Formel 1 News: Mercedes-Motorsportchef Wolff über Hamilton, Schumacher & Hülkenberg
Wolff über den schärfsten Konkurrenten & Mick Schumachers Bürde
04.03.2021 | 14:06 Uhr
Mercedes hat sein neues Auto vorgestellt. Im Rahmen der Präsentation stand Motorsportchef Toto Wolff Sky Rede und Antwort.
Mercedes-Motorsportchef spricht im Sky Interview unter anderem über das neue Auto, die Konkurrenz, Mick Schumacher, Sebastian Vettel und Nico Hülkenberg.
Toto Wolff über ...
... das neue Auto: "So ein Launch ist eigentlich immer wie eine kleine Geburt des Autos. Es gibt zwei Events, die mir persönlich am Besten gefallen. Das ist der erste Start des Motors, dass er zum Leben erweckt wird. Das Zweite ist, wenn es richtig losgeht. Es ist heute losgegangen. Das Projekt 2021 W12 wurde heute präsentiert. Jetzt geht es auf die Tournee."
... die Leistungsfähigkeit des neuen Wagens: "Das Auto wird denke ich langsamer sein. Es hat einen Cut der Aerodynamik gegeben. Das war auch Sinn der Übung. Es wird sicher etwas dauern bis wir das wieder aufholen. Und dann gibt es einen neuen Reifen, der für mehr Stabilität und Integrität sorgen soll. Der wird nochmal ein gehöriges bisschen langsamer werden. Insgesamt glaube ich müssen wir mit weniger schnellen Rundenzeiten rechnen in 2021."
... die Entwicklung des Autos in Coronazeiten: "Das war würde ich sagen genauso schwierig wie in jeder anderen konventionellen Industrie. Wir arbeiten teilweise von zu Hause. Gerade bei einem Engineering-Unternehmen, wie wir es sind, geht das manchmal gar nicht. Das Auto wird vor der Präsentation erstmals als Ganzes zusammengeschraubt. Das ist gestern in Silverstone passiert und nicht hier in unserer Fabrik, um das Race Team weg von der Belegschaft zu halten und keine Ansteckung zu riskieren."
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"Red Bull wird in diesem Jahre einen guten Job machen"
... die Konkurrenten für die kommende Saison: "Das ist schwierig zu sagen. Wir haben Respekt gegenüber allen. Wir haben in den letzten Jahren gesehen, dass es mit Red Bull und Ferrari immer die üblichen Verdächtigen waren. Gerade da bin ich überzeugt, dass Red Bull in diesem Jahr einen guten Job machen wird. Im Abschiedsjahr von Honda werden sie sich gehörig ins Zeug legen. Man darf aber auch Teams wie McLaren, Aston Martin ganz besonders und Renault nicht abschreiben, die große Ambitionen haben. Wenn es nicht dieses Jahr wird, dann ganz sicher 2022."
... die Entscheidung von Red Bull für Sergio Perez: "Sergio ist viele Jahre mit einem Mercedes-Motor unterwegs gewesen und kennt natürlich das Leistungspotenzial des Motors und die verschiedenen Modi, die gefahren werden können. Diesen Input wird er bei Honda mit Sicherheit geben können. Der Fahrer, der zu diesem Zeitpunkt ins Team geholt wurde, wird wenig daran ändern, wie die Gesamtleistung des Aggregats aussieht oder wie man den Motor so feintunen kann, dass er auch funktioniert und die Energie zur richtigen Zeit abrufbar ist. Nichtsdestotrotz weiß er, wie der Mercedes-Motor geht und das wird ein interessanter Input für Honda sein."
