Das bedeutet das 4:0 im Klassiker für Dortmund & Bayern

Der BVB hat ein Klassiker-Problem - und die Bayern eine Benchmark

Von Luca Sixtus

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Es war die Blaupause einer Machtdemonstration. Der FC Bayern hat Borussia Dortmund im Klassiker nicht den Hauch einer Chance gelassen. Dabei ließen die Vorzeichen einen solchen Ausgang der Partie nicht vermuten. Die Erkenntnisse aus diesem weitgehend einseitigen Spiel könnten unterschiedlicher nicht sein.

Die Allgemeinheit war sich im Vorfeld sicher: Die Gelegenheit, den FC Bayern zu schlagen, war so groß wie lange nicht mehr. Beim deutschen Rekordmeister herrschte extremer Frust und große Enttäuschung nach dem ernüchternden Aus in der zweiten Runde des DFB-Pokals gegen den 1. FC Saarbrücken aus der 3. Liga unter der Woche. Dazu war der Kader nach der jüngsten Verletzung von Innenverteidiger Matthijs de Ligt erneut auf Kante genäht.

Auf der anderen Seite hatte sich Borussia Dortmund über die letzten Wochen und Monate ein Selbstverständnis erarbeitet, wodurch die Schwarz-Gelben in saisonübergreifend 17 Bundesliga-Spielen unbesiegt blieben. Doch von der breiten Brust war beim Klassiker am Samstagabend nichts zu sehen. Stattdessen überrollten die Bayern den BVB und fertigten den Erzrivalen glatt mit 4:0 ab. Was bedeutet dieses Ergebnis denn nun für Dortmund? Und welche Erkenntnisse ziehen die Münchner aus ihrem deutlichen Erfolg?

Das bedeutet die Niederlage für den BVB

Der Auftritt der Dortmunder hat auf brutale Art und Weise unter Beweis gestellt, dass sie bei aller Achtung vor der beeindruckenden Ungeschlagen-Serie auch in dieser Saison nicht auf dem Niveau der Bayern sind. Sky Reporter Jesco von Eichmann sprach mit Blick auf die Leistung von "zu viel Durchschnitt auf dem Platz, der dann auch nur Durchschnittliches gezeigt hat. Und dann reicht's nicht gegen den FC Bayern, der Schaum vor dem Mund hat."

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Der FC Bayern sei ein anderer Maßstab, der BVB diesem schier nicht gewachsen. Der Kampf um die Meisterschaft, er scheint vorerst ohne Dortmund (21 Punkte) stattzufinden. Die Münchner (26) auf Platz zwei und Spitzenreiter Bayer Leverkusen (28) sind für den Moment enteilt.

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Spieler wie Marius Wolf, Niclas Füllkrug, Nico Schlotterbeck und Salih Özcan zeigten unzureichende Leistungen und bekamen schmerzlich vor Augen geführt, dass es auf diesem Niveau einfach nicht reicht. Trainer Edin Terzic hat im Vergleich zu seinem Kollegen Thomas Tuchel bei Bayern vielleicht einen quantitativ stärkeren Kader zur Verfügung, aber an die Qualität der Mannschaft von der Isar kommen seine Schützlinge dennoch nicht heran. "Heute war es eine Qualitätsthematik: Geschwindigkeit, Herangehensweise, Aggressivität - das war durchweg einfach zu wenig", stellte BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl frustriert fest.

Der einzige Akteur, der sich in Normalform präsentierte, war Torhüter Gregor Kobel. Der Schweizer parierte noch etliche, teils hochkarätige Chancen. Ohne Kobel wäre die ohnehin schon ernüchternde Niederlage wohl ins Peinliche abgerutscht. Zeitweise war der Keeper auf sich alleine gestellt. Auf seine Vorderleute war kein Verlass.

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Auch Sky Experte Lothar Matthäus nahm einen eklatanten Qualitätsunterschied zwischen den Erzrivalen wahr. "Im heutigen Spiel haben sie nicht gezeigt, dass sie ein Top-Team sind. Nicht weil sie gegen Bayern verlieren, sondern weil sie klar verdient gegen Bayern verlieren. Das war ein Klassenunterschied heute."

Der BVB hat ein Bayern-Problem - der letzte Sieg in der Bundesliga über den FC Bayern liegt schon lange zurück. Am 10. November 2018 bezwang Dortmund vor heimischer Kulisse die Münchner mit 3:2 - dank des Tores von Stürmer Paco Alcacer. Die Schwarz-Gelben können einfach nicht mehr gegen die Bayern gewinnen - und das, obwohl sich Tuchel und Co. noch in ihrem Pokalaus-Schmerz gesuhlt und personell aus dem letzten Loch gepfiffen hatten.

