Schumacher: Dieser Fahrer ist ein zukünftiger Weltmeister
10.12.2020 | 19:36 Uhr
Sky Experte Ralf Schumacher beleuchtet in seiner Kolumne die wichtigsten Themen rund um den Formel-1-Zirkus. Dieses Mal spricht er über George Russell und seinen Neffen Mick Schumacher.
Eine sehr interessante Saison neigt sich dem Ende zu. Es gab viele gute Rennen und einen überragenden Weltmeister Lewis Hamilton. Die Boxenpanne vom vergangenen Wochenende, die in Hamiltons Abwesenheit in seinem Team passiert ist, war allerdings sehr ungewöhnlich. Mercedes-Teamchef Toto Wolff hat es erklärt, es gab Überschneidungen im Funkverkehr, die Mechaniker haben dadurch den Boxenfunk nicht gehört.
Ohne die Panne hätte George Russell das Rennen gewonnen. Und das nicht nur, weil er in Hamiltons Mercedes saß. Das Auto ist natürlich überlegen, aber ich würde schätzen, dass Russell im direkten Vergleich mit Hamilton noch keine Chance hätte. Lewis ist einfach ein wahnsinnig konstanter Fahrer und eine Klasse für sich.
Ich bin mir aber sicher, dass wir nächstes Jahr ein spannendes Rennen zwischen zwei Teamkollegen sehen werden. Wenn Russell nämlich am kommenden Wochenende wieder fährt und noch einmal besser ist als Bottas, dann dürfte Valtteris Aus besiegelt sein.
Toto Wolff hat im Interview gesagt, dass er definitiv nicht zufrieden war mit Bottas. Ich glaube nicht, dass der Finne bei den Leistungen, die er zuletzt gezeigt hat, im nächsten Jahr im Mercedes sitzt.
Russell hat das Talent, im nächsten Jahr näher an Hamilton heranzurücken und ich glaube, dass wir dann einen zukünftigen Weltmeister sehen werden. Russell hat ein riesiges Potenzial, er hat Speed und er ist aus meiner Sicht die Zukunft für Mercedes. Denn Mercedes muss ja auch an die Zeit nach Hamilton denken. Ich könnte mir vorstellen, dass Russell die perfekte Wahl wäre.
Russell hat nicht nur Speed, er kommt auch menschlich wahnsinnig sympathisch rüber und war schon, wie ich gehört habe, bei Williams extrem beliebt. Er ist ein offener, lustiger Mensch, der die Formel 1 wieder etwas mehr beleben kann. Wenn man ehrlich ist, dann ist Lewis Hamilton zurzeit Gold wert, weil er neben der Formel 1 auch ein bisschen Lifestyle vermittelt. Russell würde das auch können, aber auf eine andere Art und Weise.
Für Racing Point und Sergio Perez kam die Mercedes-Panne natürlich zu einem guten Zeitpunkt. Er war wichtig für das Team, auch finanziell, und für den Fahrer und dessen Zukunft in der Formel 1.
Auch wenn wir es uns aus deutscher Sicht wünschen würden, kann ich mir nicht vorstellen, dass Niko Hülkenberg noch ein großes Thema bei Red Bull ist. Vielmehr dürfte Perez derjenige sein, der im nächsten Jahr den Platz von Alexander Albon einnimmt, der gezeigt hat, dass er dort nicht unbedingt hingehört.
Perez hingegen ist ein sehr erfahrener Fahrer. Jetzt hat der Mexikaner, der seinen Platz für Sebastian Vettel räumen muss, seinen ersten Sieg gefeiert. Das ist schön für ihn, denn die Trennung von Racing Point war für ihn unglücklich gelaufen. Wegen seiner Corona-Infektion musste er pausieren und war dann hinter seinen Teamkollegen gerückt. Dadurch konnte das Team ihn quasi vor die Tür setzen. Das war für ihn sehr bitter und damit hatte er nicht gerechnet. Jetzt hat er bewiesen, dass er ein guter Fahrer ist, der immer stabiler wird und immer weniger Fehler macht.
Mick Schumacher ist Formel-2-Champion geworden und fährt nächstes Jahr in der Formel 1. Was er geschafft hat, ist etwas Besonderes. Natürlich auch für die Familie, aber vor allem für ihn. Er kann mega stolz auf sich sein.
Bei Mick muss man jetzt abwarten, wie sich die Dinge in seinem Team entwickeln. Er fängt in einem Team an, das nicht so stark ist, bis jetzt zumindest. Haas hatte in dieser Saison super Zeiten und es bleibt zu hoffen, dass sie nächstes Jahr daran anknüpfen können.
In erster Linie muss man Mick Zeit geben, sich an die Formel 1 und die neuen Strecken zu gewöhnen. Sein Ziel wird sein, so viel wie möglich zu lernen - und besser zu sein als sein Teamkollege. Das ist das Entscheidende. Der Rest kommt mit der Zeit.
Die Vergleiche zwischen Mick und seinem Vater Michael finde ich nicht wirklich angebracht, Mick ist seinen eigenen Weg gegangen, und das sehr erfolgreich. Er hat alle Meisterschaften gewonnen bis auf die Formel 4, da ist er Vizemeister geworden. Ich glaube einfach, dass man ihn realistisch beurteilen muss.
Viele junge Fahrer träumen davon, in der Formel 1 zu fahren. In der Öffentlichkeit wurde häufig gesagt: "Naja, er hat ja auch alle Möglichkeiten." Das stimmt schon, aber man muss diese Möglichkeiten auch nutzen. Und das hat er gemacht.
Zum Instagram-Account von Ralf Schumacher.