberg (Emmerich) verpasste als Zwölfter die Punkteränge, Ex-Weltmeister Fernando Alonso (Spanien) belegte an seinem 37. Geburtstag im McLaren den achten Rang.
Für Vettel und Ferrari ging in Ungarn eine schwarze Woche enttäuschend zu Ende: Am vergangenen Sonntag war der Hesse in Hockenheim in Führung liegend nach einem Fehler ausgeschieden, am vergangenen Mittwoch verstarb der langjährige Ferrari-Präsident Sergio Marchionne.
Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff hatte seine Fahrer vor dem Start noch klar im Nachteil gewähnt: "Ich weiß nicht, ob ich je so einen heißen Renntag erlebt habe. Ich bin eher pessimistisch." Bei Trockenheit hatte Mercedes am Freitag und Samstag erhebliche Probleme mit überhitzenden Hinterreifen, nur im Nassen war das Weltmeisterteam überlegen.
Tatsächlich war am Sonntag von neuerlichem Regen keine Spur. Die Sonne knallte den ganzen Tag auf den dunklen Asphalt des Hungarorings, die Strecke erhitzte sich auf über 50 Grad - Bedingungen wie geschaffen für Ferrari.
Beim Start konnte die Scuderia aus dem Plus an Traktion und der stärkeren Motorleistung allerdings kein Kapital schlagen. Hamilton blieb vor Bottas, dahinter überholte der von vier gestartete Vettel in der zweiten Kurve zumindest seinen Teamkollegen Räikkönen.
In der Folge konnte sich Hamilton absetzen. Um Bewegung ins Geschehen zu bringen, beorderte Ferrari Räikkönen schon nach der 14. von 70 Runden zum Boxenstopp. Mercedes reagierte und wechselte in der Runde darauf die Reifen von Bottas, damit der Finne vor Räikkönen bleibt.
Vettel hatte so freie Fahrt, überraschend kam er aber nicht nennenswert an Hamilton heran. Ferrari änderte die Strategie: "Plan C" funkte Vettels Renningenieur - der Heppenheimer drückte aufs Gas und kam nun näher.
Dann aber verlor er entscheidend Zeit bei Überrundungen, auch sein Boxenstopp dauerte rund zwei Sekunden länger als die von Hamilton und Bottas. Dadurch kam Vettel hinter Bottas als Dritter zurück auf die Strecke. Vettel drückte sich fünf Runden vor dem Rennende doch noch an Bottas vorbei. Er hatte aber keine Chance mehr, Ungarn-Rekordsieger Hamilton (sechs Erfolge) noch zu kriegen.
Ein Sieg in Ungarn ist allerdings nur bedingt erstrebenswert - zumindest, wenn man der Statistik glaubt: In den vergangenen 13 Jahren verpasste der Budapest-Sieger stets den WM-Titel. Michael Schumacher war 2004 der letzte Fahrer, der in der derselben Saison sowohl auf dem Hungaroring als auch in der Meisterschaft vorne war.
Vettel und sein Team würdigten in Budapest den am Mittwoch verstorbenen Marchionne mit Trauerflor an der Kleidung und dezenten schwarzen Aufklebern auf den Nasen der Boliden. Zudem hingen die Fahnen am Ferrari-Motorhome beim letzten Rennen vor der Sommerpause auf Halbmast. Vor dem Rennen wurde eine Schweigeminute eingelegt. (sid)
1. Lewis Hamilton (Großbritannien) Mercedes 1:37:16,427 Stunden (Durchschnittsgeschwindigkeit: 189,134 km/h), 2. Sebastian Vettel (Heppenheim) Ferrari 17,123 Sekunden zurück, 3. Kimi Räikkönen (Finnland) Ferrari 20,101, 4. Daniel Ricciardo (Australien) Red-Bull-Renault 46,419, 5. Valtteri Bottas (Finnland) Mercedes 50,000, 6. Pierre Gasly (Frankreich) Toro-Rosso-Honda 1:13,273 Minuten zurück, eine Runde zurück: 7. Kevin Magnussen (Dänemark) Haas-Ferrari, 8. Fernando Alonso (Spanien) McLaren-Renault, 9. Carlos Sainz jr. (Spanien) Renault, 10. Romain Grosjean (Frankreich) Haas-Ferrari, 11. Brendon Hartley (Neuseeland) Toro-Rosso-Honda, 12. Nico Hülkenberg (Emmerich) Renault, 13. Esteban Ocon (Frankreich) Force-India-Mercedes, 14. Sergio Perez (Mexiko) Force-India-Mercedes; zwei Runden zurück: 15. Marcus Ericsson (Schweden) Sauber-Ferrari, 16. Sergej Sirotkin (Russland) Williams-Mercedes, 17. Lance Stroll (Kanada) Williams-Mercedes
ausgeschieden: Charles Leclerc (Monaco) Sauber-Ferrari (Defekt, 1. Runde), Max Verstappen (Niederlande) Red-Bull-Renault (Defekt/7.), Stoffel Vandoorne (Belgien) McLaren-Renault (Getriebe/50.)