Während ManUnited in den vergangenen Jahren auf dem Rasen immer wieder strauchelte, ist es der FC Liverpool, der in dieser Saison mit Problemen zu kämpfen hat. Nun treffen die beiden Erzrivalen aufeinander - die sportlichen Vorzeichen könnten unterschiedlicher nicht sein.
Keine Rivalität ist in England so groß und so intensiv wie jene zwischen Manchester United und dem FC Liverpool. Und wohl keine ist so tief in der Geschichte verwurzelt. Bereits zur Zeit der industriellen Revolution kämpften die Städte um die wirtschaftliche Vorherrschaft im englischen Nordwesten.
Es war der Startschuss einer Rivalität, die sich seither auch auf den Fußball verlagern sollte. Liverpool war die erfolgreichste englische Mannschaft und lange Zeit Rekordmeister. Sir Alex Ferguson sorgte jedoch dafür, dass die Rollen im Mutterland des Fußballs neuverteilt wurden.
Die heute 81-jährige United-Ikone sagte einmal in einem Interview: "Meine größte Herausforderung war es, Liverpool von seinem verdammten Sockel zu stoßen." 2011 sollte dem Trainer das auch gelingen. Die Red Devils lösten die Reds als Rekordmeister ab - nur ein weiteres Kapitel in der tiefgreifenden Beziehung.
180. Aufeinandertreffen mit ungewohnten Vorzeichen
Am Sonntag (05.03., ab 17:30 Uhr LIVE auf Sky Sport Premier League und hier im Liveticker) lassen Manchester und Liverpool ihre Rivalität an der Anfield Road neu aufleben. Die erfolgreichsten englischen Vereine der Geschichte treffen bereits zum 180. Mal in der Liga aufeinander.
Und während die Reds im achten Jahr unter Jürgen Klopp immer wieder kriseln, nur auf dem sechsten Rang der Tabelle stehen und zuletzt auch in der Königsklasse zuhause von Real Madrid blamiert wurden, spielt United unter Trainer Erik ten Hag eine formidable Saison.
Manchester steht auf dem dritten Rang und ist zwölf Spieltage vor Abschluss der Spielzeit weiter Titel-Aspirant. Und noch viel wichtiger: Der niederländische Übungsleiter hat United nach Jahren der sportlichen Perspektivlosigkeit wieder eine echte Spielidee an die Hand gegeben.
Liverpool auf der Suche nach Beständigkeit
Liverpool auf der anderen Seite fehlt es dieser Tage oftmals an der nötigen Spritzigkeit. Langjährige Motoren wie Fabinho, Jordan Henderson oder Trent Alexander-Arnold zeigen nicht mehr die Stabilität, die sie vor wenigen Spielzeiten noch auszeichnete.
Die offensiven Neuzugänge Darwin Nunez (für 80 Mio. € von Benfica gekommen) und Cody Gapko (für 42 Mio. € von PSV Eindhoven) scheinen sich zudem noch nicht gänzlich im Teamgefüge zurechtgefunden zu haben. Auch deshalb fehlt es den Reds vorne oftmals an Durchschlagskraft.
Und wenn Angriff und Mittelfeld erst einmal überbrückt sind, patzt auch die Defensive aktuell immer wieder. 28 Treffer kassierte Liverpool in der Liga bereits. In der gesamten vergangenen Saison waren es lediglich 26. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Klopp besonders in der Innenverteidigung schon oft verletzungsbedingt umstellen musste. Neben dem gesetzten, aber auch nicht gewohnt souveränen Virgil van Dijk rotierten Joel Matip, Ibrahima Konate und Joe Gomez immer wieder in die erste Elf. Langfristige defensive Stabilität kann so nur schwer entstehen.
Liverpool ist auf der Suche nach Beständigkeit und erlebte dabei jüngst zumindest einen zaghaften Aufschwung. Die letzten vier Liga-Partien blieb man ungeschlagen. Zu Buche stehen dabei drei Siege und ein Unentschieden sowie ein Torverhältnis von 6:0.
United formstark und obenauf
Ob der Knoten nun ausgerechnet gegen United endgültig platzt, darf angezweifelt werden. Für die strauchelnden Reds könnte der Rivale aus Manchester nämlich zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt anreisen. Seit der WM in Katar hat kein Team in der Premier League durchschnittlich mehr Punkte geholt als United (2,30). Die Red Devils haben nur eines ihrer letzten elf Spiele verloren.
Zwar dauerte es ein paar Monate, bis die Philosophie von ten Hag richtig verinnerlicht wurde. Doch mittlerweile hat sich unter ihm eine echte Einheit gebildet, die bereits eine Trophäe holte. So sicherte man sich in der Europa League nicht nur das Weiterkommen gegen den FC Barcelona, sondern feierte jüngst auch den Pokalsieg im League Cup gegen Newcastle United - der erste Titel für Manchester seit sechs Jahren.
Casemiro & Rashford die Gesichter des Aufschwungs
Der Coach selbst lobte zuletzt besonders die Willenskraft seiner Schützlinge: "Die Gewinner-Mentalität, die Spieler wie Raphael Varane, Casemiro oder David de Gea hier etabliert haben, ist essenziell." Casemiro entpuppt sich dabei seit seinem Wechsel zu United im vergangenen Sommer als echter Unterschieds-Spieler. Als klassischer Sechser stabilisiert er die Defensive und lenkt gleichzeitig das Aufbauspiel.
Zudem ist Eigengewächs Marcus Rashford seit dem Abgang von Cristiano Ronaldo in einem dauerhaften Formhoch. Der pfeilschnelle Angreifer sammelte wettbewerbsübergreifend bereits 25 Treffer in der laufenden Spielzeit und ist zusammen mit Casemiro das Gesicht von Uniteds Aufschwung. Ten Hag hat das zuvor etwas bröckelnde Selbstbewusstsein des 25-jährigen Stürmers wieder vollends aufgebaut.
Selbst Barca-Coach Xavi konnte nach den Europa-League-Duellen mit United keinen Hehl um seine Begeisterung über den neu aufgeblühten Engländer machen: "Rashford ist einer der gefährlichsten Spieler Europas."
Klopp: "Ganze Welt wird es schauen"
Für die schwächelnden Liverpooler wird es zweifelsohne eine schwere Aufgabe gegen das formstarke United. Die Fans beider Lager dürften sich unterdessen auf ein elektrisierendes Rivalitäts-Duell freuen. Genau das tut auch Klopp bereits: "Die ganze Welt wird es schauen. Ich würde es schauen, wenn ich nicht hier wäre, und ich freue mich wirklich drauf", ließ der Deutsche auf der Pressekonferenz vor der Partie verlauten. "Es ist das Spiel. Es ist gewaltig", so der 55-Jährige.
Liverpool braucht unbedingt drei Punkte, um den Anschluss an die Champions-League-Ränge zu wahren. "Ich will alles aus der Saison herausholen und sie so gut wie möglich abschließen", erklärte auch Klopp: "Alles ist möglich. Wir müssen nur sicherstellen, dass wir zu 100 Prozent bereit sind und es mehr wollen als die anderen Jungs."
United will den Rückstand zur Spitze unterdessen mit einem Sieg verringern. Ein Erfolg auswärts in Anfield wäre ein weiteres Warnzeichen an die Titel-Anwärter Arsenal und City. Nicht nur des Prestiges wegen steckt das Rivalitäts-Duell voller Brisanz. Für die aktuell ungleichen Premier-League-Größen könnte es auch wegweisend für den Rest dieser Saison werden.
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