Matthäus: "Wo war der Anführer auf dem Platz? Ich habe keinen Leader gesehen, alle waren sprachlos und gehemmt. Es war keine Freude und Begeisterung im Spiel. Es war nicht eine Mannschaft von Anfang an auf dem Platz, die gegen die Bayern gefightet haben. In der zweiten Halbzeit haben sie es wenigstens probiert, in der ersten Halbzeit war das aber gar nichts."

Coach Terzic steht vor einer mittelgroßen Herausforderung, sein Team mental schnell wieder aufzubauen. Denn viel Zeit, um Wunden zu lecken, bleibt dem BVB nicht. Am Dienstag steht das wichtige Gruppenspiel in der Champions League gegen Newcastle United an, wo sie um den Achtelfinaleinzug kämpfen. Am Samstag geht es zum VfB Stuttgart, der Überraschungsmannschaft der bisherigen Bundesliga-Saison.

Das bedeutet der Sieg für den FC Bayern

Das Pokalaus unter der Woche verblasst schon jetzt in den Köpfen der Spieler, Trainer und Öffentlichkeit. "Man kennt das aus der Vergangenheit. Wenn die Bayern mal ein bisschen angezündet sind oder mit dem Rücken an der Wand stehen, dann ist es fast schon zu erwarten, dass dann so eine Reaktion von den Bayern kommt", sagte Sky Reporter Torben Hoffmann.

Der Ex-Profi zeigte sich beeindruckt von der Leistung des Rekordmeisters - und das vor dem Hintergrund der prekären Personalsituation und der Tatsache, dass Spieler wie Leon Goretzka und Dayot Upamecano gerade erst aus einer Verletzung gekommen sind und "beide hervorragend gespielt haben".

Die beiden Sky Reporter Jesco von Eichmann (links) und Torben Hoffmann nennen die Erkenntnisse nach dem deutschen Klassiker zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München.

Die vermeintlichen Problemzonen in dieser Saison - Innenverteidigung und defensives Mittelfeld - waren in Dortmund keine. Die Doppel-Sechs mit Goretzka und Konrad Laimer hat genauso gut funktioniert wie das Abwehrzentrum mit Upamecano und Min-jae Kim. Griffig, zweikampfstark, spielerisch auf der Höhe. Bemerkenswert war zudem, dass Goretzka nach der Auswechslung Upamecanos in die Innenverteidigung rückte und nahtlos an seine starke Leistung aus dem zentralen Mittelfeld anknüpfte.

Wer erneut in Topform agierte, war ein gewisser Harry Kane. Der Superstürmer steuerte nicht nur zum wiederholten Male in dieser Saison drei Tore bei, sondern ist darüber hinaus auch voll ins Spiel der Bayern integriert. Der 30-Jährige lässt sich immer wieder fallen, übernimmt gelegentlich auch die Rolle als Ballverteiler. Kane zeichnet nicht nur seine Torjägerqualitäten aus. Der Engländer spricht viel mit seinen Teamkollegen, führt die Mannschaft an, macht seine Mitspieler besser. Das beste Beispiel ist Leroy Sane, der in der aktuellen Saison einen überragenden Auftritt nach dem anderen hinlegt. Auch gegen den BVB spielte der deutsche Nationalspieler stark auf - wie überhaupt die gesamte Bayern-Mannschaft.

"Das war schon ein beeindruckender Auftritt der Bayern, wo man wirklich sagen muss, dass sie auch einen guten Matchplan hatten. Das sollte die Benchmark sein in diesen wichtigen und entscheidenden Spielen", forderte Hoffmann indirekt von den Bayern ein. Die Münchner haben die Latte nun sehr hoch gelegt. An dieser werden sie künftig gemessen - selbst bei personellen Problemen.

Mit der Machtdemonstration im Klassiker hat der FC Bayern ligaweit ein Statement gesetzt und den Druck auf Tabellenführer Leverkusen weiter hochgehalten. Das wird der Rekordmeister unaufhörlich tun, solange er nicht von der Spitze grüßt und dort steht, wo er dem eigenen Selbstverständnis nach auch hingehört. Das wird nicht nur die Mannschaft um den noch titellosen Kane, sondern auch Thomas Tuchel weiter antreiben.

Der Bayern-Coach stahl seinen Schützlingen mit seinen gereizten TV-Auftritten nach dem Sieg die Show und sorgte dafür, dass ihm die Schlagzeilen gehörten. "Eigentlich hätte es die Mannschaft verdient gehabt, den Fokus komplett auf sich gerichtet zu haben", urteilte Hoffmann. Hochstimmung herrscht an der Säbener Straße also noch nicht - und das trotz einer 4:0-Gala beim Erzrivalen. Eine durchaus vielsagende Erkenntnis ...

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