In seiner Kolumne schreibt Dietmar Hamann über die BVB-Entscheidung pro Terzic, die Lage bei Borussia Dortmund und die Entlassung von Trainer Steffen Baumgart in Köln. Der Sky Experte nennt zudem seine Highlights der ersten 16 Spieltage.
Edin Terzic bleibt Trainer von Borussia Dortmund. Für mich ist es die richtige Entscheidung, aber wichtig wird sein, dass die Vereinsführung die Spieler stärker in die Verantwortung nimmt.
Ich erwarte, dass Mannschaft nach der Winterpause in der Bundesliga ein anderes Gesicht zeigt und alle um ihre Positionen spielen. Die Dortmunder müssen alles hinterfragen und einen höheren Anspruch an die Spieler haben. Wenn sie dem nicht genügen, müssen sie gehen.
Spieler müssen Verantwortung übernehmen
Terzic hat alles für seine Spieler getan, nie ein kritisches Wort über sie verloren, er hat sie immer geschützt. Aber er wurde von ihnen enttäuscht. Dortmund hat in der Bundesliga von den letzten acht Spielen nur eins gewonnen. Ich glaube nicht, dass der Trainer der Mannschaft sagt: "Führt keine Zweikämpfe und spielt den Ball zum Gegner." Die Spieler müssen selbst Verantwortung übernehmen!
In der Champions League haben sie gezeigt, dass sie es können, aber man muss die Leistung auch regelmäßig in der Bundesliga abrufen. Und wenn die Bälle vorn nicht reingehen, müssen alle noch enger zusammenrücken und noch energischer das eigene Tor verteidigen.
Dortmund wäre im Sommer fast Meister geworden, und jetzt soll der Trainer auf einmal die Mannschaft nicht mehr erreichen oder keinen Plan mehr haben? Das verstehe ich nicht. Es ist immer einfach, auf die Trainer zu schauen, aber das größte Problem ist, dass es zu viele Spieler beim BVB gibt, die sich überschätzen.
Dann wird es schwierig für den Trainer
Dass der Assistent des Sportdirektors während der Saison gehen musste, war ein sehr ungewöhnlicher Vorgang. Beim BVB haben sich Talente wie Ousmane Dembele, Jadon Sancho, Erling Haaland und Jude Bellingham in kurzer Zeit zu Stars entwickelt, aber sie sind alle nicht mehr da.
Man darf nicht außer Acht lassen, dass die Dortmunder in den vergangenen vier, fünf Jahren viele Spieler mittleren Alters für viel Geld geholt haben. Vor dieser Saison kamen Sabitzer für 20 Millionen, Nmecha hat 30 Millionen gekostet. Bensebaini war zwar ablösefrei, aber wenn diese Spieler nicht "funktionieren", wird es schwierig für den Trainer.
Für Köln wird es nach der Transfersperre sehr eng
Beim 1. FC Köln hat man die Konsequenzen aus der sportlichen Krise gezogen.
Nach Kölns Niederlage bei Union Berlin hat Steffen Baumgart einen niedergeschlagenen Eindruck auf mich gemacht. Er ist einer, der positiv denkt und das Gute sieht, aber so wie am Mittwoch habe ich ihn in seinen zweieinhalb Jahren in Köln noch nicht erlebt.
Ich finde, dass Baumgart trotzdem einen hervorragenden Job gemacht hat. Nicht viele Trainer waren zweieinhalb Jahre dort. Der 1. FC Köln spielt im fünften Jahr in Folge in der Bundesliga, ich sehe den Verein grundsätzlich immer noch auf einem guten Weg. Im Kampf um den Klassenerhalt wird es aber sehr eng, weil sie aufgrund der durch den CAS bestätigten Transfersperre im Winter keine neuen Spieler verpflichten können.
Bayern hat einen tollen Jahresabschluss hingelegt
Ich habe den FC Bayern mehrmals dafür kritisiert, dass sie meiner Meinung nach keinen guten Fußball gespielt haben. In der Champions League in Manchester und in der Bundesliga gegen Stuttgart und in Wolfsburg haben es die Münchner zum Jahresabschluss wirklich toll gemacht.
Vielleicht haben die jüngsten Ausfälle die Mannschaft enger zusammengeschweißt. Dass sie diese Spiele ohne Kimmich und Goretzka gewinnen, hätte ich in der Art und Weise nicht erwartet. Aleksandar Pavlovic hatte mich schon nach seiner Einwechslung in Dortmund schwer beeindruckt. Gegen Stuttgart und in Wolfsburg hat er es sensationell gemacht und gezeigt, dass er in Zukunft einer sein kann, der eine Führungsrolle im Mittelfeld bekleidet.
Mit der Vertragsverlängerung von Thomas Müller hat man Klarheit geschaffen. Jetzt muss man schauen, wie es weitergeht, welche Spieler im Winter und nächstes Jahr im Sommer kommen. Aber grundsätzlich ist es gut, dass er dem Verein erhalten bleibt, das freut auch die Fans.
Leverkusen hat etwas Historisches geschafft
25 Pflichtspiele, 22 Siege und keine Niederlage. Man findet keine Worte für das, was Trainer Xabi Alonso und Bayer Leverkusen geleistet haben.
Die Meisterschaft führt nur über Leverkusen, wir dürfen uns auf einen Zwei- oder sogar einen Dreikampf um den Titel freuen. Auch wenn Leipzig in Bremen zwei Punkte eingebüßt hat, machen sie einen sehr guten Eindruck - und sie spielen im Januar zuhause gegen Leverkusen.
Heidenheims Leistung sollte anderen Hoffnung machen
Das Jahr 2023 hat fantastische Geschichten geschrieben. Heidenheim mit Frank Schmidt auf der Trainerbank hat 20 Punkte geholt. Sie haben sich eine herausragende Chance auf den Klassenerhalt erarbeitet. Vor zwei Jahren waren sie in der Relegation knapp gegen Stuttgart gescheitert, von diesem Rückschlag hätten sich viele nicht erholt.
Der Last-Minute-Aufstieg im Sommer hat aber gezeigt, wie gefestigt sie sind. Sie glauben immer bis zum letzten Augenblick an ihre Chance. Es ist wunderbar zu sehen, wie dieser Verein mit viel geringeren Mitteln als die meisten anderen besteht. Das hat etwas mit Charakter zu tun und sollte anderen Klubs Hoffnung machen.
Stuttgart darf auf die Champions League hoffen
Stuttgart wäre vergangene Saison fast abgestiegen. Der VfB hat sich unter Sebastian Hoeneß stabilisiert, spielt einen herausragenden Fußball und hat sich eine gute Ausgangsposition geschaffen, nächstes Jahr europäisch und vielleicht sogar in der Champions League zu spielen.
Die Bundesliga wird spannend bleiben, die Vorrunde hat noch mehr Lust auf die Rückrunde gemacht. Dortmund wurde Erster in einer Hammergruppe, drei deutsche Vereine stehen im Champions-League-Achtelfinale, sechs von sieben Klubs sind noch im Europapokal dabei.
Ich hoffe auf eine EM-Euphorie
Ich hoffe, dass die Nationalmannschaft im März gegen die Niederlande und Frankreich zwei ordentliche Spiele macht und dass sich zur EM hin eine Euphorie entfacht. Wenn die Mannschaft sich steigert und wieder gute Leistungen zeigt, werden die Fans wieder stolz auf sie sein und sie unterstützen.
Mehr zu den Autoren und Autorinnen auf skysport.de
Alle weiteren wichtigen Nachrichten aus der Sportwelt gibt es im News Update nachzulesen.