"Das Team hat ähnliche Ressourcen wie wir"
... den Konkurrenten Red Bull: "Sie sind mit Sicherheit der erste Konkurrent, mit dem man rechnen muss. Das Team hat ähnliche Ressourcen wie wir und eine sehr ambitionierte Mannschaft. Mit Max haben sie einen jungen Piloten, der versucht, in die Fußstapfen von Lewis Hamilton zu treten und mit Sergio Perez haben sie einen Fahrer, der auch in der Konstrukteursmeisterschaft regelmäßig punkten kann. Deshalb würde ich Red Bull schon als sagen wir mal den ersten Wettbewerber sehen. Wie gesagt, man darf alle anderen nicht abschreiben. Gerade bei Ferrari ist nicht ganz so klar, wie viel sie aufholen können. Und die anderen drei, vier die werden uns auch in diesem Jahr das Leben ein bisschen schwerer machen. Wenn es nicht um den Sieg ist, dann wird es um Podiumsplatzierungen sein. Da kann man es sich dann nicht mehr leisten, etwas falsch zu machen, sonst ist man ganz schnell Sechster oder Siebter."
... Max Verstappen als möglichen Kandidaten für Mercedes: "Unsere ganze Priorität und natürlich auch unsere Loyalität und Aufmerksamkeit gilt unserem Fahrerduo. Wenn wir zum jetzigen Zeitpunkt im Februar beginnen würden, fremd zu flirten, wäre das sicherlich der falsche Zeitpunkt. Das Gespräch werden wir in allererster Linie mit unseren beiden führen, um zu schauen, wie sie sich die gemeinsame Zukunft auch vorstellen können. Zu Max muss man sagen, er wird auf der Liste jedes einzelnen Teams sein. Seine Leistungen in den vergangenen Jahren qualifizieren ihn dafür. Jetzt werden wir bald sehen, wie wir mit unseren beiden zu Potte kommen für 2022 und danach und was dann gegebenenfalls für Alternativen da sind."
"Verschiedene interessante Varianten"
... die Frage, von wem der Impuls ausging, dass Lewis Hamilton diesmal nur einen Einjahresvertrag unterschrieben hat: "Das war dann eigentlich von beiden. Ende Dezember sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir nie wirklich die Möglichkeit hatten, uns hinzusetzen und im Detail zu verhandeln, wie die Jahre danach aussehen können. Nicht nur die Jahre des Fahrens, sondern auch nach dem Fahren. Da gibt es verschiedene interessante Varianten. Irgendwann im Januar haben wir gesagt, dass wir diesen Vertrag jetzt fertig machen müssen, damit wir losstarten können in die Saison. Dann werden wir uns mehr Zeit nehmen, um über die Zukunft zu diskutieren. Deshalb war dieser Einjahresvertrag dann eigentlich auch die logische Konsequenz. Ihm ermöglicht es die Flexibilität, höre ich auf oder mache ich weiter? Für uns ermöglicht das auch alle möglichen Szenarien. Am Ende sind alle happy. Ein sogenannter Deal ist es, wenn beide happy sind oder beide ein ganz klein wenig nicht happy, aber auf dem gleichen Niveau."
... einen möglichen achten WM-Titel von Hamilton: "Für mich gibt es in jeder Epoche herausragende Piloten. Was mir in den Kopf kommt ist Fangio und auch seine Mitstreiter damals: Moss, für mich zählt Jochen Rindt dazu - eine Ikone seiner Zeit, posthumer Weltmeister. Und dann natürlich Senna in den McLaren-Jahren. Und dann kommt schon Schumacher mit diesem unheimlichen Run von sieben Fahrer-Titeln und ich glaube es waren sechs Konstrukteursmeisterschaften. Jetzt sind wir auf einer ähnlichen Umlaufbahn mit sieben gewonnen Konstrukteurstiteln und sieben Fahrertiteln. Das gibt natürlich schon die Möglichkeit für Lewis, in diesen Olymp aufzusteigen. Alle diese genannten Fahrer zählen für mich zu den herausragenden Persönlichkeiten, die auch nur schwer vergleichbar sind, weil jeder zu einer anderen Epoche im Auto saß."
Wolff: Schumacher "tritt in unheimlich große Schuhe"
... Mick Schumacher: "Er tritt natürlich in unheimlich große Schuhe. Michael ist eine Ikone - nicht nur in der Formel 1, sondern auch darüber hinaus. Da hat es Mick tatsächlich nicht immer einfach verglichen zu werden. Andererseits ist er ein junger Mann, der weiß, was er will, der seine Leistungen in der Vergangenheit auch in der Formel 2 und der Formel 3 abgerufen hat. Deshalb sehe ich seine Zukunft ganz klar in der Formel 1. Jetzt muss man ihn in allererster Linie in Ruhe lassen und ihn nicht immer vergleichen, sondern ihm auch diese Lernjahre zugestehen bei Haas und was auch immer danach kommt. Wenn er sich gut entwickelt, hat er natürlich auch die Möglichkeit, in der Zukunft in einem richtig starken Auto zu sitzen. Ich würde es ihm wünschen und auch seinem Vater, der Familie und Sabine, dass Mick eines Tages um Siege fahren kann und auch um Weltmeisterschaften."
... mögliche Tipps an Mick Schumacher: "Ich glaube nicht, dass Mick Tipps braucht. Wir haben ein bisschen Zeit miteinander verbracht, wenn sich die Möglichkeit ergeben hat. Es macht mir Spaß, junge Piloten auch ein bisschen zu unterstützen. Aber das muss eher vom Fahrer ausgehen. Ich dränge mich da nicht auf. Mit Sebastian (Vettel) habe ich ein sehr gutes Verhältnis und mit Mick dadurch auch ein klein wenig. Es wird alles seinen Weg gehen."
Wolff von Vettel überzeugt
... Sebastian Vettel: "Sebastian war in den letzten Jahren in einer Abwärtsspirale, wo gerade das Zwischenmenschliche meiner Meinung nach einen großen Faktor hatte. Ich bin davon überzeugt, dass er dieses Leistungsvermögen nach wie vor hat. Er ist wirklich jung, Anfang der Dreißiger, mit unheimlich viel Erfahrung. Man vergisst, dass er bei Red Bull der jüngste Weltmeister war. Insofern bin ich davon überzeugt, dass wir den Sebastian wiedersehen können, den wir nicht nur in den Red-Bull-Jahren hatten, sondern auch einen Sebastian, der in der ersten Ferrari-Periode richtig stark und unser Hauptkonkurrent war."
... einen möglichen Rat an Vettel: "Am Ende des Tages muss jedes Team und jeder Fahrer diese Entscheidung für sich selbst treffen. Wenn ich das eine oder andere Mal Input geben kann, dann ist das sicherlich nicht der Hauptgrund, warum solch eine Entscheidung getroffen wird."
.... die Schwierigkeit der kommenden Saison: "Ich bin von Natur aus immer ein Pessimist und versuche immer mit dem Worst-Case-Scenario zu kalkulieren. Aber gerade bei Corona versuche ich Optimist zu bleiben. Wir sehen eine Impf-Tendenz, die zumindest hier in England unheimlich positiv ist - über 30 Prozent der Bevölkerung sind geimpft. Ich denke das wird auch in anderen Ländern so sein. Ich denke, dass wir bei dem einen oder anderen Grand Prix wieder vor Zuschauern fahren werden. Vielleicht mit Impfpass oder nicht ganz vollem Haus. Aber wir werden doch zu so etwas wie einer Normalität zurückkehren, die natürlich coronabeeinflusst sein wird. Diese Virengeschichte wird uns weiter verfolgen, aber wir werden lernen, damit umzugehen. Ich denke, dass die Formel 1 im Sommer oder im Herbst wieder Zuschauer haben kann, auch substanziell Zuschauer. Dass wir es dann doch schaffen, diese Situation zu managen."
Eindeutige Aussage zu Hülkenberg
... Nico Hülkenberg als Ersatzfahrer bei Mercedes: "Ich möchte nicht irgendwelche interessanten News für Nico abstechen. Wir alle wissen, was er kann und, dass er einer der Top-Piloten ist, der irgendwie so diese letzte Chance nicht bekommen hat, bei einem Top-Team zu fahren, weil er meiner Meinung nach sicher überzeugen könnte. Solch eine Ressource im Team zu haben, ist natürlich interessant. Da sind natürlich auch wir nicht abgeneigt."
... eine mögliche Entscheidung bei Hülkenberg: "Die Frage ist nicht, bis wann die Entscheidung fällt, sondern, wann sie bekannt gegeben wird."